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Landeselternschaft zu Notbetreuung
"Es ist keine Ferienzeit"

Die Vorsitzende der nordrhein-westfälischen Landeselternschaft, Jutta Löchner, hat an Schüler und Eltern appelliert, die unterrichtsfreie Zeit sinnvoll zu nutzen. Schülerinnen und Schüler sollten sich aufgefordert fühlen, in dieser Zeit in Absprache mit den Lehrern zu lernen, sagte sie im Dlf.

Jutta Löchner im Gespräch mit Ann-Kathrin Büüsker |
Leeres Klassenzimmer in einer Schule in Hannover
Jutta Löchner (Elternschaft): "Alle sollten daran arbeiten, dass das keine verlorene Zeit ist" (dpa)
Von heute an machen in ganz Deutschland die ersten Schulen zu. Als letztes Bundesland hatte das am Wochenende auch Mecklenburg-Vorpommern angekündigt. Entsprechend des deutschen Föderalismus ist die Umsetzung dieser Schließungen teilweise sehr unterschiedlich. Es soll eine Notfallbetreuung für die Kinder systemrelevanter Eltern geben, aber wie die aussieht, das blieb am Wochenende für viele Bundesländer unklar. Was heißt das jetzt für die Schüler*innen, aber auch die Eltern? Jutta Löchner, Vorsitzende der Landeselternschaft der Gymnasien in Nordrhein-Westfalen, regt im Interview vor allem an, aus der schulfreien Zeit keine verlorene zu machen.
Coronavirus
Ann-Kathrin Büüsker: Frau Löchner, in Nordrhein-Westfalen tröpfelt der Unterricht jetzt aus. Zur Mitte der Woche sollen die Schulen dann komplett dicht sein. Das nimmt zumindest vielen Eltern erst mal die Sorge, dass die Kinder sich in der Schule anstecken könnten. Begrüßen Sie diesen Schritt?
Jutta Löchner: Den begrüßen wir ausdrücklich – insofern, als dass wir sagen, wir verlassen uns auf das Urteil der Fachleute. Und wenn jetzt im Grunde genommen in ganz Europa oder auf der ganzen Welt gesagt wird, das ist die Maßnahme, um das zumindest zu verlangsamen, dann sagen wir natürlich klar, die Schulen auch. Da kommen ja immer ganz viele Menschen, speziell Kinder zusammen, die immer weniger Distanz halten, weil sie einfach noch so emotional unterwegs sind. Insofern ist das sicherlich eine gute Entscheidung.
"Abiturienten stehen natürlich unter besonderem Stress"
Büüsker: Ich habe die Übergangsphase schon angesprochen, die es jetzt in Nordrhein-Westfalen geben soll. Zum Ende der letzten Woche war da noch einiges im Unklaren, wie das jetzt alles laufen soll. Stand heute Morgen, ist Ihnen das klarer?
Löchner: Wir haben die ganze Zeit am Wochenende darauf gehofft, dass eine Schulmail kommt, die fünfte in diesem Falle, um das genauer zu spezifizieren, wie der Ablauf vor allen Dingen in den nächsten zwei Tagen sein soll. Die ist heute Morgen um acht Uhr eingetroffen und insofern ist da eine ganz deutliche Anweisung an die Schulleitung, dafür zu sorgen, dass zumindest die Klassen eins bis sechs, wenn es geht, in Fünfergruppen bei Bedarf der Eltern in vor allen Dingen systemrelevanten Berufen gewährleistet wird. Das begrüßen wir ausdrücklich und das finden wir auch gut, dass jetzt noch zwei Tage da sind, um doch noch Organisatorisches zu erledigen.
Büüsker: Kann man unter diesen Voraussetzungen, wo im Moment ja vieles im Unklaren ist – Sie haben gesagt, heute Morgen um acht Uhr kam überhaupt erst eine E-Mail -, kann man unter solchen Voraussetzungen eigentlich Abiturprüfungen durchführen?
Löchner: Das ist auch in dieser Schulmail noch mal beschrieben worden. Wenn Vorklausuren jetzt nicht geschrieben worden sind, für die Abiturienten oder die vor dem Abitur stehenden, dann gibt es noch eine Möglichkeit nach den Osterferien, und dann wird der Nachschreibtermin, der offizielle Abiturtermin verkündet. Daran ist auch schon gedacht worden. Insofern, glaube ich, wissen alle, dass die Abiturienten natürlich unter besonderem Stress stehen und einer besonderen Betreuung bedürfen, und ich gehe mal davon aus, dass die Lehrer auch vor allen Dingen ein Augenmerk in der Oberstufe auf die Abiturienten lenken.
Was ich vielleicht auch noch sagen möchte, dass alle Eltern vielleicht auch gut beraten sind, mal auf die Homepage des MSB zu gehen. Da sind auch Übersetzungen in zehn Sprachen für diese Informationen da. Das ist, glaube ich, für einen Teil der Bevölkerung auch ganz wichtig, dass sie als Eltern dann Bescheid wissen, was geregelt wird.
Schriftliche Abiturprüfung in der Rottenburger Festhalle.
Schulschließungen wegen Coronavirus - Gewerkschafterin: Prüfungen müssen stattfinden
Es sei zwar richtig, die Schulen zu schließen, doch Prüfungen müssten weiter stattfinden, sagte Maike Finnern, NRW-Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft im Dlf. Sonst gefährde man die Lebensläufe junger Menschen.
Kommunikation der Eltern besser regeln
Büüsker: Ist denn Ihr Eindruck, dass das Land hier ausreichend kommuniziert?
Löchner: Es geht jetzt natürlich vom Ministerium abwärts über die Schulleitungen. Die Schulleitungen müssen jetzt in der Schule das natürlich weiter kommunizieren. Ich muss Ihnen sagen, schon seit Jahren kämpfen wir dafür, dass auch die Kommunikation der Eltern viel besser geregelt wird. Das rächt sich jetzt, dass wir das, glaube ich, noch nicht flächendeckend hinbekommen haben, weil natürlich jetzt auch Schulpflegschaftsvorsitzende, Klassenpflegschaftsvorsitzende auch Informationen weitergeben könnten, wenn sie denn alle E-Mail-Adressen hätten, und sich vielleicht auch untereinander abstimmen für all die Schüler, die ab der sechsten Klasse ja nicht mehr in der Schule wahrscheinlich betreut werden können, dass man dann als Eltern sich auch untereinander helfen könnte.
Büüsker: Das heißt, die Solidarität und das Gemeinsame, das ist jetzt schon stärker gefordert als vorher?
Löchner: Ja. Ich glaube, wirklich Kreativität, Geduld, auch wirklich dann zuhause sein und die Hilfsbereitschaft, das ist jetzt bei allen gefragt. Die Kinder kennen sich untereinander. Sie sollen sich ja, wenn möglich, nicht sehen oder höchstens in Gruppen von fünf, was auch in der Schulmail steht, dass man doch da dann versucht, untereinander sich über E-Mail wie auch immer Informationen zuzuleiten, und vor allen Dingen auch die Lehrer natürlich. Es ist keine Ferienzeit und das wird auch gerade noch mal deutlich gesagt. Die Schüler sollen sich schon aufgefordert fühlen, auch in dieser Zeit zu lernen und einfach voranzukommen, und das mit Unterstützung und Kommunikation mit ihren Lehrern.
Büüsker: Heißt aber auch, die Eltern sind jetzt gefordert, darauf zu achten, dass die Kinder tatsächlich auch den Stoff noch nachholen, beziehungsweise dass sie sich nicht vor die Playstation setzen, sondern lernen. Mehr Verantwortung auch hier für die Eltern?
Löchner: Auf jeden Fall. Ich hoffe auch, dass der öffentliche Rundfunk und auch das Fernsehen vielleicht Programme liefern, vor allen Dingen im naturwissenschaftlichen Bereich, was ja in Nordrhein-Westfalen leider sonst auch nicht so gut ausgestattet ist, dass wir jetzt wirklich alle daran arbeiten, dass das keine verlorene Zeit ist, sondern vielleicht auch mal was ganz anderes, was Neues, und für uns vielleicht auch mal nachdenkenswert, was man danach besser machen könnte.
Büüsker: Dann nutze ich an dieser Stelle die Gelegenheit, auf "Forschung Aktuell" hinzuweisen, unsere Wissenschaftssendung hier im Deutschlandfunk, die ich natürlich nur empfehlen kann.
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