Jürgen Brautmeier arbeitet gerade an einem Aufsatz: "Also, der ganze Vorgang hat mich dazu gebracht, noch einmal darüber nachzudenken, wie das überhaupt ist, mit der Staatsferne oder der Politiknähe der Landesmedienanstalten."
Der 63-Jährige, von 2010 bis 2016 Direktor der Landesmedienanstalt in Nordrhein-Westfalen, kurz LfM, sitzt im NRW-Landtag. Der "ganze Vorgang", wie Brautmeier es nennt, ist die Neubesetzung seiner ehemaligen Position, nun aber in Rheinland-Pfalz. Marc Jan Eumann, der frühere NRW-Medienstaatssekretär von der SPD, soll – so der Vorschlag der Findungskommission – am 4. Dezember dort als einziger Kandidat präsentiert und dann gewählt werden. Obwohl es wohl niemanden geben wird, der dem Kandidaten Eumann Medienkompetenz absprechen würde, ist dies eine fragwürdige Personalie.
"Das war reine Machtpolitik"
"Sie hat mich sehr überrascht, denn aufgrund der Vorgeschichte, dass man hier in Nordrhein-Westfalen ins Gesetz hineinschreibt: Ein Direktor muss Voll-Jurist sein, außerdem ins Gesetz hineinschreibt, wenn man aus der Politik kommt, muss man einen gewissen Abstand von 18 Monaten haben, bevor man ein solches Amt antritt und dass dann in Rheinland-Pfalz offensichtlich anders gemacht wird, das ist für mich eigentlich eine deutliche Bestätigung, dass das, was damals passiert ist, hier in Nordrhein-Westfalen, reine Machtpolitik war. Nichts mit Sachargumenten zu tun hatte. Also, besser kann man es nicht beweisen."
Denn es war Eumann selbst, der 2014 kurzfristig ins Gesetz aufnehmen ließ, dass Bewerber für den Direktorenposten der Landesmedienanstalt in Düsseldorf Volljuristen sein müssen – und so den auf Verlängerung erpichten Brautmeier, seines Zeichens Historiker, ausbremste.
"Was müssen Sie für eine Angst vor dem Mann haben, dem sie mit einem Federstrich in diesem Änderungsantrag, trotz seiner exzellenten Arbeit, die Chance auf eine Wiederbewerbung in anderthalb Jahren nehmen wollen, weil sie die Voraussetzungen für sein Amt ändern. Ich meine den Direktor der Landesanstalt für Medien, Dr. Jürgen Brautmeier, vielleicht weil er ein zu kritischer Geist ist", stellte der FDP-Landtagsabgeordnete Thomas Nückel, damals wie die CDU in der Opposition, bei der Debatte im Jahr 2014 im NRW-Landtag fest:
"Sind sie doch ehrlich: Sie bereiten da eine Art rot-grünen Filz bei der Postenbesetzung in der Landesanstalt für Medien vor."
Tricksereien werden nun öffentlich
Eumanns Vorstoß war trotzdem erfolgreich, die sogenannte "Lex Brautmeier" geboren. Denn der, seines Zeichens CDU-Mitglied, war dem SPD-Medienpolitiker Eumann nach eigener Einschätzung nicht nur wegen seiner Parteimitgliedschaft ein Dorn im Auge: "Ich war nicht bereit, dem Willen der Landesregierung in manchen Punkten zu folgen, die den Interessen der LfM nicht entsprachen."
Dass es bei solchen Entscheidungen machtpolitische Tricksereien gibt, ist wohl Alltag, selten wird es aber so öffentlich, wie nun, eben durch Eumanns Ambitionen auf den Posten in Rheinland-Pfalz. Denn der heute 51-Jährige hat zwar öffentliches Recht im Nebenfach studiert, ansonsten aber Geschichte und Politik – ist also ebenfalls kein Volljurist. Für Brautmeier gibt es allerdings noch weitere, strukturelle Punkte, die eine Berufung Eumanns verwunderlich erscheinen lassen:
"Die SPD ist seit langem auch über den Bundesfachausschuss oder die Arbeitsgruppe Medien auf der Bundesebene, Befürworter einer Länder-Medienanstalt, zentralen Anstalt, die von den Ländern getragen wird, aber eine Zentrale hat und in den Regionen allenfalls, in den Bundesländern allenfalls kleine, regionale Unteranstalten hätte."
Eumann will sich zu laufendem Verfahren nicht äußern
Seit über zehn Jahren ist Eumann zudem Vorsitzender jener medien- und netzpolitischen Kommission beim SPD-Parteivorstand. Ein Punkt, der sich aus Brautmeiers Sicht, ebenfalls nicht mit der Funktion als Direktor der Landeszentrale für Medien und Kommunikation in Rheinland-Pfalz vertragen würde:
"Ich kann mitberaten, mitdiskutieren, aber eine Federführung zu übernehmen, um eine gewisse parteipolitische Richtung hineinzubekommen, das hielte ich für problematisch, weil man dann immer zwei Hüte aufhat. Den Hut der Partei und den Hut der eigentlich staatsfernen Landesmedienanstalt."
Eumann selbst, der auch Mitglied des Verwaltungsrat des Deutschlandradios ist, war zwar zu einem Treffen bereit. Öffentlich sagen will er zu all dem wegen des laufenden Verfahrens aber nichts. Aktuell bringt übrigens auch Eumann gerade seine Gedanken über die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Mediensystems zu Papier. Arbeitstitel der Streitschrift: "Wenn es ihn nicht gäbe, müssten wir ihn erfinden – so wie er ist, kann er nicht bleiben." Und auch vor anderthalb Jahren hat Eumann in der FAZ einen Aufsatz über die Zukunft des digitalen Radios veröffentlicht – zusammen mit Jürgen Brautmeier.