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Landshut kommt an den Bodensee
Terror-Mahnmal mit Flügeln

Vier palästinensische Terroristen entführten am 13. Oktober 1977 die Lufthansa-Boeing Landshut, um die Führungsriege der RAF freizupressen. Der Plan misslang - die Geisel wurden befreit. Nun soll das Flugzeug ins Dornier-Museum nach Friedrichshafen kommen - vor Ort ist das Projekt allerdings umstritten.

Von Thomas Wagner |
    Die am 13. Oktober 1977 auf dem Flug von Mallorca nach Frankfurt/Main von vier Terroristen entführte Lufthansa Maschine "Landshut" auf dem Flughafen von Mogadischu. Fünf Besatzungsmitglieder und 82 Passagiere befinden sich in der Gewalt der Terroristen. Mit der Aktion sollen elf Angehörige der Rote Armee Fraktion (RAF) aus deutscher Haft sowie zwei in der Türkei festgehaltene Palästinenser freigepresst werden. | Verwendung weltweit
    Entführte "Landshut" in Mogadischu (A0009_dpa)
    "Drei Terroristen tot und einer schwer verletzt."
    "GSG einer leicht verletzt. Pax all ok."
    18. Oktober 1977, kurz nach Mitternacht, Flughafen Mogadischu: Pax ok - alle Passagiere unverletzt, heißt es in einem internen Funkspruch. Doch kurze Zeit später weiß ganz Deutschland, was gerade passiert ist:
    "0.38 Uhr – hier ist der Deutschlandfunk mit einer wichtigen Nachricht: Die von Terroristen in einer Lufthansa-Boeing entführten 86 Geiseln sind alle glücklich befreit worden. Dies bestätigte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums soeben in Bonn."
    Die Anti-Terror-Einheit GSG 9 hatte die Landshut erfolgreich gestürmt. In Deutschland fließen Tränen:
    "Es ist ja kein Geheimnis geblieben, dass mir da die Tränen gekommen sind. Dieses Ereignis hat gezeigt, dass der damalige Regierungschef mit den Nerven am Rande war."
    Erinnert sich Jahre späte der damalige SPD-Bundeskanzler Helmut Schmidt. Und auch in Friedrichshafen am Bodensee werden gerade dieser Tage Erinnerungen wach.
    "Ich habe es gerade am nächsten Morgen gehört, dass das Flugzeug befreit worden ist. Es war eine enorme Erleichterung. Denn man hat natürlich schon überlegt: Was ist, wenn das schief geht? Das ging ja Tage lang. Und deshalb war für mich eine ganz große Erleichterung da, völlig klar."
    Dornier-Museum will Landshut beherbergen
    David Dornier ist Chef des privaten Friedrichshafener Dornier-Museums, in dem historische Maschinen aus der Produktion des legendären Flugzeugpioniers Claude Dornier gezeigt werden. Und genau dort, neben dem Museum am Rande des Flughafens Friedrichshafen, soll die Landshut als Erinnerung an den RAF-Terror zukünftig gezeigt werden.
    Die vergangenen zehn Jahre rostete das Flugzeug, längst außer Dienst gestellt, auf dem Flugzeugfriedhof im brasilianischen Frotaleza leise und unbemerkt vor sich hin. Dann die Überlegungen in Deutschland: Was soll, was darf, was muss zukünftig an den deutschen Terror-Herbst vor 40 Jahren erinnern?
    "Ich habe einen Artikel in der Zeitung gelesen, dass dieses Flugzeug in völlig vergammeltem Zustand in Fortaleza steht. Und dann hatte ich eben gelesen in dem Artikel, dass Sigmar Gabriel überlegt, dieses Flugzeug nach Deutschland zu holen. Und dass das Auswärtige Amt eine Museumsfläche, eine Ausstellungsfläche sucht. Und da war sofort für mich klar. Das holen wir nach Friedrichshafen."
    - "Also Landshut! Wir haben ja schon grobüberlegt, wie wir's machen. Gibt's denn für die Zeitung schon einen Plan, Tanja, habt Ihr schon etwas überlegt?"
    - "Ja, wir haben uns was überlegt. Und zwar, dass wie eine Bilderseite machen."
    Redaktionskonferenz in der Lokalredaktion Friedrichshafen der "Schwäbischen Zeitung": Wichtigstes Thema neben der Bundestagswahl: Wie berichten über die Ankunft der Landshut? Die soll nämlich ab heute, in mehrere Teile zerlegt, mit zwei russischen Großraumfrachtflugzeugen von Brasilien an den Bodensee geflogen werden und am Samstagvormittag auf dem Flughafen Friedrichshafen, in direkter Nachbarschaft zum Dornier-Museum, eintreffen. Kein Zweifel: ein großer Tag für die Bodensee-Region, so Martin Hennings, Redaktionsleiter der "Schwäbischen Zeitung" in Friedrichshafen:
    "Das Thema Landshut beschäftigt uns schon sehr stark als Lokalredaktion, weil das Thema ist von bundesweitem Interesse, spielt aber bei uns hier vor Ort. Natürlich treibt uns das ganz schön um: Wie geht es mit der Landshut um? Und vor allem: Wie geht die Stadt mit diesem Thema um, das ja sehr überraschend auf Friedrichshafen zugekommen ist?"
    Das Projekt ist umstritten
    Eine gute Frage, denn in Friedrichshafen reagieren längst nicht alle begeistert auf die Idee, die Landshut als Terrormahnmal aufzustellen. Zeitungsmann Martin Hennings hat gerade einen Beitrag über ein Facebook-Forum veröffentlicht:
    "Da gibt es zum Beispiel einen User, der schreibt: Für so einen Schrott hat man Geld, für die wesentlich wichtigeren Dinge nicht. Lasst den Schrotthaufen, wo er ist. Ein anderer schreibt: Dieses Flugzeug ist ein nationales Mahnmal. Steht es doch für die Haltung der Bundesregierung, nicht mit Terroristen zu verhandeln."
    Neben Zustimmung taucht auch Kritik am Landshut-Projekt auf – und zwar nicht nur im Internet:
    "Meines Erachtens hat das Flugzeug mit Friedrichshafen überhaupt nichts zu tun. Und auch mein ganzer Freundeskreis, mit dem ich schon gesprochen habe, da fragt sich jeder: Was soll das Flugzeug eigentlich in Friedrichshafen?"
    So Manfred Sauter, der sich intensiv mit der Luftfahrtgeschichte, vor allem aber mit der Geschichte der legendären Zeppeline in Friedrichshafen beschäftigt hat. Einen Bezug zur Landshut könne er allerdings beim besten Willen nicht erkennen. Und darauf weist auch der Oberbürgermeister von Friedrichshafen, Andreas Brand, hin:
    "Die Landshut hat eine historische Verbindung ins Jahr 1977, zur Entführung von Hans-Martin Schleyer. Aber es ist für mich ein Zeichen von nationaler Bedeutung. Einen Bezug zu einem Technikmuseum in Friedrichshafen, zum Dornier-Museum, kann ich da nicht erkennen."
    Oberbürgermeister hält nichts von finanzieller Unterstützung
    Und ein weiteres kann der Oberbürgermeister nicht erkennen: Dass er nämlich zukünftig in die Schatulle der Stadtkasse greifen wird, um das Projekt finanziell zu unterstützen.
    "Es ist kein kommunales Thema und kein kommunales Projekt."
    Was sich erst einmal dadurch dokumentiert, dass die Kosten von rund zwei Millionen Euro für Demontage und Überführung der Landshut vom Bund übernommen werden, die laufenden Kosten für die Ausstellung der Landshut dagegen nicht. Die soll das private Dornier-Museum schultern, möchte aber die Stadt langfristig als Partner ins Boot holen - Landshut inklusive. Im Rathaus hält sich die Begeisterung darüber in Grenzen.
    "Ich habe das nur in der Zeitung gelesen, dass das nach Friedrichshafen kommt und dort auch bleibt als Ausstellungsstück. Da kommt doch das Ding, das in der Wüste gelandet ist, in Mogadischu."
    "Ach so, das Flugzeug das entführte, hat man auseinandergebraucht und wurde hierhergebracht. So stand es bei uns in der Zeitung."
    Trotz der Kontroverse um historische Bezüge und Finanzierung: Das Thema Landshut ist vor Ort, wie hier in einem Eiscafé, in aller Munde – und David Dornier, Chef des privaten Dornier-Museums, hält die Einbeziehung der alten Boeing mit Terrorhistorie durchaus für einen zukunftsträchtigen Plan:
    "Ich denke, dass wir das Dornier-Museum damit öffnen. Wir sind nicht mehr ein reines Technikmuseum, sondern wir werden zum zeitgeschichtlichen Museum. Und das ist natürlich sehr interessant für junge Leute: Wie hat man die Demokratie verteidigt? Ich finde, ein Museum muss einfach Geschichte erzählen. Das ist das wichtige."