Mit rund 2,1 Millionen Einwohnern ist das Bundesland eines der kleineren in der Bundesrepublik. Die Thüringer wählen nach den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg, die bereits am 1. September stattfanden. In der Regel gehen daraus ohne Überhang- und Ausgleichsmandate 88 Abgeordnete hervor. Die Wahlergebnisse aus allen drei Bundesländern könnten Sprengkraft für die Große Koalition auf Bundesebene haben. Denn Umfragen prognostizieren der SPD massive Stimmverluste. Hinzukommt, dass bei allen drei Landtagswahlen ein gutes Abschneiden der AfD erwartet wird.
Welche Koalitionen sind denkbar?
Die regierende Linkspartei könnte bei den Landtagswahlen laut Umfragen die stärkste Kraft im Landtag werden, gefolgt von CDU und AfD. Eine rot-rot-grüne Koalition hätte damit die Mehrheit. Die SPD läge bei knapp 10 Prozent. Die Grünen befinden sich aktuell in einem bundesweiten Umfragehoch. Sie müssen die Fünf-Prozent-Hürde in Thüringen im Gegensatz zur FDP nicht fürchten.
AfD-Landeschef Björn Höcke kann sich eine Zusammenarbeit mit der CDU vorstellen. Der CDU-Landesvorsitzende und Spitzenkandidat, Mike Mohring, hat das allerdings klar ausgeschlossen. Die anderen Parteien haben ebenfalls eine Koalition mit der rechtspopulistischen Partei ausgeschlossen.
Mit dem Koalitionsrechner können Sie auf Basis von Umfragewerten sehen, welche Bündnisse eine Mehrheit bilden würden – unabhängig davon, ob sie realistisch sind:
Landtagswahl 2014 - Abwahl der CDU-Dominanz
Von der Wende bis 2014 wurde Thüringen politisch von der CDU dominiert. In dieser Zeit regierte die Partei zehn Jahre allein (von 1999 bis 2009). Bei der Wahl zum 6. Landtag im September 2014 wurde die schwarz-rote Koalition unter Christine Liebknecht vom Bündnis aus Die Linke, SPD und Grüne abgelöst. Auch wenn die CDU die meisten Stimmen mit 33,5 Prozent erhalten hatte.
Die Sozialdemokraten entschieden nach der Befragung ihrer Mitglieder in Koalitionsgespräche mit den Linken und den Grünen zu gehen - und nicht mit der CDU. Erstmals wurde infolgedessen eine rot-rot-grüne Koalition auf Landesebene mit einem Ministerpräsidenten aus der Partei Die Linke gebildet. Bodo Ramelow ist damit der fünfte Regierungschef nach der Wiedervereinigung. 2014 zog erstmals auch die AfD mit 10,6 Prozent der Stimmen in den Landtag ein. Alle Parteien hatten damals im Vorfeld der Wahl eine Koalition mit der Alternative für Deutschland (AfD) ausgeschlossen.
Spitzenkandidaten der fünf größeren Parteien
Bodo Ramelow, Die Linke
Der 63-jährige Politiker Bodo Ramelow ist seit 2014 Ministerpräsident in Thüringen. Damit ist er der erste Linken-Politiker in dieser Position. Der gebürtige Niedersachse hat den Beruf des Einzelhandelskaufmanns gelernt, war Gewerkschafter und zog 1999 in den Thüringer Landtag ein. Zwischen 2005 und 2009 war er Abgeordneter im Bundestag. Er gilt als politischer Stratege und die Mehrheit der Thüringer ist mit ihm als Ministerpräsident laut Umfragen zufrieden. Ramelow ist Protestant, verheiratet und hat zwei Kinder.
Mike Mohring, CDU
Der CDU-Politiker Mike Mohring ist seit 1999 im Thüringer Landtag, seit 2008 Vorsitzender der Landesfraktion und seit 2014 Oppositionsführer. Der 47-jährige Politiker tritt an, um die rot-rot-grüne Regierung von Ramelow abzulösen. Geschieht dies, würde eine von ihm geführte Regierung Gesetze von der Vorgängerregierung überprüfen - darunter das Schulgesetz. Außerdem plant er Landflucht entgegenzuwirken und die medizinische Versorgung in ländlichen Regionen zu verbessern.
Wolfgang Tiefensee, SPD
Wolfgang Tiefensee ist seit 2014 Wirtschafts- und Wissenschaftsminister im Kabinett Ramelow. Er war von 1998 für sieben Jahre Oberbürgermeister der Stadt Leipzig, danach wurde er Bundesverkehrsminister in der Großen Koalition. Der SPD-Landeschef tritt an, um die rot-rot-grüne Koalition weiterzuführen. Wahlkampfthemen der SPD sind sozialgerechte Umweltpolitik, Bildung und Förderung des ländlichen Raums. Tiefensee ist Ingenieur, verheiratet und hat vier Kinder.
Björn Höcke, AfD
Björn Höcke ist seit 2014 Fraktionsvorsitzender der AfD im Thüringer Landtag. Er war an der Veröffentlichung der "Erfurter Resolution" beteiligt, die einen Rechtsruck und interne Debatten in der AfD auslöste. Der 47-jährige Höcke lehnt eine Integration von Flüchtlingen ab. In ihrem Wahlprogramm wirbt die Partei für "eine massive Abschiebungsinitiative". Durch seine Tätigkeit als Landtagsabgeordneter ist Höcke als Gymnasiallehrer für Sport und Geschichte seit 2014 beurlaubt. Er ist verheiratet und hat vier Kinder.
Anja Siegesmund und Dirk Adams, Die Grünen
Anja Siegesmund und Dirk Adams sind die Spitzenkandidaten der Thüringer Grünen. Sie wollen mit einer Mobilitätsgarantie und einem Zwei-Euro-Tagestickets im Nachverkehr Wählerstimmen sammeln. Die 42-jährige Politologin ist seit 2014 Umweltministerin im Kabinett Ramelow und war zuvor seit 2009 Mitglied im Landtag. Ebenso lange ist auch Diplomingenieur Dirk Adams im Landtag, in dem er seit 2014 der Fraktion seiner Partei vorsitzt. Bei erneuter Regierungsbeteiligung streben die Grünen das Ressort für Landwirtschaft und Mobilität an.
Thomas Kemmerich, FDP
Der in Aachen geborene Thomas L. Kemmerich ist seit 2015 FDP-Landesvorsitzender in Thüringen. Bis 2014 war er Mitglied im Landtag und ist seit 2017 im Deutschen Bundestag. Sein Ziel ist die Liberalen zurück in den Landtag zu bringen - mit acht Prozentpunkten. 2014 scheiterte die Partei an der Fünf-Prozent-Hürde. Die Liberalen werben mit Aufstiegschancen durch Bildung und Mobilität sowie die Entwicklung von Wirtschaft und Infrastruktur. Der Unternehmensberater Kemmerich ist verheiratet und Vater von sechs Kindern.