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Landtagswahl in Brandenburg 2019
Bildung als Wahlkampfthema

Die Bildungspolitik in Brandenburg ist aktuell vielen Vorwürfen ausgesetzt. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft bemängelt, der Lehrkräftemangel sei auf falsche Bedarfsberechnungen zurückzuführen, die CDU fordert eine konsequente Leistungsorientierung der Schulen, und auch die AfD äußert Kritik.

Von Axel Flemming |
Eine Grundschullehrerin unterrichtet am im Klassenraum der Grundschule in Booßen, einem Ortsteil von Frankfurt (Oder) (Brandenburg), Erstklässler.
Je größer die Entfernung zu Berlin, desto weniger ausgebildete Lehrkräfte gibt es in Brandenburg (picture alliance / Patrick Pleul)
Erst im allerletzten Teil der 90-minütigen "Wahlarena" des Regionalfernsehens Berlin und Brandenburg wurde der Punkt Bildung angesprochen, da war die Sendung schon fast vorbei:
"Warum ist es eigentlich kein Thema, dass Brandenburg im Bildungsbereich so abkackt? Sachsen ist ganz oben, es liegt also sicher nicht am Osten, sondern an der Politik!"
Brandenburg auf Platz 15 hat sich gegenüber dem Vorjahr noch einmal verschlechtert, während Schlusslicht Berlin zulegt. Das Ergebnis der Wirtschaftslobby "Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft" wird je nach Standpunkt anders interpretiert. Die Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg bemühen sich um Objektivität. Sie kritisieren, es gebe zu wenige Absolventen und zu wenig Spitzenforschung in Brandenburg, insbesondere in den MINT-Fächern. Die Wirtschaftsorganisation lobt aber die "Vermeidung von Bildungsarmut" sowie einen überdurchschnittlich hohen Anteil an erfolgreichen Absolventen von Berufsfachschulen, Fachoberschulen und Fachschulen. Die CDU, derzeit in Opposition, spricht von "einem denkbar schlechten Zeugnis" und kritisiert die - so wörtlich - "traurige Bilanz nach 30 Jahren SPD-Bildungspolitik". Ingo Senftleben, Spitzenkandidat der CDU, fordert eine konsequente Leistungsorientierung der Schulen und Konzentration auf das nach seiner Sicht Wesentliche: Lesen, Schreiben, Rechnen:
"Es ist und bleibt das Thema Nummer eins, die Priorität Nummer eins: die Bildungspolitik in diesem Land. Überall ist gute und beste Bildung auch der Schlüssel für die Zukunft. Wir haben bei vielen Gesprächen mit Eltern erfahren, dass sie es leid sind beim Schulausfall betrogen zu werden mit der Statistik. Wir werden dafür sorgen, dass genügend Lehrerinnen und Lehrer an die Schulen in Brandenburg kommen."
Lehrkräftemangel im Flächenland Brandenburg
Das ist aber gar nicht so einfach. Es gibt zwar Stellen an den Schulen, die sind aber in vielen Gegenden nur schwer zu besetzen. An der Planung liegt es jedenfalls nicht, sagt Dietmar Woidke, SPD, der Ministerpräsident:
"Man muss immer die Situation des Landes im Blick haben, wenn man über historische Entscheidungen redet. Wir haben als Land Brandenburg, wenn man dieses Jahr vergleicht mit den Lehrereinstellungen - das ist seit 1990 ein Rekord: so viele Lehrerinnen und Lehrer wurden noch nie seit 1990 unbefristet eingestellt."
Da widerspricht Günter Fuchs, der Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft in Brandenburg:
"Wir ernten heute eine verfehlte Personalpolitik. Wir stellen fest, dass die ganzen Bedarfsberechnungen, was Schülerzahlen betrifft, falsch sind. Wir haben höhere Geburtenzahlen, wir haben Migration, wir haben höhere Bedarfe, die kommen aus dem gemeinsamen Lernen. Das heißt, wir haben heute eine Situation, dass wir sehr, sehr viele Lehrkräfte am Arbeitsmarkt bräuchten. Und wenn Sie in ein Flächenland wie Brandenburg hinein gehen, dann haben Sie noch das Problem, dass die Regionen sich unterschiedlich entwickeln."
Denn je weiter man sich von Berlin entfernt, desto weniger ausgebildete Lehrer gibt es. Etwa zwei Drittel der Eingestellten an den Grundschulen dort, schätzt die Gewerkschaft. Und diese Quereinsteiger müssen erst einmal angelernt werden. Ines Schwerdt, Leiterin der Friedrich-Ludwig-Jahn Oberschule in Luckenwalde:
"Diese Arbeit übernehmen jetzt Kolleginnen, die hier tätig sind, neben ihrer Arbeit als Lehrer stellen sie sich die Aufgabe, den neuen Kollegen Hilfe und Unterstützung zu geben - mit einer Anstrengung, die sehr, sehr hoch ist für die Kollegen."
Die AfD übrigens, die in machen Umfragen für Brandenburg als stärkste Partei gehandelt wird, kritisiert die Bildungspolitik als ideologisch ausgerichtet. Der Landesvorsitzende Andreas Kalbitz warf einem kritischen Jugendlichen in einer Diskussion Verblendung vor. Er sprach von "Dauerrotlichtbestrahlung an der Schule."
Die Schülerinnen und Schüler in Brandenburg dürfen übrigens am 1. September wählen, wenn sie dann schon 16 sind.