Die rot-rote Landesregierung in Brandenburg ist abgewählt. Zwar liegt die SPD mit 26,2 Prozent trotz Verlusten als stärkste Kraft vor der AfD, die auf 23,5 Prozent der Stimmen kommt, aber für eine Koalition mit der Linkspartei wird es nicht mehr reichen. Diese stürzt laut dem vorläufigen Ergebnis der Landtagswahl auf gerade einmal 10,7 Prozent – ein Verlust von 7,9 Prozent.
Dennoch ist es nun an Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), auch die neue Regierungskoalition zu bilden. Doch genau das wird schwierig. Die Grünen haben mit 10,8 Prozent so viele Stimmen geholt wie noch nie in Brandenburg. Aber eine rot-grün-rote Koalition käme auf gerade einmal 45 der 88 Sitze.
Der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Axel Vogel, rechnet mit schwierigen Sondierungen. Für seine Partei ist eine ökologische Landwirtschaft, ein tolerantes Brandenburg und der Klimaschutz wichtig, und das bedeutet für Brandenburg speziell der Kohleabbau in der Lausitz. Der ist gerade gerichtlich in Jänschwalde gestoppt worden, weil die Umweltverträglichkeit nicht richtig geprüft wurde.
Kenia-Koalition möglich
Eine etwas komfortablere Mehrheit als Rot-Grün-Rot, nicht nur rechnerisch, sondern auch politisch, hätte ein Bündnis aus SPD, den Grünen und den Christdemokraten. Der Parteivorsitzende und CDU-Spitzenkandidat Ingo Senftleben hatte Dietmar Woidke von der SPD eigentlich schon als designierten Wahlverlierer verbucht.
Nach der Wahl klingt er zahmer
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"Es geht nicht um Personen, sondern um Inhalte. Das ist, glaube ich, das Entscheidende in den nächsten fünf Jahren. Und daran werden wir uns beteiligen. Wir haben gute Argumente mit guten Inhalten, um Regierungsarbeit gestalten zu können. Aber heute Abend muss man auch mal sagen, wir sind nicht zufrieden mit dem Ergebnis, müssen daraus auch lernen und auch Konsequenzen ziehen, aber trotzdem geht es darum Brandenburg vernünftig zu regieren und zu gestalten."
Der AfD ist es zwar nicht gelungen, stärkste Partei zu werden, das Ergebnis von vor fünf Jahren konnte sie aber in etwa verdoppeln. Die Berichte über weitere Verstrickungen von Spitzenkandidat Andreas Kalbitz mit der rechtsextremen NPD haben sich offenbar nicht negativ ausgewirkt. Jetzt ist Kalbitz Oppositionsführer.
Im künftigen Parlament wieder vertreten sind fünf Abgeordnete der Freien Wähler.
Die FDP konnte ihr Ergebnis von vor fünf Jahren zwar fast verdreifachen, für einen Einzug in den neuen Landtag reichte es allerdings nicht.
Die Wahlbeteiligung lag bei 61,3 Prozent – deutlich mehr als 2014, als nur 47,9 Prozent zur Wahl gingen.
Koalitionsrechner: Welche Koalitionen sind in Brandenburg denkbar?
Ministerpräsident Woidke sagte: "Jetzt geht es darum, eine stabile Regierung zu bilden. Das wird eine große Herausforderung."
Wer regieren will: Spitzenkandidaten in Brandenburg
Dietmar Woidke (SPD), amtierender Ministerpräsident
Der studierte Agraringenieur Dietmar Woidke übernahm 2013 von Parteikollege Matthias Platzeck das Ruder als SPD-Landeschef. 2004 wurde er zunächst Landwirtschaftsminister, später SPD-Fraktionschef und dann Innenminister. Bei der Wahl 2014 setzte der Lausitzer die SPD-Siegesserie fort. Seit 1990 regiert die SPD in Brandenburg. Ein wichtiges Thema für den 57-Jährigen ist der Strukturwandel in der Lausitz. Der verheiratete Vater einer Tochter und Rockmusikfan gilt als beliebter Landespolitiker.
Kathrin Dannenberg und Sebastian Walter (Die Linke)
Die Linke ist seit 2009 Koalitionspartner der SPD in Brandenburg. Nach dem Rückzug von Diana Golz setzt die Partei auf das Spitzenduo Kathrin Dannenberg und Sebastian Walter. Dannenberg, Landtagsabgeordnete seit 2014, arbeitete 24 Jahre als Lehrerin. Im Jahr 2010 erhielt sie den Deutschen Lehrerpreis. Ihre Themen sind gute Bildung und Chancengleichheit. Der 29-jährige Walter kandidiert zum ersten Mal und will im Landtag für ein solidarisches Brandenburg kämpfen. Er ist einer von drei Gewerkschaftschefs beim DGB in Ostbrandenburg.
Ingo Senftleben (CDU)
Der gelernte Maurer und Hochbautechniker sorgte bundesweit für Schlagzeilen, als er eine Regierungszusammenarbeit der CDU in Brandenburg mit den Linken in den Raum stellte. Zum Hauptgegner im Wahlkampf erklärte Senftleben den SPD-Ministerpräsidenten Dietmar Woidke. Seine Wahlkampf-Themen: Politik für Familien sowie die Einstellung von mehr Polizisten und Lehrern.
Andreas Kalbitz (AfD)
Die Europawahl war für die AfD in Brandenburg ein Triumph. Nun hofft Spitzenkandidat Andreas Kalbitz auf ein ähnlich gutes Ergebnis. Der ehemalige Fallschirmjäger trat 2013 in die AfD ein und kam 2014 in den Brandenburger Landtag. Von Alexander Gauland, seinem politischen Ziehvater, übernahm er 2017 den Landesvorsitz, später auch den Posten als Fraktionschef. Kalbitz wird zum rechtsnationalen Flügel der Partei um Björn Höcke gezählt. Für den Verfassungsschutz ist der verheiratete Vater dreier Kinder ein Verdachtsfall.
Ursula Nonnemacher und Benjamin Raschke (Bündnis 90/Die Grünen Brandenburg)
Bei der Europawahl im Mai konnten die Grünen in Brandenburg ihr Ergebnis mehr als verdoppeln. Spitzenkandidatin Nonnenmacher ist bereit, nach einem Erfolg bei der Landtagswahl auch das Amt der Ministerpräsidentin übernehmen. Die 62 Jahre alte Ärztin aus Wiesbaden sitzt seit 2009 im Landtag. Sie hat sich bereits als Fraktionschefin in der zu Ende gehenden Wahlperiode Respekt erworben. Ihre Themen: Kohleausstieg und Nahverkehr.
Der Grünen-Ko-Spitzenkandidat Benjamin Raschke ist ein Rückkehrer. Er wurde in Lübben im Spreewald geboren und studierte in Konstanz am Bodensee Politik, Philosophie und Jura. Raschke ist einer der Landtagsabgeordneten mit den meisten Anfragen an die Landesregierung. Seine Themen sind unter anderen artgerechte Tierhaltung, das Ende der Tagebaue und die Renaturierung.
Hans-Peter Goetz (FDP)
FDP-Spitzenkandidat Hans-Peter Goetz ist ein bekanntes Gesicht in der Brandenburger Landespolitik - obwohl er nach der Landtagswahl 2014, als die Liberalen mit 1,5 Prozent Zweitstimmen aus dem Landtag flogen, lange von der politischen Bühne verschwunden war. Der Rechtsanwalt möchte mitregieren. Inhaltliche Schnittmengen sieht er mit SPD, CDU und Grünen.
Péter Vida (BVB/Freie Wähler)
Der Rechtsanwalt Péter Vida kommt aus der Kommunalpolitik. Er zog 2014 aufgrund der Grundmandatsklausel mit zwei weiteren Abgeordneten von BVB/Freie Wähler in den Brandenburger Landtag ein. Der streitbare Jurist mit deutschen und ungarischen Wurzeln punktete zuletzt mit einer Volksinitiative zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge, die vom Landtag im Sommer umgesetzt wurde, nachdem gut 108.000 Bürger unterschrieben hatten. Als nächstes will er kostenlose Schulbusse durchsetzen.