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Landtagswahl in Brandenburg
Neue Koalitionen ante portas

Bei der Landtagswahl in Brandenburg könnte eine Ära zu Ende gehen: Seit der Wende regierte dort die SPD. Doch Umfragen sehen die AfD jetzt Kopf an Kopf mit den Sozialdemokraten. Die Zeit der Zweierbündnisse scheint damit vorüber und die politische Landschaft ist so zersplittert wie im Bund.

Von Vanja Budde |
DEU/Deutschland/Brandenburg/Welzow, 23.08.2019, Wahlkampf in Brandenburg, Wahlplakate von Dietmar Woidke (SPD) und von der AFD haengen an einem Laternenmast in Welzow. In Brandenburg sind am 01. September Landtagswahlen. | Verwendung weltweit
Kampf um die Wähler: Überall im Land werben die Parteien mit Plakaten (picture alliance)
"Ich bin von Haus aus Optimist, ich bin von Hause aus jemand, der eher ein fröhlicher Brandenburger ist. Und ich glaube, wir werden am 1. September ein gutes Wahlergebnis für die SPD haben." Das sagte Ministerpräsident und SPD-Spitzenkandidat Dietmar Woidke im Juli, auf seiner alljährlichen Sommertour zur Stärkung des Tourismus.
In der Prignitz herzte der Regierungschef die Rosenkönigin in der Landesgartenschau in Wittstock. Mal mehr, mal weniger wohlwollend beäugt von seinem Wahlvolk.
"Das ist ein sehr sympathischer Politiker, der hat ja auch einiges geleistet hier in Brandenburg."
"Nö! Meine Stimme kriegt er nicht."
Brandenburg, Potsdam: Dietmar Woidke, Ministerpräsident von Brandenburg und SPD-Landesvorsitzender, spricht während einer Pressekonferenz zur Wahlkampfkampagne seiner Partei vor der Landtagswahl am 01.09.2019. 
Dietmar Woidke, Ministerpräsident von Brandenburg (dpa / Soeren Stache)
Die rot-rote Regierungsmehrheit ist klar dahin
Viele haben sich wie diese Frau von der einstigen Brandenburg-Partei SPD abgewandt: Erreichte sie bei der vorherigen Wahl noch fast 32 Prozent, sehen die Umfragen sie diesmal bei um die 20 Prozent. Kopf an Kopf mit der AfD oder sogar überflügelt von der Rechtsaußen-Partei. Die Linken kommen auf nur noch 15 Prozent - die rot-rote Regierungsmehrheit ist klar dahin.
Sollte es die SPD noch einmal knapp schaffen, braucht sie also einen Dritten im Bunde, aber wen? Die AfD scheidet für alle Parteien aus. Die Grünen bieten sich an, sollte man meinen. Die Umfragen sehen sie schließlich zwischen 12 und 17 Prozent. Aber da ist ein großes Hindernis: die Braunkohle. Anders als die alte Bergarbeiterpartei SPD wollen die Grünen den Kohleausstieg deutlich früher als 2038.
"Unsere SPD hier im Land ist sicher eine wenig fortschrittliche SPD und die Erfahrung, dass in manchen Punkten man da mit der CDU besser verhandeln kann als mit einer sehr traditionellen SPD, die ist ja nicht ganz neu."
"Eine Kenia-Koalition ist unwahrscheinlich"
Ursula Nonnemacher, Fraktionsvorsitzende und Spitzenkandidatin der Grünen, seit Wochen heftig umworben von CDU-Chef Ingo Senftleben. Die CDU liegt bei knapp 20 Prozent, Senftleben will Ministerpräsident werden, aber nicht zusammen mit der SPD regieren. Nach fast 30 Jahren an der Macht seien die Sozialdemokraten müde, matt und verbraucht, sagt Senftleben. Eine Kenia-Koalition ist also unwahrscheinlich. Doch wen dann als Dritten ins Boot holen? Vor mehr als einem Jahr sprach der Brandenburger CDU-Vorsitzende das bis dahin in seiner Partei Undenkbare aus: ein Regierungsbündnis mit den von der Union einst als "rote Socken" diffamierten Linken.
"Es ist ein Unterschied, ob ich über die Linkspartei auf Bundesebene oder Landesebene rede. Und von daher ist die Linke in Brandenburg sehr pragmatisch. Die Linke ist in Ostdeutschland in sechs ostdeutschen Parlamenten, in drei davon in der Regierungsverantwortung, und deshalb ist die Linke da auch der Regierungsarbeit gegenüber realistischer geworden, als es vielleicht noch zu anderen Zeiten und vielleicht auch in Westdeutschland der Fall ist."
Umfragen sehen die FDP bei fünf Prozent
Mit einem solchen Bündnis würde Brandenburg Parteiengeschichte schreiben. Schwierig nur, dass die Linke mit der CDU nicht will, weil Senftleben angekündigt hat, im Falle des Wahlsieges auch mit der AfD zu sprechen. Gespräche führen ja, aber auf keinen Fall koalieren, stellt der CDU-Chef nun bei jeder Gelegenheit klar. Eine weitere Unsicherheit: Die Umfragen sehen die FDP bei fünf Prozent. Wenn sie wieder in den Landtag einzieht, oder auch die Freien Wähler, dann könnte es selbst für ein Dreierbündnis knapp werden.
In Brandenburg ist drei Tage vor der Wahl darum nur eines sicher: Aus dem bunten Strauß von Möglichkeiten werden die kompliziertesten Koalitionsverhandlungen in der Geschichte des Landes erwachsen.