Ende 2020 verhinderte Sachsen-Anhalt eine Erhöhung des Rundfunkbeitrages - nicht durch eine Abstimmung, sondern durch ein Zurückziehen der Zustimmung zum Staatsvertrag. Das Thema spielt auch Monate später im Landtagswahlkampf eine Rolle.
Eigentlich sollte der monatliche Rundfunkbeitrag laut der unabhängigen Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) zum 1. Januar 2021 um 86 Cent steigen - von 17,50 auf 18,36 Euro. Dafür aber hätte es die Zustimmung aller Bundesländer gebraucht. Fast alle Landesparlamente in Deutschland stimmten dem Medienänderungsstaatsvertrag auch zu. Nur Sachsen-Anhalt nicht.
Wochenlang tobte in Sachsen-Anhalt Ende 2020 ein Streit innerhalb der Kenia-Koalition. Die CDU-Fraktion im Landtag war wie auch die Oppositionspartei AfD gegen eine Beitragserhöhung. Im Koalitionsvertrag von 2016 sei eine "Beitragsstabilität" festgeschrieben worden, so die CDU. SPD und Grüne hingegen hielten eine Beitragserhöhung um 86 Cent nach elf Jahren für gerechtfertigt und warnten die CDU-Fraktion, bei einem CDU-AfD-Veto das Koalitionsbündnis aufkündigen zu wollen. Die Linken, drittgrößte Fraktion im sachsen-anhaltinischen Landtag, hatten sich ebenfalls für die Beitragserhöhung ausgesprochen.
Um einen Koalitionsbruch zu vermeiden, verhinderte Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) letzendlich eine Abstimmung, bei der mit CDU und AfD eine Mehrheit im Landtag gegen die geplante Beitragserhöhung erzielt hätten. Stattdessen aber wurde mit dem Zurückziehen des Entwurf eines Gesetzes zum 1. Medienrechtsänderungsstaatsvertrags die Beitragserhöhung durch Nicht-Abstimmung blockiert. Ein Novum in der deutschen Mediengeschichte.
ARD, ZDF und Deutschlandradio reichten dagegen vor dem Bundesverfassungsgericht Klage ein. Ihr Eilantrag, durch den der Rundfunkbeitrag im Januar doch wie geplant erhöht werden sollte, scheiterte jedoch. Wie schnell das Verfassungsgericht letztendlich urteilen wird, ist noch unklar.
Auch im Landtagswahlkampf spielt das Thema öffentlich-rechtlicher Rundfunk eine Rolle - nicht nur aber besonders in Bezug auf die Rundfunkbeitragserhöhung.
Im Wahlkampf wirbt beispielsweise CDU-Direktkandidat Lars-Jörn Zimmer mit der Blockade der Beitragserhöhung. Die Kenia-Koalition sei daran fast zerbrochen, aber die CDU habe Wort gehalten, betont er im Gespräch mit Landeskorrespondent Niklas Ottersbach. "Das werde ich sogar plakatieren ja, natürlich. Es wird ganz groß draufstehen: GEZ-Gebührenerhöhung und dann wie so ein Stempel 'abgelehnt' oder 'verhindert'.
Auf Nachfrage in der CDU-Fraktion heißt es aber: Zimmer sei der einzige, der die 86 Cent als Wahlkampfwerbung plakatiert. Dennoch findet der medienpolitische Sprecher der CDU-Fraktion Markus Kurze: "Wir spüren da schon auch in den Gesprächen in den Wahlkreisen, dass wir Glückwünsche dafür bekommen haben, dass wir uns getraut haben diese heilige Kuh auch mal anzufassen."
Für den kleineren Koalitionspartner der CDU, die Grünen, ist die Beitragserhöhung allerdings noch nicht vom Tisch. Das Thema müsse von der nächsten Regierung geklärt werden, so Grünen-Spitzenkandidatin Cornelia Lüddemann. Würden die Grünen wieder Teil einer Koalition stehe die Gebührenerhöhung noch auf der Tagesordnung.
Aus Sicht der CDU muss der öffentlich-rechtliche Rundfunk insgesamt reformiert werden - er sei in den vergangenen Jahren zu groß und zu teuer geworden. Im Vordergrund stünden im Wahlkampf aber andere Themen, so CDU-Politiker Kurze.
Für die AfD ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk hingegen ein durchgängiges Wahlkampfmotiv. In ihrem Wahlprogramm fordert sie nicht nur eine "komplette Abschaffung" des Rundfunkbeitrages sondern auch eine "grundlegende Neugestaltung" der Öffentlich-Rechtlichen.
Aber auch die Linkspartei möchte Veränderungen bei ARD, ZDF und Deutschlandradio. Rund eine Woche vor der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt forderten die medienpolitischen Sprecher der Landtagsfraktionen der Linken aus Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt zusammen mit der MDR-Rundfunkrätin Nicole Anger eine Art ARD-Finanzausgleich.
Ihren Ideen nach sollen künftig jährlich ein Prozent der Beitragseinnahmen in ostdeutsche Programmangebote fließen, das wären rund 80 Millionen Euro für Angebote von NDR, RBB und MDR. Die medienpolitischen Linken-Sprecher wollen außerdem mehr Gemeinschaftseinrichtungen von ARD und ZDF in ostdeutschen Bundesländern ansiedeln und insgesamt mehr Ostdeutsche in den oberen Rundfunketagen.
Medienpolitik wird die Linke in Sachsen-Anhalt aber auch in Zukunft wohl kaum gestalten können, schätzt Korrespondent Ottersbach. Denn den Wahlumfragen zu Folge, deutet sich entweder ein neues Kenia-Bündnis an oder, wenn die AfD stärkste Kraft würde, sogar ein schwarz-rot-grün-gelbes Viererbündnis.