Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer von der SPD kann ihre Regierungskoalition mit FDP und Bündnis 90/Die Grünen wohl für weitere fünf Jahre fortsetzen. Das vorläufige Endergebnis für die Landtagswahlen sieht die Sozialdemokraten bei fast 36 Prozent und damit auf dem Niveau der Wahl von 2016.
Betroffene Gesichter gab es dagegen bei der CDU unter ihrem Spitzenkandidaten Christian Baldauf. Sie hat ihr Wahlziel, die SPD zu überholen, deutlich verfehlt. Trotz massiver Verluste bleibt die Union mit gut 27 Prozent jedoch zweitstärkste Kraft.
Die Grünen, die mit dem Ziel angetreten waren, die AfD hinter sich zu lassen, lieferten sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit den Rechtspopulisten, das sie knapp gewannen. Knapp geht es auch zwischen der FDP und den Freien Wählern zu, die beide auf Stimmenanteile zwischen 5,5 und 5,4 Prozent kommen. Mit den Freien Wählern wird dann eine neue Kraft in den Landtag in Mainz einziehen.
Verschiebungen bei den Stimmanteilen können jedoch nicht ausgeschlossen werden. Denn der ungewöhnlich hohe Anteil der Briefwahlstimmen - in Rheinland-Pfalz rund 65 Prozent - machen die Auszählungen schwieriger als bei vergangenen Wahlen.
Rheinland-Pfalz
Ministerpräsidentin Malu Dreyer hatte einen deutlichen Popularitätsvorteil gegenüber ihrem CDU-Konkurrenten, stellte Dlf-Landeskorrespondentin Anke Petermann in einer ersten Analyse fest. Dreyer sei beliebt und bekannt, während es Baldauf schwer gehabt hätte, während der Pandemie überhaupt bekannt zu werden. Möglicherweise sei Baldauf aber auch zu ruhig und zu harmlos gewesen.
Diese Einschätzung teilt auch Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble . "Bei dieser Wahl sind noch mehr die Persönlichkeiten der Ministerpräsidenten mit weitem Abstand das ausschlaggebende Moment", sagte der CDU-Politiker. "Das war eine Wahl der Persönlichkeiten, die ja in dieser Coronakrise noch wesentlich verstärkt worden ist."
Aussagen wie die von Schäuble ließen darauf schließen, dass die CDU wahrscheinlich nicht sonderlich enttäuscht sei, meinte Dlf-Hauptstadtkorrespondent Stephan Detjen. Die schlechten Ergenisse seien erwartet worden - auch wenn man in Rheinland-Pfalz nach den lange Zeit guten Umfragen vor der Wahl darauf gehofft hatte, zumindest mit der SPD gleichziehen zu können.
Auch wegen dieser Umfragen rief SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil Malu Dreyer zur "Siegerin des Abends" aus: "Wenn man überlegt, vor ein paar Wochen noch lagen wir deutlich hinter der Union in Rheinland-Pfalz. Sie hat gekämpft, sie hat gezeigt, dass sie als Ministerpräsidentin in der Lage ist, mit einem guten Krisenmanagement Rheinland-Pfalz auch nach vorne zu bringen", sagte Klingbeil.
Für Dlf-Haupstadtkorrespondent Detjen sind jedoch auch bundespolitische Effekte in die Wahlergebnisse in Rheinland-Pfalz und im benachbarten Baden-Württemberg eingeflossen. Das zeige sich vor allem am Ergebnis der FDP. Ihre Wahlergebnisse spiegelten den konsequenten Kurs der Partei in der Coronakrise in Berlin wieder.
Gezeigt habe sich aber auch, dass die Grünen in Rheinland-Pfalz weiter nicht das Zeug zur Volkspartei haben, stellte Dlf-Landeskorrespondentin Anke Petermann fest. Auch diesmal blieben sie deutlich hinter den Erwartungen zurück und konnten den Rückenwind aus dem Bund nicht nutzen. Ihnen falle hier offenbar mehr als etwa im benachbarten Baden-Württemberg auf die Füße, dass sie den Menschen in Haus und Garten Vorschriften machen wollen, meint die Dlf-Korrespondentin.
Geschadet habe den Grünen aber wohl auch die Beförderungsaffäre im Umweltministerium in Mainz, wegen der die profilierte Umweltpolitikerin Ulrike Höfgen Ende vergangenen Jahres als Ministerin zurücktrat. Zuvor war bekannt geworden, dass Ministerialbeamte ohne formale Beurteilung und zum Teil auch ohne öffentliche Auschreibung befördert worden waren.
Die Freien Wähler hätten vor allem von ihrem rhetorisch sehr versierten Spitzenkandidaten, Joachim Streit, Landrat im Kreis Bitburg-Prüm, profitiert. Sie seien angetreten mit dem Anspruch, der parlamentarische Arm der Städte und Kommunen im Landtag zu werden. Forderungen, wie "Keine kleinen Krankenhäuser mehr schließen" und "Keine Kürzungen mehr bei der Bildung" seien wohl angekommen.
Angesichts der besondere Wahlbedingungen aufgrund der Corona-Pandemie warnt Rheinland-Pfalz-Korrespondentin Petermann vor vorschnellen Aussagen zu möglichen Koalitionen. Zwar dürfte feststehen, dass die SPD ihr Wahlziel erreicht hat, stärkste Kraft zu bleiben. Aber darüber hinaus gebe es noch viele Unsicherheiten - auch wegen der Briefwahlstimmen.
Ampelkoalition - SPD, Grüne, FDP
Ministerpräsidentin Dreyer würde die Ampelkoalition gern fortsetzen, auch die beiden anderen Regierungsparteien betonen die gute Zusammenarbeit. Für SPD, Grüne und FDP würde es wieder zu einer Mehrheit im Parlament reichen.
Koalition - SPD, Grüne/FDP und Freie Wähler
Eine Erweiterung der Ampelkoalition mit den Freien Wählern als vierter Kraft scheint eher unwahrscheinlich. Damit würde die Regierung ihre Mehrheit im Parlament festigen. Die SPD könnte allerdings auch mit den Freien Wählern und einem der bisherigen Koalitionspartner, also Grüne oder FDP, regieren. Auch diese Variante ist jedoch eher hypothetisch.
Große Koalition SPD/CDU
Rein rechnerisch könnte die SPD auch ein Regierungsbündnis mit der CDU eingehen. Ohne Not werden die Sozialdemokraten dies aber nicht tun – vor allem auch im Hinblick auf die Bundestagswahl. Auf der Bundeseben will die die SPD die Große Koalition endlich beenden.
Jamaika-Koalition - CDU, Grüne, FDP
Laut dem vorläufigen Endergebnis ist weder eine schwarz-grün-gelbe Koalition noch Schwarz-Grün möglich. Für eine - sehr knappe - Regierungsmehrheit würde die CDU zusätzlich die Stimmen der Freien Wähler benötigen. Auch eine solche Konstellation ist eher unwahrscheinlich, zumal die Grünen sowieso eine Fortführung der Ampelkoalition bevorzugen.