Landtagswahl Sachsen
CDU nur knapp vor der AfD stärkste Kraft

Sachsen hat einen neuen Landtag gewählt. Laut vorläufigem Ergebnis liegt die CDU von Ministerpräsident Kretschmer knapp vor der AfD. Doch die Koalitionsbildung dürfte kompliziert werden. Und die Wahl hat auch Auswirkungen auf die Bundespolitik.

    Michael Kretschmer (CDU), amtierender Ministerpräsident von Sachsen und Spitzenkandidat bei der Landtagswahl am 1. September 2024, winkt nach der Verkündung der ersten Hochrechnungen der Landtagswahlen auf der Bühne.
    Ministerpräsident Michael Kretschmer hat es mit seiner CDU in Sachsen laut den Hochrechnungen bei der Landtagswahl auf den ersten Platz geschafft - jedoch nur knapp. Die AfD liegt knapp dahinter. (picture alliance / dpa / Robert Michael)
    In Sachsen waren bei der Landtagswahl 2024 rund 3,3 Millionen Bürgerinnen und Bürger dazu aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Die Befürchtungen, die AfD könnte stärkste Kraft werden, haben sich nicht erfüllt. Nach vorläufigem amtlichen Ergebnis liegt die CDU auf Platz eins – aber nur äußerst knapp.

    Inhalt

    Wie haben die Parteien abgeschnitten?

    Die CDU von Ministerpräsident Kretschmer ist mit 31,9 Prozent der Stimmen Wahlsieger, während die AfD mit 30,6 Prozent knapp dahinterliegt. Die CDU kommt demnach auf 41 Sitze, die AfD auf 40.
    Das vorläufige amtliche Ergebnis der Landtagswahl musste am Morgen des 2. September vom Landeswahlleiter in Sachsen korrigiert werden, da ein Softwarefehler eine falsche Sitzverteilung verursacht hatte. Beide Parteien erhalten nach der Neuberechnung jeweils einen Sitz weniger. Damit verliert die AfD ihre Sperrminorität, die bei mehr als einem Drittel der Mandate erreicht wird und es ermöglicht, Gesetze zu blockieren, die eine Zweidrittelmehrheit erfordern.
    Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) erreicht mit 11,8 Prozent 15 Sitze und landet damit auf Platz drei. SPD und Grüne ziehen mit 7,3 bzw. 5,1 Prozent in den Landtag ein und erhalten durch die Neuberechnung je einen zusätzlichen Sitz. Die Linke scheitert zwar an der Fünf-Prozent-Hürde, konnte aber zwei Direktmandate gewinnen. Die FDP wird künftig im Landtag nicht mehr vertreten sein.
    Die AfD, die vom sächsischen Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft wird, legte gegenüber der Wahl 2019 um 3,1 Prozent zu. Die CDU verliert nur leicht gegenüber 2019.
    Die Wahlbeteiligung lag bei 74,4 Prozent. 2019 waren es 64,9 Prozent. Der Landtag in Sachsen wird für fünf Jahre gewählt. Am selben Tag wurde auch in Thüringen ein neuer Landtag gewählt. Als drittes ostdeutsches Bundesland wählt Brandenburg am 22. September ein neues Parlament.

    Welche Koalitionen sind möglich?

    Die Bildung einer Regierungskoalition könnte Schwierigkeiten bereiten. Für eine Neuauflage der derzeitigen Regierungskoalition von CDU, SPD sowie Grünen reicht es nicht. Eine absolute Mehrheit hätte hingegen ein Dreierbündnis von CDU, SPD sowie BSW.
    Für viele Mitglieder der CDU in Sachsen wäre eine Zusammenarbeit mit dem BSW ein ebenso großer Tabubruch wie mit der AfD. "Ich habe mir das auch nicht gewünscht", sagte Ministerpräsident Michael Kretschmer. Es müsse nun darum gehen, die Realitäten zur Kenntnis zu nehmen und sich selbst ein wenig zurückzunehmen. "Wir haben inhaltliche Vorstellungen und einen Wertekompass, den wir auf den Tisch legen werden. Mit diesem werden wir die Gespräche führen. Das werden andere auch tun, und danach wird sich zeigen, ob es eine vernünftige und tragfähige Schnittmenge gibt", sagte der CDU-Landeschef.
    Die einzige Alternative zu einem Bündnis mit dem BSW wäre eine Minderheitsregierung unter Führung der CDU. Die CDU und die SPD müssten dann für jede Abstimmung nach Partnern suchen, die ihre Vorhaben unterstützen, etwa bei den Grünen, dem BSW oder sogar bei der AfD.
    Eine Koalition mit der AfD schlossen alle Parteien in Sachsen aus.
    Kretschmer fordert als Folge der Wahlen, den Begriff der Brandmauer im Zusammenhang mit der AfD nicht mehr zu verwenden. „Die AfD ist eine Meisterin darin, sich als Märtyrer darzustellen. und hat es wirklich geschafft“, sagte er. Der Begriff der Brandmauer werde so umgedeutet, als würde man der AfD demokratische Rechte entziehen, was nicht der Fall sei. „Das ist eine Oppositionspartei wie jede andere, mit allen Rechten und Pflichten“, sagte Kretschmer.
    Entscheidend für die Wahl in Sachsen waren Themen wie soziale Sicherheit, Zuwanderung, Kriminalität und innere Sicherheit. Der Wahlkampf stand vor allem wegen des anhaltenden Umfragehochs der AfD im Mittelpunkt. Klassische landespolitische Themen wie die Bildungspolitik spielten im Wahlkampf kaum eine Rolle – er war geprägt von bundes- und weltpolitischen Themen.

    Was bedeutet die Wahl in Sachsen für die Bundespolitik?

    Die Parteien der Bundesregierung (SPD, Grüne, FDP) kommen zusammen nur auf ein Drittel der Stimmen, die die AfD erreicht. Damit wird die Arbeit der Ampelkoalition noch schwieriger.
    Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer verlangt nach den schwierigen Wahlergebnissen von Sachsen und Thüringen nun tiefgreifende Änderungen in der Bundespolitik.
    Dass die SPD in beide Landtage – Sachsen und Thüringen – wieder einzieht, sorgt zumindest für Erleichterung bei der Kanzlerpartei und könnte Zweifel daran zerstreuen, ob Bundeskanzler Olaf Scholz erneut Kanzlerkandidat wird.

    abr, ema