Folgen der Landtagswahlen
Kommentar: Merz, Rhein, Söder und die K-Frage der Union

Der alte und neue Ministerpräsident in Hessen habe im Wahlkampf kaum auf die Bundespartei gesetzt, meint Katharina Hamberger. CDU-Chef Merz sei zwar vor Ort gewesen – ohne aber eine große Rolle zu spielen. Der Wahlausgang habe Folgen für die K-Frage.

Ein Kommentar von Katharina Hamberger |
Boris Rhein (M, CDU), Ministerpräsident von Hessen, steht zwischen Friedrich Merz, CDU Bundesvorsitzender und Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU Fraktion, sowie Ines Claus, CDU Fraktionsvorsitzende in Hessen, vor Beginn der Sitzung des CDU Bundesvorstands nach den Landtagswahlen in Bayern und Hessen. Die Union ist aus den Landtagswahlen als stärkste Kraft hervorgegangen.
Nach der Landtagswahl sucht CDU-Chef Friedrich Merz die Nähe des hessischen Wahlsiegers, Ministerpräsident Boris Rhein (CDU). (picture alliance / dpa / Michael Kappeler)
Zwei Wahlsiege konnte die Union für sich verbuchen. Einen in Hessen, über den die Freude bei der CDU tatsächlich groß war. Denn Boris Rhein ist im Amt bestätigt worden – und zwar so deutlich, dass gegen ihn nicht regiert werden kann.

Folgen für die Machttektonik der Union

Ähnlich ist die Situation in Bayern – auch gegen die CSU kann nicht regiert werden – aber Jubel war aus München nicht zu hören. Man blickte in Gesichter, die sich ein gequältes Lächeln abrangen. Denn 37 Prozent sind noch mal ein My unter dem Ergebnis von 2018 und damit das schlechteste seit 1950 für die Christsozialen. Diese Ergebnisse werden sich vor allem auf die Machttektonik innerhalb der Union auswirken – weniger hingegen auf das Handeln im Bund.
Markus Söder ist bei der Debatte um die Kanzlerkandidatur 2021 höchst selbstbewusst aufgetreten, hat immer auf seine guten Werte verwiesen, galt als guter Wahlkämpfer. Nach dieser Landtagswahl ist seine Position innerhalb der Union gegenüber Merz nun geschwächt, sein politisches Gewicht hat abgenommen. Denn im Vergleich zu 2018 liegt die Verantwortung für dieses Ergebnis nun voll beim CSU-Chef. Damals war er noch nicht lange Ministerpräsident. Der Parteichef hieß noch Horst Seehofer.

Auswirkungen auf die K-Frage

Das jetzige Ergebnis hat natürlich auch Auswirkungen auf die K-Frage. Denn nach diesem Sonntag dürfte Söder kaum noch die Hand heben, wenn es darum geht, wer für die Union antreten soll und bei der Frage, wie das Verfahren dazu aussehen kann, sieht er sich anderen, einflussreichen Unions-Ministerpräsidenten gegenüber.
Da sind Hendrik Wüst aus Nordrhein-Westfalen und Daniel Günther aus Schleswig-Holstein, beide mit bessern Wahlergebnissen als Söder – und da ist nun auch Boris Rhein: Der hessische Landesverband ist kein kleiner und damit auch nicht unwichtig, wenn es um zukünftige Personalentscheidungen geht. Dass Rhein selbst in den Ring steigen wird, ist höchst unwahrscheinlich, aber seine Stimme in der Entscheidungsfindung spielt nun auch eine Rolle.
Ein geschwächter Söder, ein gestärkter Rhein – Folgen des Wahlabends, mit denen auch Merz dann kalkulieren wird, wenn es um das kommende Jahr geht. Der CDU-Vorsitzende kann entspannt auf das Wahlergebnis schauen, es nützt ihm mehr, als es ihm schadet, und das fast eher in Hinblick auf Söders Stellung, als in Bezug auf Rheins Ergebnis. Denn es ist klar, dass es nicht Merz‘ Verdienst ist. Der alte und neue Ministerpräsident in Hessen hat kaum auf die Bundespartei gesetzt, Merz war zwar vor Ort, eine große Rolle hat er aber nicht gespielt.
Was der Wahlkampf der Hessen-CDU der Union insgesamt aber als Frage mitgibt, ist die, ob die massive Polarisierung gegen die Grünen der richtige Weg ist. Denn Rhein hat zwar, genau wie Söder, stark auf eine Abgrenzung von der Ampel gesetzt – beide haben am Ende auch von der Schwäche der Regierungskoalition im Bund profitiert – aber er hat es tunlichst vermieden, sie als Hauptgegner zu markieren, wie das zum Beispiel Merz auch schon getan hat. Ganz im Gegenteil: Rhein hat die geräuschlose Zusammenarbeit in den Mittelpunkt gestellt – und war erfolgreich damit.
Erneut stellt sich für CDU und CSU auch nach diesen Landtagswahlen – wie für fast alle demokratischen Parteien – die Frage des Umgangs mit der AfD. Denn in beiden Bundesländern hat die Union an die in Teilen rechtsextreme Partei verloren, wenn auch in Hessen deutlich weniger Stimmen als die CSU in Bayern. Das sind Vorzeichen, die Parteien – gerade mit Blick auf das kommende Jahr – sehr ernst nehmen müssen.
Katharina Hamberger, Hauptstadtstudio
Katharina Hamberger, Hauptstadtstudio
Katharina Hamberger, Jahrgang 1985, hat Medienwissenschaft, Politikwissenschaft und Journalismus in Regensburg und Hamburg studiert. Während des Studiums arbeitete sie als freie Journalistin unter anderem für die "taz" und die "Passauer Neue Presse". Journalistische Erfahrung sammelte sie außerdem beim Bayerischen Rundfunk, der Talksendung "Anne Will" und dem "Hamburger Abendblatt". Seit Ende ihres Deutschlandradio-Volontariats 2012 arbeitet sie als freie Korrespondentin im Hauptstadtstudio von Deutschlandradio.