Am 6. Juni 2021 wurde in Sachsen-Anhalt ein neuer Landtag gewählt. Die CDU liegt laut Hochrechnungen bei rund 37 Prozent. Ministerpräsident Reiner Haseloff könne "jetzt die Preise bei den Verhandlungen diktieren", so Dlf-Chefredakteurin Birgit Wentzien zu den anstehenden Sondierungsgesprächen. Haseloff sei der eindeutige Sieger. Die vorab diskutierten Dreier-Bündnisse sind rechnerisch alle möglich. Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass es ganz knapp für Schwarz-Rot reicht.
Deutschlandfunk-Landeskorrespondent Niklas Ottersbach sagte zum Wahlausgang: "Es ist ein Riesenerfolg für die CDU." Einer der Gründe: Während die CDU in den meisten Umfragen knapp vor der AfD lag, hatte die AfD in einer INSA-Umfrage vom 26. Mai knapp die Nase vorn. In den letzten Tagen des Wahlkampfs habe es daher eine Bewegung hin zur CDU gegeben. Viele Leute, die sonst nicht CDU wählten, hätten sich diesmal für die Christdemokraten entschieden.
Die AfD habe sich in den letzten Jahren radikalisiert. Viele Wähler überlegten sich genau, ob sie eine solche Partei zur stärksten Kraft machen wollten.
Auch Nadine Lindner, die im Dlf-Hauptstadtstudio für die Berichterstattung über die AfD zuständig ist, sieht im Wahlergebnis einen Dämpfer. Die Partei könne ihren Wachstumskurs nicht fortsetzen. Gerade der rechte Parteiflügel habe sich mehr ausgerechnet in Sachsen-Anhalt, sagte Lindner.
"Die SPD ist wie fest betoniert", sagte Deutschlandfunk-Chefredakteurin Birgit Wentzien zum schlechten Wahlergebnis der Sozialdemokraten. Und bei den Grünen würden die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Die anderen Parteien müssten sich weiter die Entzauberung der "völkisch-nationalistischen AfD" auf die Fahnen schreiben.
Auswirkungen auf die Bundespolitik
Dlf-Hauptstadtkorrespondent Stephan Detjen sagte, dies sei ein "triumphaler" Wahlerfolg für Reiner Haseloff - aber auch ein Erfolg für die Bundes-CDU. Das Ergebnis werde die Union und den CDU-Vorsitzenden und Kanzlerkandidaten Armin Laschet stabilisieren.
Politologe Decker: FDP in Regierungsverantwortung zu holen, wäre folgerichtig
Der Politikwissenschaftler Frank Decker hält nach dem Wahlsieg der CDU in Sachsen-Anhalt eine Koalition mit der FDP für wahrscheinlich. 70 Prozent der Wählenden hätten "Mitte-rechts" gewählt, sagte er im Dlf.
Der Politikwissenschaftler Frank Decker hält nach dem Wahlsieg der CDU in Sachsen-Anhalt eine Koalition mit der FDP für wahrscheinlich. 70 Prozent der Wählenden hätten "Mitte-rechts" gewählt, sagte er im Dlf.
Der Abgrenzungskurs gegenüber der AfD habe sich in Sachsen-Anhalt mit Haseloff durchgesetzt. Reiner Haseloff hatte sich vor wenigen Wochen noch für CSU-Chef Markus Söder als Kanzlerkandidat der Union eingesetzt. Im Wahlkampf hat Armin Laschet aber Reiner Haseloff unterstützt und gezeigt, dass die CDU auch mit ihm als Kanzlerkandidat Wahlen gewinnen könne.
Haseloff und AfD-Abgrenzung der Bundes-CDU waren Erfolgsgaranten
Hauptstadt-Korrespondent Stephan Detjen bewertet die Auswirkungen der Sachsen-Anhalt-Wahl auf die Bundespolitik.
Rechnerisch ist eine Fortführung der Kenia-Koalition aus CDU, Grünen und SPD möglich. Eine so genannte Deutschland-Koalition aus CDU, SPD und FDP ist auf dem Papier ebenso machbar wie "Jamaika" bestehend aus CDU, FDP und Grünen. Spätere Hochrechnungen des Wahlabends ließen sogar eine Koalition aus CDU und SPD zu.
Der CDU-Landesvorstand hat am Tag nach der Wahl beschlossen, Grünen, Sozialdemokraten und Freien Demokraten Sondierungsgespräche anzubieten. Eine klare Präferenz äußerte Haseloff nicht. Eine Zusammenarbeit mit der AfD und der Linken hatte die CDU ausgeschlossen.
Reiner Haseloff selbst könne sich sehr gut noch mal eine Kenia-Koalition vorstellen, sagt Dlf-Korrespondent Niklas Ottersbach. Haseloffs Fraktion sehe das aber anders, ebenso das Kernklientel der CDU. Sie wolle wegen der Umwelt- und Landwirtschaftspolitik keine weitere Koalition mit den Grünen.
Die Grünen schlossen am Tag nach der Wahl eine Koalition mit der CDU und der SPD im Landtag von Sachsen-Anhalt aus. Das habe der Landesvorstand am Abend in einer Sitzung in Magdeburg beschlossen, sagte der Landesvorsitzende Striegel der Deutschen Presse-Agentur. Damit wird die bisherige schwarz-rot-grüne Regierungskoalition ihre Arbeit nicht fortsetzen können.
Für die wahrscheinlichste Koalitionsvariante hielt Ottersbach nochg am Wahlabend die sogenannte Deutschland-Koalition aus CDU, FDP und SPD. Die SPD ist durch das Wahlergebnis aber deutlich geschwächt.
Allerdings will die FDP einem solchen Bündnis nicht als dritte Fraktion zu einer breiteren Mehrheit verhelfen. Für Ministerpräsident Haseloff und seine CDU kommt damit neben der möglichen Koalition mit der SPD nur noch ein sogenanntes Jamaika-Bündnis mit FDP und Grünen in Frage.
Birgit Wentzien, Chefredakteurin des Deutschlandfunks, sagte, Reiner Haseloff könne die Preise in den Koalitionsgesprächen diktieren. Beobachten müsse man, wie geschlossen die CDU im Land sich hinter ihren Ministerpräsidenten stelle. Haseloff habe mit der Kenia-Koalition vernünftige, belastbare Ergebnisse erzielt. Die Wahl sei eine Bestätigung und ein persönlicher Sieg Haseloffs.
Dlf-Chefredakteurin Wentzien / "Haseloff kann jetzt die Preise bei den Verhandlungen diktieren"
Einschätzungen der Deutschlandfunk-Chefredakteurin zur Position von Ministerpräsident Haseloff nach der Wahl.
Ministerpräsident Reiner Haseloff sagte in der ARD, die große Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger in Sachsen-Anhalt habe demokratisch gewählt und eine "Abgrenzung nach rechts" vorgenommen. Mit Blick auf die Regierungsbildung sagte Haseloff, er werde mit allen demokratischen Parteien sprechen und Optionen ausloten.
Sachsen-Anhalts CDU-Chef Sven Schulze sagte im Dlf, Kanzlerkandidat Laschet kriege "Riesen-Rückenwind." In der Koalitionsfrage schloss er keine Konstellation aus. Es werde Sondierungsgespräche mit allen Parteien außer mit AfD und Linken geben.
Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock sagte: "Wir hätten uns bei dieser Landtagswahl mehr erhofft." SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil zeigte sich enttäuscht vom Ergebnis seiner Partei. Er gratulierte Haseloff. Der CDU-Politiker habe eine "Polarisierung" gegen die AfD hinbekommen. Der AfD-Co-Vorsitzende Tino Chrupalla sagte, man könne in Sachsen-Anhalt eine "bürgerlich-konservative Regierung bilden". FDP-Chef Christian Lindner sagte im ZDF, seine Partei stünde zur Verfügung für eine mögliche Regierungsbeteiligung in Sachsen-Anhalt. Die Linken-Bundesvorsitzende Susanne Hennig-Wellsow räumte eine "krachende Niederlage" ein.
(Quellen: Niklas Ottersbach, DPA/sa/RTRD/AFP, tei)