Länger als ein halbes Jahr haben die Ingenieure der US-Raumfahrtbehörde NASA auf diesen Abend gewartet. Und nun, ausgerechnet während des spannendsten Moments der Mission, sind sie machtlos – denn sie können nichts mehr tun.
"Alles wird autonom ablaufen: der Eintritt in die Marsatmosphäre, der Abstieg und die Landung." Matt Wallace ist der stellvertretende Manager des Perseverance-Programms bei der NASA.
"Ein Funkkommando zum Mars wäre zehn Minuten unterwegs. Zwischen Atmosphäreneintritt und Aufsetzen auf der Oberfläche werden aber nur sieben Minuten vergehen. Wir können also während dieser Zeit nicht mit der Sonde kommunizieren. Sie muss selbst entscheiden, wann der Bremsfallschirm ausfahren soll. Und nach der Landung muss sie uns mitteilen, wo genau im Jezero-3-Krater sie ist."
Wo Wasser, da Leben
Den Jezero-Krater hat die NASA sich ausgesucht, weil er früher – vor etwa vier Milliarden Jahren - wahrscheinlich einmal voll mit Wasser war. Und wo Wasser, da Leben – so zumindest die Hoffnung vieler Astrobiologen, auch die von Jim Watzin, dem Direktor des Marsexplorationsprogramms der NASA in Washington, D.C.
"Auf solche Spuren dürften wir aber kaum direkt auf der Oberfläche stoßen. Die Lebensbedingungen dort sind wohl zu hart."
Die Hoffnung darauf, heute noch Leben auf dem Nachbarplaneten der Erde zu finden, haben die meisten Astrobiologen mittlerweile aufgegeben. Aber vielleicht gab es früher mikrobielles Leben auf dem Mars – und zwar weiter unten, wie Bruno Gardini vom europäischen Weltraumforschungszentrum ESTEC ergänzt.
"Wir werden einen Bohrer an Bord haben. Er soll bis zu zwei Meter tief in den Boden vordringen. Wir hoffen, dass er dort ein massives Stück Gestein lösen wird, das wir später zur Erde transportieren können."
Bis zu 40 Bohrungen
Perseverance wird nicht nur einmal bohren. 20-, 30- oder 40mal wird der Rover anhalten und versuchen, Gesteinsproben aus tieferen Schichten zu bekommen.
Und dann heißt es: warten. Warten, bis die Folgemission auf dem Mars eintrifft. Denn die Europäer wollen einen zweiten, kleineren Rover zu dieser sogenannten Mars Sample Return Mission beisteuern. Er soll in fünf Jahren starten, die Proben von Perseverance einsammeln und sie zu einer Rakete fahren, die wiederum die US-Amerikaner bis dahin zum Mars geschossen haben werden. Sie wird dann mitsamt der kostbaren Fracht die Rückreise zur Erde antreten.
"Man ist schon zum Mars geflogen. Man ist schon am Mars gelandet. Das eine Element, das man noch nicht gemacht hat, ist, dass man eine Rakete von der Oberfläche vom Mars in den Orbit geschickt hat", betont Gerhard Kminek, der Planetenschutzbeauftragte von Europas Weltraumagentur ESA.
"Insofern: Der Ansatz, den wir jetzt haben, im Prinzip diese Probenrückführung vom Mars auf drei Missionen aufzuteilen, reduziert das Risiko, das wir sonst hätten, wenn wir alles auf eine Mission geben würden und alles auf eine Karte spielen."
Hoffen auf die Sensation
Ob eine Rückführung von Mars-Gestein sich wirklich lohnt - das wird sich erst während der Untersuchungen auf der Erde zeigen. Im besten Fall steht am Ende eine Sensation – nämlich die Erkenntnis, dass es auf zwei Planeten im Sonnensystem Leben gibt oder gegeben hat. Und um nichts anderes gehe es dabei, findet Jim Watzin.
"Das ist das, was uns antreibt: Herauszufinden, dass wir nicht allein sind im All, dass Leben auch schon einmal an anderen Orten existiert hat, sogar schon vor unserer Zeit. Vielleicht sind wir sogar die Nachkommen früherer Mars-Mikroben, die irgendwie auf die Erde gelangt sind. Diese Erkenntnis würde unseren Blick auf den Kosmos und unseren Platz darin grundlegend verändern. Das wäre eine dieser phänomenalen Wissenssprünge, der der gesamten Menschheit ein 'Wow' abringen würde."