"Hier sieht man ganz wunderbar, unser Kompost, was da so reinkommt - wir haben hier einmal das Laub, wir haben hier die Gemüseabfälle aus dem Garten, wir haben den Kaffeesatz, ordentlich aus der Gastro und die Gemüsereste aus der großen Küche."
Lisa Dobkowitz steht im Prinzessinnengarten, einem urbanen Gartenprojekt in Berlin, vor einem großen Berg mit frischem Kompost. Gleich daneben liegt der etwas ältere Haufen, schon fast schwarze Erde. Nutzpflanzen benötigen vor allem Stickstoff, aber auch Phosphor, Kalium und viele weitere Makro- und Mikronährstoffe, damit sie gute Erträge bringen. Die Pflanzenabfälle im Kompost oder auch auf dem Feld werden von Mikroorganismen und Regenwürmern mineralisiert und in Pflanzennahrung verwandelt:
"Das reicht total aus, wir haben ziemlich gute Qualitäten", sagt die Gartenbauwissenschaftlerin Lisa Dobkowitz. "Für die Starkzehrer düngen wir auch noch mal nach - zum Beispiel Kürbis oder Zucchini, die brauchen ziemlich viel Futter, da düngen wir auch mal flüssig nach mit Vinasse aus der Zuckerrübenindustrie, das ist ein Abfallprodukt, müffelt ein bisschen, ist ein sehr stickstoffhaltiger Dünger. Ich finde ganz grundsätzlich für Landwirtschaft braucht man nicht zwangsläufig Tierhaltung dazu."
Fruchtbarer Boden braucht organisches Material
Und das gilt auch für konventionell hergestellte Lebensmittel. Fast die Hälfte unserer Nahrung wächst heute mit Kunstdünger anstatt mit Mist oder Gülle heran. Pflanzen können die im Kunstdünger zugesetzten Mineralstoffe sofort verwerten - allerdings bleibt nichts übrig, von dem sich das Bodenleben nähren könnte. Denn Bodenorganismen brauchen organisches Material, zum Beispiel, um eine Humusschicht aufzubauen.
Dieses organische Material kann über Pflanzenreste und -wurzeln in den Boden gelangen, aber auch über die Ausscheidungen von Tieren. Also von Kühen, Schweinen oder Hühnern oder natürlich auch von Menschen.
Grasende Tiere sorgen für bessere Böden
Die besten Böden entstehen allerdings, wenn Tiere grasen, sagt die Tierärztin Anita Idel. Als eine von 600 Wissenschaftlern hat sie vor rund zehn Jahren im Auftrag der Weltbank am sogenannten Weltagrarbericht mitgearbeitet:
"Bodenfruchtbarkeit entsteht durch einen Wachstumsimpuls, der durch die Beweidung erfolgt, und über die Zeit dann tatsächlich, über das Wurzelwachstum man sagen kann: Die Wurzeln von heute sind der Boden von morgen."
Gras wächst besser, wenn Tiere darauf weiden. Und Gras wächst auch dort, wo Ackerbau nicht möglich ist. Zum Beispiel in feuchten Flussauen, trockenen Steppen oder oberhalb der Baumgrenze. Dieses Land kann nur durch Tiere landwirtschaftlich genutzt werden. Steppen und Savannen bedecken immer noch riesige Flächen unserer Erde - für die Völker, die dort leben, ist die Viehwirtschaft existenziell, sind Fleisch- und Milchkonsum die Überlebensgrundlage.
Weidenhaltung statt Massentierhaltung
Auch hierzulande prägen Wiesenlandschaften ganze Regionen. Gleichzeitig leben bekanntlich viele Millionen Tiere in Massenhaltungssystemen in Ställen und nicht auf der Weide. Sie produzieren in bestimmten Regionen mehr Gülle, als der Boden aufnehmen kann und die Nährstoffe verderben Bäche, Flüsse und Grundwasser. Tiere seien wichtig für die Bodenfruchtbarkeit, es dürften aber nicht zu viele sein, sagt Anita Idel:
"Wir müssen schauen: Ist es ein nachhaltiges System, in dem ich die Rinder halte, oder ist es ein extrem Futter- und Energie verbrauchendes."
Bei Biolandwirten beispielsweise ist die Weidehaltung Pflicht, zumindest saisonal. Und da sie keinen Mineraldünger verwenden dürfen, ist die Gülle ihrer Tiere für die meisten Biobauern unverzichtbar - zusätzlich zu den sogenannten Leguminosen wie Klee oder Erbsen, die den Boden lockern und mit Stickstoff versorgen.
Ackerbau dank saisonaler Beweidung
Ohne grasende Tiere wie die früheren Bisons oder Wisente wäre Ackerbau - so wie wir ihn kennen - gar nicht möglich, sagt die Tierärztin Anita Idel:
"Die größten Flächen, die wir heute als Kornkammern bezeichnen, die Prärien im mittleren Westen Amerikas, oder auch hier bei uns die Hundert-Punkte-Böden, Magdeburger Börde oder auch Hildesheimer Börden - alles fruchtbarste Böden, alles Steppenböden, die durch jahrtausendlange, saisonale Beweidung entstanden sind."
Tiere zu halten kostet Geld. Und Landwirte müssen deren Produkte, also Milch, Eier oder eben auch ihr Fleisch verkaufen, um selbst über die Runden zu kommen. Es spricht nichts dagegen, auch zu Weihnachten auf den Braten zu verzichten. Man kann sich aber zur Feier des Tages auch mal ein leckeres Stück Fleisch aus artgerechter Haltung leisten.