Wer in diesem Sommer im Supermarkt Puten- oder Hühnerfleisch kauft, muss damit rechnen, dass die Tiere in ihrem kurzen Leben mit gentechnisch veränderter Soja gefüttert worden sind. Dabei hatten sich die Geflügelhalter vor 14 Jahren anders entschieden und bei der Mast von Puten und Hähnchen bis heute konsequent auf Gentechnik verzichtet. Doch das wird immer mehr zu einer Herausforderung, erklärt Thomas Janning, Geschäftsführer des Zentralverbandes der Deutschen Geflügelwirtschaft. Soja ohne Gentechnik sei bei den weltweit größten Sojaproduzenten im Hauptanbauland Brasilien längst ein Nischenprodukt. Das sinkende Angebot an gentechnikfreier Soja aus Brasilien setze die deutschen Geflügelhalter immer mehr unter Druck. Thomas Janning:
"Es geht nicht darum, dass wir jetzt gewählt haben, ob für den einen oder anderen Weg. Wir haben Tiere, die versorgt werden müssen und wir haben Lieferketten, die wirklich einwandfrei sein müssen. Das heißt, es muss einwandfreies, gentechnikfreies Soja hier ankommen und es muss auch kontinuierlich hier ankommen. Wir haben eben immer die besondere Gefahr der Vermischung und wir können nicht immer mal wechseln gentechnikfrei, nicht gentechnikfrei."
Dazu kommt eine komplizierte Rechtslage. Denn laut EU-Verordnung bekommen nur solche Futtermittel den Stempel "Frei von Gentechnik", die weniger als ein Prozent an gentechnisch veränderten Organismen enthalten. Dabei beginnt die Gefahr einer Vermischung verschiedener Sojaarten bereits auf den Feldern, die nebeneinander liegen. Beide Futtermittel werden in den gleichen Lagerhäusern aufbewahrt, gelangen mit den gleichen Schiffen nach Europa, erklärt Thomas Janning. Aufwand und Kosten für den Import von gentechnikfreier Soja werden immer höher. Die Entscheidung beim Zentralverband der deutschen Geflügelwirtschaft steht:
"Für die Breite der Hähnchen- und Putenhaltung in Deutschland wird es künftig keinen Einsatz mehr geben von gentechnikfreier Soja."
Argumente nur vorgeschoben?
Verbraucherschützer und Umweltverbände protestieren. Greenpeace fordert die Geflügelbranche auf, die Entscheidung zugunsten der Verbraucher zurückzunehmen. Laut Greenpeace gibt es genügend gentechnisch unveränderte Soja auf dem Markt. Auch Alexander Hissting, Sprecher des Verbandes Lebensmittel ohne Gentechnik, hält die Argumente der Geflügelzüchter für vorgeschoben:
"Die Geflügelwirtschaft ist schon seit vielen Jahren nicht sonderlich begeistert davon, dass sie gentechnikfrei produzieren soll. Sie hat es damals vor vierzehn Jahren auch nicht ganz freiwillig eingeführt. Es kam nur auf Druck von Fast Food-Ketten, von Lebensmittelhändlern und NGOs zustande. Man sucht schon seit langem Argumente, warum man aus diesem System wieder aussteigen kann."
Schließlich würden sich die meisten Verbraucher Lebensmittel wünschen, die ohne Gentechnik produziert worden sind:
"Der einzige Grund, warum man überhaupt an dem Verbraucherwunsch vorbeikommt, ist, weil wir keine klare Kennzeichnungsregel haben für tierische Produkte, wenn diese mit gentechnisch veränderten Pflanzen gefüttert wurden. Das wird schamlos ausgenutzt und wir verlangen, dass die Supermarktketten diese Qualität von den Geflügelmästern einfordern und dass diese sie auch anbieten."
Noch sind Aufdrucke "ohne Gentechnik" wie bei Rewe und Edeka in der Geflügeltheke eher selten. Doch es sind die großen Supermarktketten, die am Ende über den neuen Kurs entscheiden. Sie müssen ihren Kunden erklären, weshalb die meisten Hähnchen und Puten nach Jahren der Abstinenz wieder gentechnisch veränderte Soja picken sollen. Thomas Janning vom Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft:
"Ich erwarte und gehe auch davon aus, dass wir zunehmend Verständnis haben werden beim Lebensmitteleinzelhandel, dass die Geflügelwirtschaft künftig auf den Einsatz von gentechnikfreier Soja verzichten muss."