Die Technik, die eine Revolution in der Gentechnik verspricht, heißt CRISPR/Cas, ein neues Werkzeug der Gentechnik, mit dem Forscher das Erbgut von Pflanzen, Tieren und Menschen nach dem Copy-Paste-Verfahren austauschen können.
"Revolutionär ist, dass die Methoden wie CRISPR/Cas scheinbar sehr viel präziser sind, einfacher und effektiver."
Sagt Regine Kollek, die an der Uni Hamburg Technologiefolgen-Abschätzung in der Medizin lehrt, Spezialgebiet Biotechnologie. Weniger unerwünschte Nebeneffekte, sehr kontrollierte Genmanipulationen – das sind die Versprechen.
Gentechnik für nachhaltige Landwirtschaft
"Was bisher aber nicht der Fall ist, übrigens. Es ist nicht so präzise, wie es immer dargestellt wird."
Sagt die Forscherin Regine Kollek, nachdem CRISPR/Cas jetzt seit rund 2 Jahren im Einsatz ist. Und in dieser Phase meldet sich nun ausgerechnet Urs Niggli zu Wort, er ist Direktor des Forschungsinstituts für biologischen Landbau und hat jahrelang gegen Gentechnik in der Landwirtschaft gekämpft. Jetzt sagt Niggli, CRISPR/Cas könne eine Gentechnik-Methode sein, die sich für nachhaltige Landwirtschaft eignet:
"Diese neue Methode ist einerseits viel gezielter. Man kann ganz bestimmte Mutationen auslösen oder man kann eben ganz gezielt gewisse Gene ausschalten. Das hat eigentlich nichts zu tun mit der Gen-Kanone zu tun der alten Gentechnik-Methoden. Und zudem wird sie in vielen staatlichen Loren angewandt; sie kann auch von kleinen Züchtern verwendet werden und das bedeutet natürlich, dass eben vor allem ökologisch vernünftige Lösung zur Anwendung kommen."
30 Jahre später: Die Versprechen der Gentechnik haben sich nicht erfüllt
Niggli sieht das Potenzial der neuen Gentech-Methode vor allem erst mal im Pflanzenschutz:
"Wir haben ja überall Probleme mit Pflanzenkrankheiten, da werden sehr viele Fungizide eingesetzt und in diesem Sinne hat man dann hier wirklich eine ökologische Verbesserung."
Forscher Urs Niggl genießt in der deutschen Ökolandbau-Branche hohes Ansehen, aber in diesem Punkt endet der Konsens. Jan Plagge, Präsident des Öko-Labels Bioland sagt: Für Bioland sei das CRISPR/Cas-Verfahren "ein absolutes No-Go", die Risiken seien noch nicht abschätzbar. Ähnlich ablehnend äußert sich Peter Röhrig, Geschäftsführer des Bunds Ökologische Lebensmittelwirtschaft:
"Skeptisch macht mich sozusagen das wiederholte Versprechen der Wissenschaft. Dieselben Argumente habe ich auch im Bereich der Gentechnik gehört: Morgen wird alles besser, wir müssen das nur machen. 30 Jahre Gentechnik zeigen, dass nichts besser geworden ist, sondern, dass der Pestizid-Einsatz sich erhöht, dass es eine Sackgassen-Technologie war. Inwieweit jetzt die Versprechen, die mit den neuen Verfahren verbunden sein werden, auch einer kritischen Prüfung in der Praxis standhalten werden, das müssen wir sehen.
Ohne Gentechnik werden Bioprodukte teuer
Bundesregierung und EU prüften gerade Potenziale und Risiken dieser neuen Gentechnik. Bis dahin bleibt die Biobranche auf Distanz und verlangt strikte Kennzeichnung von Produkten, die mit CRISPR/Cas verändert wurden. Bioland setzt darauf, Pflanzen "natürlich" weiter zu entwickeln, sprich auf klassische Züchtung statt Gentech. Dazu sagt Forscher Urs Niggli:
"Ich kann mit beidem Leben. Die Frage ist nur einfach: Haben wir genug Mittel für eine ökologische Pflanzenzüchtung? Und da sehe ich eben, dass es einen großen Handlungsbedarf gibt. Man muss mehr Geld in die ökologische Pflanzenzüchtung investieren."
Ohne Gentechnik würden Bioprodukte also teurer werden. Der Biobranche rät Niggli vorerst nicht zu CRISPR/Cas, einfach, weil das den Bio-Kunden kaum zu vermitteln sei – was die Kundin eines Berliner Bio-Ladens zu belegen scheint.
"Ich würde keine Lebensmittel haben wollen, die irgendwie mit Gentechnik in Berührung kommen, ganz einfach, weil ich nicht beurteilen kann, welche Auswirkung das hat – bei herkömmlicher Gentechnik konnte ich das nicht beurteilen und bei CRISPR/Cas kann ich das erst Recht nicht beurteilen. Das ist ein Schlagwort, das durch die Medien geht, aber ich habe nicht das Gefühl informiert zu sein, um das beurteilen zu können, und dann muss ich sagen, gehe ich lieber auf Nummer sicher."