Ein Bauernhof in Schleswig-Holstein. 15 Männer fahren auf dem Anhänger eines Treckers übers Feld - Landwirte, Wissenschaftler, Journalisten. Die Sonne scheint, und es könnte ein netter Ausflug werden, aber es geht heute um ein ernstes Thema: die globale Erwärmung. Genauer gesagt geht es um ein Duell: ökologische Landwirtschaft gegen konventionelle Landwirtschaft - wer von beiden verursacht mehr Treibhausgase.
Auf einem Acker mit Kleegras kommt der Trecker zum Stehen. Zwei Tonnen aus Plexiglas sind über die Pflanzen gestülpt. Hier untersucht Thorsten Reinsch von der Universität Kiel, wie viel Kohlendioxid der Boden und die Pflanzen im Tagesverlauf aufnehmen und wieder abgeben. Das Messgerät registriert selbst winzige Schwankungen:
"Es sind jetzt 367 ppm, also parts per million. Und dieser Wert verändert sich jetzt über die Messzeit. Und wenn sich jemand davorstellt und Schatten gibt, dann wird die CO2-Konzentration in der Kammer eher ansteigen, weil die Strahlung in dem Moment fehlt und CO2 in der Kammer freigesetzt wird. Oder wenn wir die Strahlung so schön lassen, dann wird hoffentlich die CO2 Konzentration in der Kammer abnehmen."
Weil es die Pflanzen bei der Fotosynthese verbrauchen.
Zwei Jahre Treibhausgase messen
Fast einhundert Plexiglastonnen sind auf mehreren Feldern verteilt. Das Besondere an diesem Feldversuch ist, dass hier ein direkter Vergleich mit einem benachbarten, konventionell geführten Bauernhof stattfindet. Zwei Jahre lang messen die Forscher die Emissionen von Weizen, Roggen, Erbsen und anderen Sorten. Und zwar nicht nur Kohlendioxid, sondern auch die Treibhausgase Methan und Lachgas, eine Stickstoffverbindung. Die entsteht vor allem in der konventionellen Landwirtschaft, wenn Dünger im Boden mit Sauerstoff reagiert. Ist die konventionelle Landwirtschaft deshalb schlechter fürs Klima? Ganz so einfach ist die Sache nicht, sagt Friedhelm Taube von der Universität Kiel, der Leiter des Forschungsprojekts:
"Wir haben einmal gemessen die Treibhausgasemissionen pro Hektar, also pro Flächeneinheit. Und da ist natürlich der ökologische Landbau, wie es in vielen Studien schon dokumentiert worden ist, deutlich günstiger. Im Ökolandbau wird aber auch nicht so viel produziert. Das heißt, wenn der Verbraucher gewissermaßen dann wissen möchte: Wie ist mein Brot, was ich von Ackerbaustandorten bekomme, mit Treibhausgasemissionen je Kilogramm belastet, dann kommt der Ertrag immer mit in die Bewertung dazu. Das führt dann dazu, dass je Produkteinheit der Ökolandbau immer noch tendenziell besser ist, sich der Vorteil aber deutlich reduziert gegenüber einer Betrachtungsweise je Hektar."
Bio liegt bislang vorne
Das sind die vorläufigen Ergebnisse des ersten Versuchsjahres: Im Durchschnitt verursachte konventionell hergestelltes Getreide 20 Prozent mehr Treibhausgasemissionen als Biogetreide. Aber diese Ergebnisse sind statistisch nicht signifikant und hängen sehr stark von den angebauten Sorten, der Bodenqualität und den Besonderheiten des einzelnen Bauernhofs ab. Taube:
"Es ist eine ganz zentrale Stellgröße, dass im ökologischen Landbau auch ausreichend hohe Erträge erzielt werden. Und das bedeutet, dass man in der Regel im Ökolandbau anstreben muss, nicht nur reinen Ackerbau zu betreiben, sondern zusätzlich Viehhaltung zu betreiben, weil über die Viehhaltung dann organische Dünger eingesetzt werden können, die dann eine deutliche Ertragssteigerung nach sich ziehen."
Es ist also mal wieder komplizierter als zunächst gedacht. Bio gut, Nicht-Bio böse - diese Faustregel lässt sich für die Klimabilanz im Ackerbau nicht aufrecht erhalten. Die Unterschiede zwischen einem Biohof in Schleswig-Holstein und einem Biohof in Bayern sind in der Regel größer als die zwischen einem konventionellen und einem Biobauernhof in ein und derselben Region. Wer durch sein Konsumverhalten etwas gegen die globale Erwärmung tun will, muss nicht auf Bioprodukte umsteigen. Statt dessen wäre eine andere Entscheidung umso wirksamer: weniger Fleisch essen. Der Fleischkonsum macht im Durchschnitt rund 40 Prozent der CO2-Bilanz unserer Ernährung aus.