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Landwirtschaft oder Kläranlagen
Wer ist schuld an der Phosphor-Belastung in Gewässern?

Wenn Seen und Flüsse aus dem Gleichgewicht geraten, ist dafür oft Phosphor verantwortlich. Doch woher die Belastung größtenteils kommt, ist umstritten: Aus der Landwirtschaft? Aus Kläranlagen? Jetzt entlastet eine umstrittene Studie aus Hessen die Bauern. Doch das Umweltbundesamt widerspricht.

Von Ludger Fittkau |
    Ein Bauer düngt mit seinem Traktor einen Acker
    Bisher wird vor allem die Landwirtschaft als Verursacher von zu viel Phosphor in Gewässern betrachtet. (picture alliance / dpa / Jens Büttner)
    Laut den Messungen des Landes Hessen seit 2010 stammen 65 Prozent aller Phospor-Einleitungen - etwa in die Flüsse Fulda, Kinzig und Lahn - aus Kläranlagen. Die Landwirtschaft trägt damit aus Sicht des von einer grünen Ministerin geführten Umweltministeriums in Wiesbaden zum Phosphor-Anteil in Flüssen deutlich weniger bei, als bisher gedacht.
    In einer schriftlichen Stellungnahme teilt das Ministerium dem Deutschlandfunk jedoch mit: "Die Anteile der Phosphat-Einträge in die Gewässer sind von einer Reihe von Faktoren abhängig, u.a. von der Agrarstruktur in Verbindung mit den natürlichen Standortbedingungen. So sind die Ergebnisse z.B. auf Norddeutschland mit seinen Moorgebieten und Torf als Phosphor-Quelle oder stark drainierten Flächen nicht übertragbar. Insofern kann zur Übertragbarkeit keine belastbare Aussage getroffen werden."
    Bauern sehen sich entlastet
    Während der Deutsche Bauernverband aufgrund der hessischen Messergebnisse dennoch die Landwirtschaft als entlastet sieht, bleibt das Umweltbundesamt bei der bisherigen Position: Die Bauern tragen die Hälfte zur Phosphatbelastung in den deutschen Gewässern bei. Volker Mohaupt ist bei der Umweltbehörde Fachgebietsleiter für die Binnengewässer: "Wir haben nie gesagt, dass die Landwirtschaft Haupteinträger von Phosphor ist, sondern das Landwirtschaft und kommunale Kläranlagen etwa gleich groß sind. Und daran ändern die neuen Informationen auch nichts."
    Auch Uwe Bergdolt von Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg ging bisher davon aus, dass die Landwirtschaft zur Hälfte für den Phosphat-Eintrag in die Gewässer des deutschen Südwestens verantwortlich ist. Aber: "Wir nehmen das, was die Hessen machen, ernst. Das heißt, wir werden jetzt bei der Fortschreibung und Verbesserung unserer Modellierung einen klaren Schwerpunkt auf die Verbesserung der landwirtschaftlichen Einträge legen." Ergebnisse seien erst Ende 2019 zu erwarten, bis dahin will sich Baden-Württemberg nun mit Aussagen über die Rolle der Landwirtschaft beim Phosphat-Eintrag in die Gewässer zurückhalten.
    Das Watt leidet - so oder so
    Dass die Umweltfachleute des Landes Hessen die Bedeutung der Kläranlagen bei der Phosphor-Belastung der Gewässer nun höher bewerten als die der Landwirtschaft, erklärt das Umweltbundesamt mit zeitlichen Unterschieden bei der sogenannten "Bioverfügbarkeit" des Phosphors. Das bedeutet, dass chemische Verbindungen, die aus Kläranlagen in die vergleichsweise kleinen Gewässer in Hessen gelangen, sich schneller auflösen und in Umweltorganismen gelangen als die Stoffe, die großflächig aus der Landwirtschaft in die Flüsse und Ströme gespült werden. Doch spätestens das Wattenmeer leide dann unter dem sich langsamer auflösenden Phosphor aus der Landwirtschaft. Volker Mohaupt vom Umweltbundesamt: "Sobald dieser Phosphor weitertransportiert wird Richtung irgendeinem See oder dem Wattenmeer oder der Nordsee - dort wird alles verfügbar und dann ist die Landwirtschaft mit der Hälfte dabei."
    Unstrittig ist jedoch, dass gerade kleine Kläranlagen ohne sogenannte "Phosphatfällung" zur Belastung der Gewässer beitragen. Die "Phosphatfällung" ist eine Klärwerktechnik, bei der Phosphorverbindungen aus dem Abwasser gelöst und fest in den Klärschlamm eingebunden werden. Das hessische Umweltministerium unterstützt diese Technik: "Das Land Hessen unterstützt dementsprechend auch Maßnahmen zur Phospat-Elimination auf Kläranlagen. Messergebnisse zeigen, dass durch bereits durchgeführte Maßnahmen auf den Kläranlagen die Phosphat-Einträge in die Gewässer rückläufig sind und zum Teil die angestrebten Orientierungswerte bereits erreicht sind."
    Obwohl Hessen mit seinen neuen Messergebnissen die Landwirtschaft bei der Verantwortung für die Fließgewässer teilweise entlastet, fordert das Land jedoch weiterhin einen aktiven Beitrag der Bauern für den Gewässerschutz. So sei Überdüngung mit Phosphor auch zum Schutz des Grundwassers zu vermeiden.