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Landwirtschaft
Tabak als Lockstofffabrik

Ungeziefer mit Duftstoffen in die Falle zu locken, ist ein Ansatz in der Schädlingsbekämpfung. Entsprechende Pheromone konnten schwedische Forschern bereits von Pflanzen produzieren lassen. Ihr Ziel sind maßgeschneiderte Pflanzen, die Lockstoffe für bestimmte Schädlinge produzieren.

Von Christine Westerhaus | 26.02.2014
    Auf der Suche nach einem Partner verlassen sich männliche Schmetterlinge ganz und gar auf ihren Geruchssinn. Nehmen sie den artspezifischen Lockstoff eines Weibchens wahr, gibt es für sie kein Halten mehr. Sie fliegen zur Duftquelle und versuchen, sich mit ihr zu paaren. Nicht immer treffen die Männchen bei ihrer Landung jedoch auf ein Weibchen. Manchmal sind es Pflanzen, die liebestolle Insekten auf einen Trick reinfallen lassen, erklärt Christer Löfstedt:
    "Man weiß schon länger, dass einige Orchideen Duftstoffe von Insekten imitieren, um sie anzulocken. Die Männchen versuchen, sich mit den Orchideen zu paaren, weil sie glauben, dass es Weibchen sind, und dabei bestäuben sie die Orchideen. Wir haben vor einigen Jahren gezeigt, dass Orchideen diese Düfte perfekt imitieren können und das brachte uns auf die Idee, auch andere Gewächse dazu zu bringen, Insekten-Pheromone zu produzieren."
    Duftender Tabak
    Genau das ist Christer Löfstedt und seinen Kollegen von der schwedischen Lund-Universität nun gelungen. Sie haben die genetische Anleitung für die Produktion von zwei Sexuallockstoffen in Tabakpflanzen eingeschleust. Diese habe die Forscher später im Gewächshaus gezüchtet und die Duftstoffe daraus destilliert. Dabei haben sie die Wirkung der pflanzlich hergestellten Pheromone mit konventionell erzeugten verglichen.
    "Wir konnten zeigen, dass unsere Duftstoffe annähernd genauso viele Schmetterlinge anlocken, wie chemisch hergestellte. Außerdem wirkten die Lockstoffe sehr spezifisch. Wir haben die Pheromone zweier nah verwandter Arten getestet. Tatsächlich konnten wir mit dem einen Duftstoff die eine Art, mit dem zweiten die andere Art locken. Diese absolute Spezifität und die Wirksamkeit unserer pflanzlich hergestellten Pheromone haben mich überrascht."
    Löfstedts Idealvorstellung sind maßgeschneiderte Pflanzenfabriken, die zwischen die eigentlichen Nutzpflanzen gesät werden - auf die Lockstoffe unterschiedlicher Schädlinge angepasst. Schon seit einigen Jahrzehnten werden Pheromone in der Landwirtschaft eingesetzt, um Schadinsekten bei der Paarung zu stören oder sie in Fallen einzufangen. Ihr entscheidender Vorteil ist, dass Insekten keine Resistenzen gegen Pheromone ausbilden. Lockstoffe sind zudem umweltfreundlicher als Schädlingsbekämpfungsmittel und hinterlassen keine Rückstände. Doch auch ihre Herstellung ist nicht ganz unbedenklich, sagt Löfstedt:
    "Wenn man Pheromone auf konventionelle Weise herstellt, braucht man große Menge Lösungsmittel und andere Substanzen. Außerdem entstehen eine Reihe Nebenprodukte. Schleust man die Gene in eine Pflanze ein und lässt sie die Lockstoffe produzieren, entstehen diese schädlichen Stoffe nicht. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Produktion langfristig auch billiger wird."
    Freilandversuche stehen noch aus
    Bisher haben Löfstedt und seine Kollegen jedoch nur zeigen können, dass Tabakpflanzen solche Pheromone tatsächlich produzieren können. Ob sie diese im Freiland auch abgeben und ob die Menge der Duftstoffe ausreicht, um Männchen ausreichend zu verwirren, muss noch geklärt werden.
    "Wir haben gezeigt, dass das Konzept funktioniert. Ob es auch in großem Maßstab funktioniert wissen wir nicht. Parallel testen wir, ob wir alternativ Hefezellen als kleine Lockstoffbrauereien nutzen können. Wenn Hefezellen Alkohol für den menschlichen Konsum produzieren, können sie auch andere alkoholische Verbindungen herstellen, aus denen diese Lockstoffe bestehen."