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Landwirtschaft und Tierwohl
Greenpeace: Artgerechte Tierhaltung lässt sich finanzieren

Viele Verbraucher wünschen sich bessere Haltungsbedingungen für Nutztiere. Fraglich ist, wie das finanziert werden kann. Greenpeace hat nun in einer Studie Vorschläge vorgestellt, woher das Geld für artgerechte Tierhaltung kommen könnte.

Von Anja Nehls |
Kuh auf der Weide in Linum, Brandenburg
Weniger Tiere, mehr Platz - unter anderem so stellt sich Greenpeace Tierhaltung in Deutschland vor (imago / Schöning)
Artgerechte Tierhaltung kostet Geld, das aufgebracht werden könnte durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Fleischprodukte oder eine emissionsabhängige Abgabe auf CO2 bei der Produktion oder durch die Erhebung einer so genannten Tierwohlabgabe. Dafür spricht sich Martin Hofstetter von Greenpeace aus. Es werde Zeit, die Haltung von Nutztieren in Deutschland endlich grundsätzlich und verbindlich zu ändern, fordert er. Es müsse weniger Tiere geben, die, bevor sie auf dem Teller landen, bessere Lebensbedingungen haben sollen, erklärte Hofstetter und begründet:
"Weil wir riesige regionale Probleme haben, zum Beispiel in Nordwestdeutschland mit den hohen Viehdichten. Weil wir insgesamt viel zu hohe Ammoniakemissionen haben. Wir müssen die Tierhaltung abbauen, da brauchen wir ein Regime, das politisch organisiert werden muss."
Mehr Geld für verpflichtende Regeln
Die Kennzeichnung des Lebensmitteleinzelhandels und das staatliche Tierwohllabel helfen da nicht weiter, meint der Greenpeace-Experte, denn beide Systeme setzen auf Freiwilligkeit. Wenn man allerdings den Landwirten vorschreiben wolle, wie sie ihre Tiere halten sollen, brauche man Geld, so Hofstetter:
"Wir brauchen Planungssicherheit, wir brauchen Investitionssicherheit, wir brauchen aber auch eine Entspannung, einen Abbau der Tierhaltung. Und das kann finanziert werden, indem man Geld in die Hand nimmt, um Landwirte, die sowieso aufhören wollen oder die eine schlechte Tierhaltung haben, rauszukaufen".
Greenpeace setzt auf Tierwohlabgabe
Deshalb schlägt Greenpeace eine sogenannte Tierwohlabgabe vor, die noch sinnvoller sei als eine Mehrwertsteuererhöhung oder eine emissionsabhängige Abgabe. 50 Cent sollte laut Greenpeace jedes Kilo Fleisch im Laden in Zukunft mehr kosten. Der wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung habe ausgerechnet, dass drei bis fünf Milliarden Euro nötig seien, um die Tierhaltung in Deutschland sinnvoll zu verändern. Das liefe dann im Durchschnitt auf 50 Cent pro Kilo Fleisch von den Konsumenten hinaus, so Hofstetter:
"Wir haben verschiedene Varianten gerechnet. Wenn man es pro Tier macht, dann würde man es ja bei den Landwirten einsammeln. Dann hätte man sofort eine Schlechterstellung der deutschen Landwirte, das wäre recht dramatisch, und da haben wir gesagt, gut, dann sammeln wir es lieber im Flaschenhals ein, sprich da, wo das Fleisch verarbeitet wird, oder am Ende, wenn es dann beim Kunden eingesammelt wird. Da haben wir teilweise auch die Fleischimporte mit drin."
Dadurch würde die Nachfrage nach Fleisch in Deutschland sinken, erwartet Greenpeace. Die Bauern könnten mit dem zusätzlichen Geld dann mit weniger Tieren genau so hohe Einnahmen erzielen wie vorher.
"Nachfragekurve flacht ein bisschen ab"
Dass viele Landwirte dann Tiere aus schlechter Haltung einfach ins Ausland verkaufen, fürchtet Ann-Cathrin Beermann* vom Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft nicht:
"Wir sehen auch, dass die Nachfrage im Ausland nicht mehr ganz so stark steigt wie in der Vergangenheit, die Nachfragekurve flacht ein bisschen ab. Es gibt sogar Prognosen, die sagen, dass bis 2050 die Nachfrage deutlich sinken wird, weil sich einfach auch das Konsumverhalten ein bisschen ändert. Wir sehen das ja schon bei uns in Deutschland, die Nachfrage nach Alternativprodukten, Sojaprodukten nimmt zu."
Und auf die gestiegene Nachfrage nach Produkten aus pflanzlicher Produktion sollte man reagieren, indem man den Mehrwertsteuersatz darauf absenkt. Unterm Strich könnten dann die Ausgaben der Haushalte für Lebensmittel sogar sinken. Der Trend, für besseres Fleisch auch mehr Geld zu bezahlen und stattdessen weniger Fleisch zu essen, war bereits auf der vergangenen Grünen Woche zu erkennen**:
"Wir haben um die Ecke privat einen Fleischer, Biohaltung, perfekter geht's nicht. Zum Glück sind wir reiche Rentner, wir können uns das leisten. Ich esse nur einmal in der Woche Fleisch und dafür ein gutes. So ein Bio-Rumpsteak, das ist dann schon besser".
Forderung an Julia Klöckner
Greenpeace fordert *** von Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner verbindliche Kriterien für die Tierhaltung, die mindestens den Stufen zwei und drei des staatlichen Tierwohllabels entsprechen, Geld für die Landwirte, um das auch umzusetzen, eine flächendeckende bessere Kennzeichnung der Produkte und mehr Kontrollen.
(Redaktioneller Hinweis: * In der Ursprungsversion war der Name falsch geschrieben. ** Dieses Zitat wurde in der Ursprungsfassung versehentlich Ann-Cathrin Beermann zugeschrieben. *** Die Forderung wird allein von Greenpeace gestellt, nicht auch vom FÖS.)