Fast jeden Tag Polizeigewalt gegen die Demonstranten rund um den Istanbuler Taksim-Platz. Der Publizist Mustafa Akyol verfolgt die Geschehnisse von seiner Wohnung aus über das Internet. Den offiziellen Medien traut auch er nicht mehr. Dabei hat Akyol in seinen Artikeln jahrelang offen mit der religiös-konservativen Regierung sympathisiert. Doch nun ist er von Regierungschef Erdogan enttäuscht:
"Erdogan muss einsehen, dass er zwar als gewählter Regierungschef die Macht hat. Aber diese Macht gibt ihm nicht das Recht, andere Menschen zu verletzen und zu Widerstand zu provozieren. Ihnen so sehr zuzusetzen, dass sie sich bedrängt und bedroht fühlen."
Doch von einer solchen Einsicht scheint Regierungschef Tayyip Erdogan bislang noch weit entfernt. Im Gegenteil: Auch gestern drohte er den Demonstranten. Seine Geduld sei am Ende:
"Der Gezi-Park ist kein Platz für Besetzer. Es wird von außen versucht, mit der Türkei ein Spiel zu spielen und unsere Wirtschaft zu schädigen. Darum fordere ich als Ministerpräsident dieses Landes alle Gutgesinnten unter den Demonstranten auf, den Park zu verlassen."
Dabei hat der Protest längst auch religiös-konservative Kreise erfasst. Auch junge Frauen und Mädchen mit Kopftuch sind im Widerstandscamp anzutreffen. Freitags wird im Park öffentlich gebetet. Sie bilden eine bunte Koalition; zusammen mit Jungen und Alten, Liberalen und Anarchisten, Feministinnen und Hausfrauen. Das ist neu in der Türkei. Ihnen geht es längst nicht mehr nur um die Rettung der 500 Bäume des Parks. Sie wollen eine andere Türkei. Aber eine, so jedenfalls versucht der Regierungschef seinen Anhängern weiszumachen, in der hemmungslos Alkohol getrunken wird, sogar in Moscheen. Der AKP-Wähler Akyol kann verstehen, dass sich viele seiner Landsleute von der Regierung bevormundet fühlen:
"Ich bin jemand, der das Recht auf Sünde verteidigt. Wenn also jemand etwas tun möchte, das im Islam als Sünde angesehen wird, dann sollte er das Recht dazu haben. Denn wenn man seine eigenen Überzeugungen anderen aufzwingt, dann zwingt man sie zur Heimlichkeit. Man sollte seine Religion teilen – nicht aufzwingen."
Kein Alkohol mehr nach 22 Uhr, keine Dekoltees auf Schulbällen, keine Küsse in U-Bahn-Stationen, dafür aber mindestens drei Kinder für jede Türkin. Die Liste von Beispielen, wo sich säkulare Türken durch die Regierung in ihrem Leben bevormundet fühlen, ist inzwischen lang. Mustafa Akyol vermutet, dass die Diskriminierung, die die Religiös-Konservativen selbst in der Vergangenheit erfahren haben, hinter dieser Politik steckt:
"Früher durften Mädchen mit Kopftuch an unseren Unis nicht studieren. Und Erdogan hatte das Recht, das aufzuheben und gegen diese extreme Art des Säkularismus vorzugehen. Aber jetzt muss er aufpassen, dass er heute nicht das gleiche den Säkularisten antut."
Gestern Abend ging die Polizei erneut mit massiver Gewalt gegen Demonstranten auf dem Taksim-Platz vor. Mustafa Akyol und andere frühere AKP-Anhänger und Weggefährten Erdogans haben den Regierungschef zum Dialog aufgerufen:
"Wenn Erdogan daraus Lehren zieht und seine provozierende Rhetorik beendet, dann kann er in den nächsten Jahren das Land weiterhin erfolgreich regieren. Aber wenn nicht, dann droht eine Eskalation. Will sagen: Mehr Demonstrationen in den nächsten Wochen und Monaten."
Ministerpräsident Erdogan hat angekündigt, am kommenden Wochenende seine Anhänger auf die Straße zu rufen. Damit droht eine direkte Konfrontation der beiden gesellschaftlichen Lager.
"Erdogan muss einsehen, dass er zwar als gewählter Regierungschef die Macht hat. Aber diese Macht gibt ihm nicht das Recht, andere Menschen zu verletzen und zu Widerstand zu provozieren. Ihnen so sehr zuzusetzen, dass sie sich bedrängt und bedroht fühlen."
Doch von einer solchen Einsicht scheint Regierungschef Tayyip Erdogan bislang noch weit entfernt. Im Gegenteil: Auch gestern drohte er den Demonstranten. Seine Geduld sei am Ende:
"Der Gezi-Park ist kein Platz für Besetzer. Es wird von außen versucht, mit der Türkei ein Spiel zu spielen und unsere Wirtschaft zu schädigen. Darum fordere ich als Ministerpräsident dieses Landes alle Gutgesinnten unter den Demonstranten auf, den Park zu verlassen."
Dabei hat der Protest längst auch religiös-konservative Kreise erfasst. Auch junge Frauen und Mädchen mit Kopftuch sind im Widerstandscamp anzutreffen. Freitags wird im Park öffentlich gebetet. Sie bilden eine bunte Koalition; zusammen mit Jungen und Alten, Liberalen und Anarchisten, Feministinnen und Hausfrauen. Das ist neu in der Türkei. Ihnen geht es längst nicht mehr nur um die Rettung der 500 Bäume des Parks. Sie wollen eine andere Türkei. Aber eine, so jedenfalls versucht der Regierungschef seinen Anhängern weiszumachen, in der hemmungslos Alkohol getrunken wird, sogar in Moscheen. Der AKP-Wähler Akyol kann verstehen, dass sich viele seiner Landsleute von der Regierung bevormundet fühlen:
"Ich bin jemand, der das Recht auf Sünde verteidigt. Wenn also jemand etwas tun möchte, das im Islam als Sünde angesehen wird, dann sollte er das Recht dazu haben. Denn wenn man seine eigenen Überzeugungen anderen aufzwingt, dann zwingt man sie zur Heimlichkeit. Man sollte seine Religion teilen – nicht aufzwingen."
Kein Alkohol mehr nach 22 Uhr, keine Dekoltees auf Schulbällen, keine Küsse in U-Bahn-Stationen, dafür aber mindestens drei Kinder für jede Türkin. Die Liste von Beispielen, wo sich säkulare Türken durch die Regierung in ihrem Leben bevormundet fühlen, ist inzwischen lang. Mustafa Akyol vermutet, dass die Diskriminierung, die die Religiös-Konservativen selbst in der Vergangenheit erfahren haben, hinter dieser Politik steckt:
"Früher durften Mädchen mit Kopftuch an unseren Unis nicht studieren. Und Erdogan hatte das Recht, das aufzuheben und gegen diese extreme Art des Säkularismus vorzugehen. Aber jetzt muss er aufpassen, dass er heute nicht das gleiche den Säkularisten antut."
Gestern Abend ging die Polizei erneut mit massiver Gewalt gegen Demonstranten auf dem Taksim-Platz vor. Mustafa Akyol und andere frühere AKP-Anhänger und Weggefährten Erdogans haben den Regierungschef zum Dialog aufgerufen:
"Wenn Erdogan daraus Lehren zieht und seine provozierende Rhetorik beendet, dann kann er in den nächsten Jahren das Land weiterhin erfolgreich regieren. Aber wenn nicht, dann droht eine Eskalation. Will sagen: Mehr Demonstrationen in den nächsten Wochen und Monaten."
Ministerpräsident Erdogan hat angekündigt, am kommenden Wochenende seine Anhänger auf die Straße zu rufen. Damit droht eine direkte Konfrontation der beiden gesellschaftlichen Lager.