Man hört es deutlich, es ist September und der blanke Hans, so wie die Norddeutschen die tosende Sturmflut respektvoll, bildhaft beschreiben, knabbert schon an der Küste, holt sich Zentimeter für Zentimeter das Land zurück. Geschützt sind die Insulaner nur durch natürliche Deiche und Dünen.
Thomas Will und Dirk Endler stehen auf der Düne im Westen der Insel und schauen über den Strand. Beide runzeln ein wenig die Stirn. Am Horizont, kurz vor der Küstenlinie, liegen drei Schiffe.
Laderaumsaugbagger sind das oder auch Hopperbagger genannt. Eigentlich sollten die Schiffe aber nicht liegen, sondern fahren und baggern. Es ist Niedrigwasser, aber der Schwell, die Wellen, sind zu hoch – die Schiffe können nicht das tun, was sie sollen - Sand ausbaggern aus der Accummer Ee und nach Langeoog bringen.
"Damit die Insel sicher ist", erklärt Dirk Endler, der beim Niedersächsischen Küstenschutz arbeitet - und damit die Insulaner Teewasser haben, fügt Thomas Will hinzu, der für die Nassbaggerfirma Rhode Nielsen auf Langeoog ist.
"Ja, so kann man das sagen. Da ist eine Trinkwasserblase, also Süßwasserblase, die gespeist wird durch das Regenwasser."
Langeoog hat als einzige Insel keine externe Versorgung durch das Festland, das gesamte Trinkwasser der Insel wird aus dieser Blase gespeist.
"Diese Blase oder dieses Tal ist ja nur durch diese Düne und den Strand geschützt. Und damit immer genug Puffer da ist, das bei einer Sturmflut das nicht durchbricht, muss das immer wieder erhalten werden."
Natürlicher Ausgleich des Sandverlusts reicht nicht aus
Normalerweise wird der natürliche Sandverlust immer wieder auch auf natürliche Art ausgeglichen - aber auf Langeoog, und auch auf den anderen Inseln reicht es nicht mehr.
"Nördlich der Insel liegt ne große Sandplate, die sich immer weiter Richtung Insel schiebt. Aber zwischen dieser Sandplate und der Insel hat sich ein paralleler Pril gebildet. Und dieser parallele Pril nimmt den Sand mit, der an den Dünen verloren geht und es bauen sich im Moment keine neuen Dünen auf. Wir haben also eine negative Sandbilanz nennen wir das. Wir verlieren Sand und kriegen keinen neuen nach."
Das führt dazu, dass bei schweren Sturmfluten die Wellen kaum noch gebremst werden und erhebliche Dünenabbrüche verursachen. Deshalb die Sandsauger am Horizont, die Will und Endtler beobachten.
"Der Sand wird ja angesaugt, wie ein Staubsauger, durch ne Pumpe, das macht ja ne Pumpe, geht in den Laderaum, und dann wird er hierhergefahren und wird durch die Pumpe hierher gedrückt."
600.000 Kubikmeter Sand sollen die Bagger bis Ende September aus der Accumer Ee geholt haben. Kosten: rund 6 Millionen Euro - die der Bund bezahlt.
"Da hinten sehen sie diese, am Ende dieser Landleitung, da sehen sie so einen Strich, das ist eine Düker-Leitung, ein Leitung, die ist 1500 Meter lang, 600 Millimeter Durchmesser, und die hat dahinten ne Koppelstelle, die liegt also auf dem Grund, und an dieser Koppelstelle besteht die Möglichkeit, dass die Schiffe ankoppeln. Und pumpen dann den Sand, den sie in der Accumer Ee gebaggert haben, an Land."
Alle zwei, drei Jahre muss neu aufgespült werden
Im Laderaum haben rund 1000 Kubikmeter Sand Platz, die zunächst als Sandwassergemisch aus etwa 30 Metern Tiefe angesaugt werden. Das Wasser wird dann abgeleitet und der Sand im Laderaum transportiert. Um den Sand dann über die Dükerleitung zum Strand zu pumpen, wird wieder Wasser beigemischt. Dabei werden 0,3 Kubikmeter pro Sekunde reiner Sand an den Strand geworfen, Bei den zurückliegenden Aufspülungen 2010 und 2013 waren vor der eigentlichen Aufspülung noch Rohre vom Westen der Insel quer über den Badestrand bis vor das Pirolatal verlegt und eingebuddelt worden. Ganz schon aufwändig - wie lange hält der Sandvorrat dann?
"Zwei Jahre, drei Jahre, wie lange haben Sie immer? Das ist abhängig von den Winterstürmen, aber im Durchschnitt, drei Jahre?"
"Wir haben aufgespült 2010, 2013 und jetzt wieder 2017."
Vor 1970 musste nämlich gar nicht aufgespült werden. Das hat vor allem natürliche Ursachen - vielleicht ist aber auch der Klimawandel schuld, dass die Inseln immer mehr und immer schneller kostbaren Sand verlieren?
"Also sagen wir mal so, wenn jetzt das Eis in Grönland weg ist, dann kann man sicherlich sagen, hat was mit dem Klimawandel zu tun. Ob wir jetzt hier drei Sturmfluten mehr haben oder vier weniger, das können wir glaube ich nicht sagen, dass das unbedingt mit dem Klimawandel zu tun hat."
Fakt ist: Langeoog braucht dringend viel Sand. Doch wie viel sind denn überhaupt 600.000 Kubikmeter?
"Womit kann man 600.000 Kubikmeter vergleichen?"
"Ein Fußballplatz hat 5000 Quadratmeter. Wenn ich mich nicht ganz verhaue, wären das 120 Fußballfelder - einen Meter hoch."
Mit Sand. Oder ein Fußballfeld 120 Meter hoch. Das ist etwas 10 Meter weniger als die Cheopspyramide. Seit Juli sind so schon 400.000 Kubikmeter Sand an den Strand gespült worden. 200.000 sind noch übrig.