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Langer Streit um Liturgie und Lehre

Die Ursachen des Konflikts zwischen Vatikan und den Piusbrüdern liegen Jahrzehnte zurück. Gespräche über eine Wiedereingliederung der Piusbruderschaft in die katholische Kirche gab es immer wieder. Bislang blieben sie ohne Erfolg.

Von Matthias Friebe |
    1. November 1970:
    Die Priesterbruderschaft Pius X. wird errichtet. Gründer ist der französische Erzbischof Marcel Lefebvre. Als Sprecher der konservativen Minderheit auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil lehnt er zentrale Entscheidungen des Konzils ab. Im schweizerischen Econe baut die Bruderschaft ein Priesterseminar auf.

    21. November 1974:
    Erzbischof Lefebvre, veröffentlicht eine Grundsatzerklärung. Darin betont er, man hänge mit ganzem Herzen am "katholischen Rom" als Hüterin des katholischen Glaubens und der Tradition. Man lehne es aber ab, dem "neo-modernistischen" und "neo-protestantischen" Rom zu folgen, wie es sich beim Konzil gezeigt habe. 1975 entzieht Rom der Piusbruderschaft die kirchenrechtliche Legitimation.

    22. Juli 1976:
    Nach einem Streit um vom Vatikan verbotene Priesterweihen enthebt Paul VI. Lefebvre seiner bischöflichen Rechte. Der Erzbischof weiht jedoch weiter Priester.

    5. Mai 1988:
    Erzbischof Lefebvre und der Präfekt der römischen Glaubenskongregation, Joseph Kardinal Ratzinger, unterzeichnen ein gemeinsames Protokoll. Zu Gesprächen war es gekommen, nachdem Lefebvre angekündigt hatte, Bischöfe zu weihen. Das Dokument sieht vor, dass die Piusbruderschaft den Status einer "Gesellschaft des Apostolischen Lebens" in der katholischen Kirche erhält und im Gegenzug zentrale Texte des Zweiten Vatikanums anerkennt.

    30. Juni 1988:
    Lefebvre zieht seine Unterschrift zurück und weiht vier Bischöfe. Unter ihnen sind Bernard Fellay sowie Richard Willamson. Einen Tag später werden Lefebvre und die Neugeweihten vom Vatikan exkommuniziert.

    August 2005:
    Der neu gewählte Papst Benedikt XVI. trifft nach langen Jahren ergebnisloser Gespräche mit dem Generaloberen der Piusbrüder, Bernard Fellay und dem Leiter des deutschen Distrikts, Franz Schmidberger zusammen.

    7. Juli 2007:
    Papst Benedikt XVI. erleichtert mit seinem Schreiben "Summorum Pontificium" die Messe nach vorkonziliarem Ritus zu feiern. Er lässt die lateinische Messe als "außergewöhnliche Form des römischen Ritus" wieder zu.

    21. Januar 2009:
    Der Vatikan hebt auf Bitten der Priesterbruderschaft die Exkommunikation gegen die 1988 geweihten Bischöfe der Bruderschaft auf. Um Bischof Williamson, der in einem Fernsehinterview den Holocaust leugnet, entbrennt eine scharfe Debatte. Auch die Piusbruderschaft distanziert sich von Williamson. Durch die Aufhebung der Exkommunikation dürfen die Bischöfe der Piusbruderschaft wieder Sakramente empfangen, nicht aber spenden.

    26. Oktober 2009:
    Am Sitz der Glaubenskongregation in Rom beginnen theologische Gespräche zwischen dem Vatikan und der Bruderschaft in einer, wie es offiziell heißt "herzlichen, respektvollen und konstruktiven Atmosphäre".

    14. September 2011:
    Kardinal Levada, der Präfekt der Glaubenskongregation, übergibt dem Generaloberen der Bruderschaft eine "Doktrinelle Präambel". Ihre Anerkennung und Unterzeichnung wird vom Heiligen Stuhl zur Bedingung für die Versöhnung gemacht.

    16. März 2012:
    Rom weist eine Antwort der Bruderschaft vom Januar auf die Präambel als unzureichend zurück. Im April teilt der Vatikan mit, eine neuerliche Antwort des Traditionalisten-Oberen Bernard Fellay sei positiv. Drei Bischöfe der Bruderschaft, darunter Richard Williamson, schließen eine Einigung mit Rom jedoch weiter kategorisch aus.

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    Hintergrund - Bischof Williamson und die Piusbrüder. Fall des Holocaust-Leugners erneut vor Gericht (DLF) *
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