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Iran-Berichterstattung
Wenn die Aufmerksamkeit schwindet

Seit Monaten gehen Menschen im Iran auf die Straße gegen das Regime der Islamischen Republik. Doch im aktuellen Weltgeschehen rutschen Nachrichten zur Protestbewegung immer weiter nach hinten. Warum Medien weiter berichten sollten, erklärt WDR-Journalistin Isabel Schayani.

Text: Anh Tran | Isabel Schayani im Gespräch mit Brigitte Baetz |
Demonstrierende halten Plakate mit der Aufschrift "They kill us in your silence" und "Femme Vie, Lieberté"
Menschen weltweit gehen seit vergangenen Jahr gegen die Islamische Republik Iran auf die Straßen (dpa | Olivier Donnars)
Der Tod der Kurdin Mahsa Jina Amini hat den Iran verändert: Frauen sind ohne Hijab unterwegs, viele Menschen gehen auf die Straßen für ihre Grundrechte und müssen mit harten Konsequenzen rechnen. Mindestens 40 Demonstrierende wurden festgenommen, mindestens zwei hingerichtet. Weitere sind zum Tode verurteilt.

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Die Journalistinnen Niloofar Hamedi und Elahe Mohammad haben den Tod Aminis publik gemacht. Ihre Arbeit wurde ihnen zum Verhängnis. Das Regime hat die beiden verhaftet. Sie sitzen im berüchtigten Evin-Gefängnis. Im Ranking der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen steht der Iran auf Platz 178 von 180.
Warum die Journalistinnen Niloofar Hamedi und Elahe Moham inhaftiert sind

Interesse steigt langsam und verschwindet schnell

Das Medieninteresse zu den Protesten sei erst langsam gestiegen, habe im Oktober und November einen Höhepunkt erreicht und sei zum Dezember fast komplett verschwunden, sagt WDR-Journalistin Isabel Schayani im Deutschlandfunk.
Die schwindende Aufmerksamkeit habe mehrere Gründe, so Schayani: "Dadurch, dass so wenig Bilder rauskommen, sehen wir keine neuen Demonstrationen." Hintergrund sind die regelmäßigen, weitreichenden Internetsperren des iranischen Regimes. In den kommenden Tagen wird weitere Internetzensur befürchtet.

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Internetsperren können nur mithilfe von virtuellen, privaten Netzwerken, sogenannte VPN, und Browserweiterungen wie "Snowflake" vom Tor-Netzwerk umgangen werden.
Browser-Erweiterung "Snowflake": Wie sich freies Internet im Iran stützen lässt

Blackbox Iran

Isabel Schayani berichtet außerdem von einer zunehmenden Einschüchterung der Bevölkerung: "Dadurch, dass auf einmal diese Welle von Todesurteilen kam, die dann zum Teil wieder revidiert wurden." Allen sei klar: "Wenn du dich auf die Straße wagst oder wenn du nur ein Bild likest oder wenn du nur ein Bild teilst, dann kann es sein, dass es dich Jahre deines Lebens kostet oder gar dein Leben."

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Die Strategie der Regierung sei, eine Art "Blackbox Iran" zu schaffen, also möglichst viele Informationen zurückzuhalten. Für die Massenmedien gehe diese Strategie auch auf, so Schayani. Ganz anders als in den Sozialen Medien. Dort informiere sich die (exil-)iranische Gemeinschaft vor allem. Viele seien von der "Regel-Berichterstattung" enttäuscht.
Mittlerweile gibt es auch kleine, spezialisierte Medienangebote zum Iran, wie den Podcast "Das Iran-Update" der Journalistinnen Gilda Sahebi und Sahar Eslah. Für die Schweizer Wochenzeitung schreibt Solmaz Khorsand seit diesem Jahr die Kolumne "Notizen einer Revolution".

Das Regime nutzt Erregungswellen

In der ersten Ausgabe ihrer Kolumne mahnt Khorsand: "Im Iran ist Stille gefährlich. Es darf nicht ruhig werden, weder analog noch digital. Denn wenn es ruhig wird, kommen die Schergen des Regimes und holen dich." Auch Isabel Schayani bekräftigt: Autokratien, wie Russland und Iran nutzen Erregungswellen. Sobald die Welle abebbt versuchen solche Regime, ihre politischen Ziele durchzusetzen.
Als Leiterin des Online-Projekts "WDRforyou" versucht Isabel Schayani unabhängig von Aufmerksamkeitshochs und -tiefs zu berichten. WDRforyou macht laut eigenen Angaben "Programm für Geflüchtete, Menschen, die neu hier sind und alle Interessierten." Für diese anhaltende Berichterstattung erlebe sie aus der iranischen Community große Dankbarkeit, so Schayani. Denn für Iranerinnen und Iraner in Deutschland bleibt die ungewisse Lage im Land relevant.