"Ich hatte schon Ängste, jetzt hast du wieder ein Fass aufgemacht und hatte nicht so eine genaue Planung, wie das jetzt mit den Nebenfächern ablaufen wird, das hat mich viel Zeit gekostet und da hatte ich einfach latente Ängste, das nicht mehr bis zum Auslaufen des Studiums zu schaffen."
Marko Farwick beschreibt das Gefühl, das ihm die letzten Jahre ein ständiger Begleiter war. 2002 fing er in Berlin an, Kommunikationswissenschaften zu studieren. Damals war er bereits Ende 20, hatte ein kaufmännisches Studium in der Tasche, eine eigene Werbeagentur gegründet und damit nicht nur reichlich Erfahrung und Geld, sondern vor allem auch die nötigen Wartesemester gesammelt, um endlich sein Wunschfach studieren zu können. Parallel dazu aber musste und wollte er arbeiten.
"Das war einfach der Grund, warum das länger gedauert hat, weil ich mich auch immer versucht habe, komplett zu finanzieren und ich überall auch noch mal gearbeitet hab und mir zeitweise das Arbeiten mehr Spaß gemacht hat als das Studieren."
Viele Studenten haben den Faden verloren
So vergingen einige Jahre, indem er sich zunehmend ausgezehrter fühlte. 2010 wechselte er nach Münster, musste dort aber zusätzliche Nebenfächer belegen, die ihn zeitlich vollends aus dem Konzept warfen - auch emotional.
"Das kann wirklich darauf hinauslaufen. Dass das auch was mit dem Selbstwert macht, dass quasi so ein Bewusstsein verloren geht, was man noch kann und was einem gelingt."
Erzählt Amrit Malhotra. Sie hat 2010 an der Westfälischen-Wilhelms Universität in Münster das Programm Endspurt aufgebaut.
"Zu mir kommen speziell diese Personen, die im auslaufenden Studium sind, mit dem Hintergrund, dass sie den Faden verloren haben, dass sie irgendwo im Studium sind, aber nicht mehr genau wissen, wohin die Reise gehen soll."
Prüfungsängste und Strukturierungsprobleme
Teilweise reicht eine einmalige Beratung, wenn nur gewisse Informationen fehlen. Häufig aber kommen die Studierenden regelmäßig. Dabei kann es um Prüfungsängste gehen, um Strukturierungsprobleme, das Immer-Wieder-Aufschieben von Aufgaben, um Motivations- aber auch um persönliche Probleme. Auch Gruppengespräche werden angeboten. Hier treffen die Studierenden Gleichgesinnte und erfahren Verständnis.
"Der Vorteil von Gruppen ist zu sehen, dass man nicht allein ist, sich von anderen einen Rat einzuholen oder umgekehrt da gibt's noch andere und ich muss mich deswegen nicht schämen oder alleine durchkämpfen."
Gemeinsam wird Struktur in das Studium gebracht, ein roter Faden gesucht, geholfen, Entscheidungen zu treffen. Das, so meint Malhotra, kann mitunter auch darauf hinauslaufen, dass das Studium ohne Abschluss beendet wird.
"Von mir gibt es keine Empfehlungen, ich kann natürlich darauf hinweisen, wenn ich den Eindruck hab, Mensch, passt das eigentlich noch oder sind sie nicht längst woanders und das Studium brauchen sie gar nicht mehr."
Seit 2011war Marko Farwick regelmäßiger Teilnehmer der Beratungsgespräche. Hier traf er auf Gleichgesinnte, schloss Freundschaften und fand einen Weg durch den Studiendschungel.
"Ich hab unheimlich viel zum Thema Prioritäten und Zeitmanagement mitnehmen können, also wirklich zu sagen, heute liegt das und das an und du machst das in der und der Zeit und das schaffst du auch und dann hast du Feierabend."
Im September war das Ziel erreicht - kurz vor Auslaufen des Studiengangs hatte er seinen Magister in der Tasche - nach 12 Jahren.
"Ich weiß noch, dass ich am Aasee war, dass es da tatsächlich etwas gab was jetzt auch abfällt, da ist jetzt ne echte Erleichterung."
Jetzt endlich hat er wieder den Kopf frei, um sich auch beruflich seinen Weg zu suchen.