Sandra Schulz: Ein Jahr Zeit hatte er sich ursprünglich gegeben, aber diese ambitionierte Zeitmarke hat US-Präsident Barack Obama schon gerissen. Bis Anfang des Jahres wollte er das umstrittene US-Gefangenenlager Guantanamo schließen; noch ist dieser Schritt nicht in Reichweite. Als eines der schwierigsten Probleme hat sich die Frage erwiesen, was mit den noch rund 200 Häftlingen geschehen soll, die derzeit auf Guantanamo festgehalten werden. Umso schwieriger ist das, da manche als gefährlich gelten, andere nicht, manche nach ihrer Freilassung in den USA bleiben könnten und andere nicht.
Die Aufnahme von Häftlingen in Deutschland prüft Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und dagegen formiert sich jetzt Widerstand, und zwar in der eigenen Partei. Findet die Union eine gemeinsame Linie? Darüber wollen wir in den kommenden Minuten sprechen. Am Telefon begrüße ich Armin Laschet (CDU), Minister für Generationen, Familie, Frauen des Landes Nordrhein-Westfalen. Guten Morgen!
Armin Laschet: Guten Morgen!
Schulz: Herr Laschet, Niedersachsen und Sachsen haben schon abgewunken und Bayerns Innenminister Herrmann stellt klar, "nach Bayern kommt mir keiner rein". Könnten die Guantanamo-Häftlinge nach ihrer Freilassung denn nach Nordrhein-Westfalen kommen?
Laschet: Nein! Auch für Nordrhein-Westfalen, für die Landesregierung ist klar, dass Guantanamo-Häftlinge auf keinen Fall aufgenommen werden. Das ist eine Sache der Vereinigten Staaten, dort hat das ganze Lager und der ganze Konflikt begonnen und ich finde, die Vereinigten Staaten sind auch in der Lage, das selbst zu lösen. Es gibt überhaupt keinen Grund, dass Nordrhein-Westfalen beispielsweise hier ein Land wäre, das Guantanamo-Häftlinge aufnimmt. Deshalb verstehe ich auch vieles in dieser Diskussion nicht.
Schulz: Aber wenn sich Nordrhein-Westfalen sperrt, dann verstehe ich Sie richtig, dass Sie im Kern eigentlich gegen die Schließung des Gefangenenlagers sind?
Laschet: Nein! Es gibt überhaupt keinen Grund, weshalb wir bewerten sollten, es soll geschlossen werden. Die ganze Welt fordert, dass das Lager geschlossen wird. Es geht ja dann um die Frage, welche Häftlinge sind das denn. Mir leuchtet bis heute nicht ein, warum nicht ein Häftling, der beispielsweise komplett unschuldig ist, danach in die Vereinigten Staaten einreist. Das ist ein großes Land mit vielen, vielen Bundesstaaten, das Menschenrechte auch garantiert, und dieser Häftling könnte ja problemlos von Guantanamo in die Vereinigten Staaten verlegt werden. Und wenn man Sicherheitsbedenken hat, dann gibt es noch weniger einen Grund, dass ein solcher Häftling in die Bundesrepublik Deutschland kommt und nicht in einem anderen Land verbleibt.
Schulz: Aber es gehört ja zu dem Verfahren, das jetzt offensichtlich zwischen der Bundesregierung und den USA anvisiert ist, dass die USA darlegen müssen, warum die Betreffenden weder in den USA bleiben können, noch in ihr Heimatland zurückkehren. Es gibt natürlich Häftlinge, für die es eine Zumutung wäre, in dem Land zu bleiben, in dem sie so lange eingesperrt waren, und die dann ihrerseits auch in ihrem Heimatland verfolgt werden könnten. Können Sie sich das nicht vorstellen?
Laschet: Ich kann mir das sehr schwer vorstellen. Die Vereinigten Staaten haben jetzt einen neuen Präsidenten, der ist nicht unmittelbar dafür verantwortlich, dass es dieses Gefangenenlager gibt. Er hat sich davon auch immer klar abgegrenzt. Er ist ein Präsident, der für Menschenrechte steht, und es ist doch fast folgerichtig, wenn er sagt, ich löse das Lager auf, dass ein Häftling dann auch in den Vereinigten Staaten in einem der vielen Bundesstaaten eine Möglichkeit hätte, neu zu beginnen. Aber man schiebt diese Verantwortung nach Europa, man erwartet, dass Europa hier hilft, und ich finde, dass wir in der Flüchtlingspolitik generell darüber nachdenken sollten, wie beispielsweise Deutschland stärker auch bei Resettlement-Programmen der Vereinten Nationen helfen könnte. Wir haben gerade mit großem Engagement hier in Nordrhein-Westfalen irakische Christen und andere Verfolgte aufgenommen, eine neue Willkommenskultur entwickelt in den Städten, wo die Menschen auch plötzlich bereit waren, ja zu sagen zur Aufnahme von Flüchtlingen. Aber das ist etwas völlig anderes, als nun in einem solchen Fall Häftlinge aus Guantanamo aufzunehmen, und ich glaube, das würde insgesamt die Flüchtlingspolitik diskreditieren, wenn die Menschen nicht sicher sein könnten: Keine Sicherheitsrisiken kommen in unser Land. Wir helfen humanitär, aber nicht in solchen Fällen.
Schulz: Herr Laschet, aber wenn Deutschland doch für die Schließung von Guantanamo ist, ist es dann nicht auch folgerichtig zu sagen, dass Deutschland die USA in diesen Bemühungen auch unterstützt?
Laschet: Ja, aber erklären Sie mir doch mal, weshalb ein solch großes, auch mit liberalen Traditionen ausgestattetes Land wie die USA, das einen Präsidenten hat, der ohne jeden Zweifel für Menschenrechte steht, der gleich den Friedensnobelpreis bekommen hat, warum das nicht in der Lage sein sollte, die wenigen Flüchtlinge, die ja dann wohl ungefährlich sein sollen, aufzunehmen?
Schulz: Das ist ja keine Frage, die wir untereinander klären müssen, sondern die Sie vor allem mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière klären müssen, der ja ankündigt, es würden keine Terroristen aufgenommen. Was ist das Problem?
Laschet: Das Problem ist, dass wir, glaube ich, unserer Bevölkerung deutlich machen müssen: Wenn wir bereit sind, auch ein Land zu sein, das stärker Flüchtlinge aufnimmt, als das bisher der Fall war, dann sollte es ein humanitärer Akt sein, dann sollten es Menschen sein, die aus Krisenregionen dieser Erde kommen. Aber dieser Fall ist ein so aufgeheizter, ist auch ein so unklarer. Die Sicherheitsdienste sagen, wir können gar nicht exakt diese Frage beantworten, ob von den potenziell Freigelassenen eine Gefahr ausgeht oder nicht. Wenn da überhaupt darüber diskutiert wird, dass wir sie aufnehmen, dann diskreditiert das vieles von dem, was wir uns vornehmen, und deshalb, glaube ich, dass Thomas de Maizière auch in Nordrhein-Westfalen keinen findet, der bereit wäre zu sagen: Ja, hier ist ein Land, das sie aufnimmt.
Schulz: Es gibt jetzt ja verschiedene Ablehnungen aus verschiedenen Ländern. Es heißt, es sollten dann einfach die Flüchtlinge, wenn sie nach Deutschland kommen, in ein Bundesland gehen, das nicht rechtzeitig nein geschrien hat.
Laschet: Das weiß ich nicht. Ich denke, dass es insgesamt eine Verständigung der Innenminister in der Bundesrepublik Deutschland mit dem Bundesinnenminister über diese Frage geben muss. Da wird es sicher auch noch Gespräche geben. Ich kann mir im Moment nicht vorstellen, dass das nur danach geht, wer laut ruft oder wer laut nicht ruft. Wir sind ja jetzt noch in der Phase, wo man grundsätzlich beantworten muss, gehört das zu unserer Politik, Menschen beispielsweise aus Guantanamo aufzunehmen, und das kann ich mir für Nordrhein-Westfalen nicht vorstellen.
Schulz: Jetzt erklären Sie uns, wie das weitergeht. Bundesinnenminister de Maizière prüft jetzt im Moment die Aufnahme, die Landesminister sind dagegen. Wie will sich die Union denn da auf eine Linie verständigen?
Laschet: Was die Union da macht, ob es da unbedingt eine Unionslinie geben muss, bin ich nicht sicher. Ich habe auch bisher keine sozialdemokratischen Innenminister gehört, die nun sagen: gerne, bitte zu uns. Es ist ein parteipolitischer Streit in Berlin entstanden. Die Grünen erklären plötzlich, dass das aus transatlantischer Solidarität jetzt erforderlich sei. Aber ich würde erst einmal gerne die überzeugenden Antworten hören, weshalb die Vereinigten Staaten dieses Problem nicht selbst lösen können und weshalb wir unsere Politik hier insgesamt zu verändern hätten. Ich glaube, jedes Bundesland wird das für sich beantworten und für Nordrhein-Westfalen kommt das nicht in Betracht.
Schulz: Also aus Ihrer Sicht ist überhaupt kein Verfahren vorstellbar, kein Prüfungsverfahren, an dessen Ende dann doch die Aufnahme früherer Guantanamo-Häftlinge steht?
Laschet: Nein, ist für mich nicht denkbar und es erschließt sich mir bisher auch logisch noch nicht, weshalb es nötig wäre.
Schulz: Aber einer der Kritikpunkte war doch, dass auf Guantanamo Häftlinge ohne rechtsstaatliches Verfahren festgehalten werden. Warum gilt das Argument jetzt plötzlich nicht mehr?
Laschet: Das gilt doch und wir dürfen das doch auch kritisieren. Aber die USA, ein Land mit 250 Millionen Einwohnern, ein großer Rechtsstaat, muss doch in der Lage sein, wenn er ein rechtswidriges Lager, ein völkerrechtswidriges Lager wie Guantanamo einrichtet, auch dafür zu sorgen, dass er es wieder auflöst und die wenigen Menschen dann aufnimmt. Ich finde, das ist geradezu eine moralische Verpflichtung der Vereinigten Staaten von Amerika, und das kann man nun nicht verlagern in andere europäische Staaten, die dafür zunächst überhaupt keine Verantwortung tragen und auch ansonsten zu großen Leistungen bereit sind. Aber ich finde, hier ist auch als Art Wiedergutmachung an denen, die da in Guantanamo sitzen, zunächst die USA gefragt und niemand anders.
Die Aufnahme von Häftlingen in Deutschland prüft Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und dagegen formiert sich jetzt Widerstand, und zwar in der eigenen Partei. Findet die Union eine gemeinsame Linie? Darüber wollen wir in den kommenden Minuten sprechen. Am Telefon begrüße ich Armin Laschet (CDU), Minister für Generationen, Familie, Frauen des Landes Nordrhein-Westfalen. Guten Morgen!
Armin Laschet: Guten Morgen!
Schulz: Herr Laschet, Niedersachsen und Sachsen haben schon abgewunken und Bayerns Innenminister Herrmann stellt klar, "nach Bayern kommt mir keiner rein". Könnten die Guantanamo-Häftlinge nach ihrer Freilassung denn nach Nordrhein-Westfalen kommen?
Laschet: Nein! Auch für Nordrhein-Westfalen, für die Landesregierung ist klar, dass Guantanamo-Häftlinge auf keinen Fall aufgenommen werden. Das ist eine Sache der Vereinigten Staaten, dort hat das ganze Lager und der ganze Konflikt begonnen und ich finde, die Vereinigten Staaten sind auch in der Lage, das selbst zu lösen. Es gibt überhaupt keinen Grund, dass Nordrhein-Westfalen beispielsweise hier ein Land wäre, das Guantanamo-Häftlinge aufnimmt. Deshalb verstehe ich auch vieles in dieser Diskussion nicht.
Schulz: Aber wenn sich Nordrhein-Westfalen sperrt, dann verstehe ich Sie richtig, dass Sie im Kern eigentlich gegen die Schließung des Gefangenenlagers sind?
Laschet: Nein! Es gibt überhaupt keinen Grund, weshalb wir bewerten sollten, es soll geschlossen werden. Die ganze Welt fordert, dass das Lager geschlossen wird. Es geht ja dann um die Frage, welche Häftlinge sind das denn. Mir leuchtet bis heute nicht ein, warum nicht ein Häftling, der beispielsweise komplett unschuldig ist, danach in die Vereinigten Staaten einreist. Das ist ein großes Land mit vielen, vielen Bundesstaaten, das Menschenrechte auch garantiert, und dieser Häftling könnte ja problemlos von Guantanamo in die Vereinigten Staaten verlegt werden. Und wenn man Sicherheitsbedenken hat, dann gibt es noch weniger einen Grund, dass ein solcher Häftling in die Bundesrepublik Deutschland kommt und nicht in einem anderen Land verbleibt.
Schulz: Aber es gehört ja zu dem Verfahren, das jetzt offensichtlich zwischen der Bundesregierung und den USA anvisiert ist, dass die USA darlegen müssen, warum die Betreffenden weder in den USA bleiben können, noch in ihr Heimatland zurückkehren. Es gibt natürlich Häftlinge, für die es eine Zumutung wäre, in dem Land zu bleiben, in dem sie so lange eingesperrt waren, und die dann ihrerseits auch in ihrem Heimatland verfolgt werden könnten. Können Sie sich das nicht vorstellen?
Laschet: Ich kann mir das sehr schwer vorstellen. Die Vereinigten Staaten haben jetzt einen neuen Präsidenten, der ist nicht unmittelbar dafür verantwortlich, dass es dieses Gefangenenlager gibt. Er hat sich davon auch immer klar abgegrenzt. Er ist ein Präsident, der für Menschenrechte steht, und es ist doch fast folgerichtig, wenn er sagt, ich löse das Lager auf, dass ein Häftling dann auch in den Vereinigten Staaten in einem der vielen Bundesstaaten eine Möglichkeit hätte, neu zu beginnen. Aber man schiebt diese Verantwortung nach Europa, man erwartet, dass Europa hier hilft, und ich finde, dass wir in der Flüchtlingspolitik generell darüber nachdenken sollten, wie beispielsweise Deutschland stärker auch bei Resettlement-Programmen der Vereinten Nationen helfen könnte. Wir haben gerade mit großem Engagement hier in Nordrhein-Westfalen irakische Christen und andere Verfolgte aufgenommen, eine neue Willkommenskultur entwickelt in den Städten, wo die Menschen auch plötzlich bereit waren, ja zu sagen zur Aufnahme von Flüchtlingen. Aber das ist etwas völlig anderes, als nun in einem solchen Fall Häftlinge aus Guantanamo aufzunehmen, und ich glaube, das würde insgesamt die Flüchtlingspolitik diskreditieren, wenn die Menschen nicht sicher sein könnten: Keine Sicherheitsrisiken kommen in unser Land. Wir helfen humanitär, aber nicht in solchen Fällen.
Schulz: Herr Laschet, aber wenn Deutschland doch für die Schließung von Guantanamo ist, ist es dann nicht auch folgerichtig zu sagen, dass Deutschland die USA in diesen Bemühungen auch unterstützt?
Laschet: Ja, aber erklären Sie mir doch mal, weshalb ein solch großes, auch mit liberalen Traditionen ausgestattetes Land wie die USA, das einen Präsidenten hat, der ohne jeden Zweifel für Menschenrechte steht, der gleich den Friedensnobelpreis bekommen hat, warum das nicht in der Lage sein sollte, die wenigen Flüchtlinge, die ja dann wohl ungefährlich sein sollen, aufzunehmen?
Schulz: Das ist ja keine Frage, die wir untereinander klären müssen, sondern die Sie vor allem mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière klären müssen, der ja ankündigt, es würden keine Terroristen aufgenommen. Was ist das Problem?
Laschet: Das Problem ist, dass wir, glaube ich, unserer Bevölkerung deutlich machen müssen: Wenn wir bereit sind, auch ein Land zu sein, das stärker Flüchtlinge aufnimmt, als das bisher der Fall war, dann sollte es ein humanitärer Akt sein, dann sollten es Menschen sein, die aus Krisenregionen dieser Erde kommen. Aber dieser Fall ist ein so aufgeheizter, ist auch ein so unklarer. Die Sicherheitsdienste sagen, wir können gar nicht exakt diese Frage beantworten, ob von den potenziell Freigelassenen eine Gefahr ausgeht oder nicht. Wenn da überhaupt darüber diskutiert wird, dass wir sie aufnehmen, dann diskreditiert das vieles von dem, was wir uns vornehmen, und deshalb, glaube ich, dass Thomas de Maizière auch in Nordrhein-Westfalen keinen findet, der bereit wäre zu sagen: Ja, hier ist ein Land, das sie aufnimmt.
Schulz: Es gibt jetzt ja verschiedene Ablehnungen aus verschiedenen Ländern. Es heißt, es sollten dann einfach die Flüchtlinge, wenn sie nach Deutschland kommen, in ein Bundesland gehen, das nicht rechtzeitig nein geschrien hat.
Laschet: Das weiß ich nicht. Ich denke, dass es insgesamt eine Verständigung der Innenminister in der Bundesrepublik Deutschland mit dem Bundesinnenminister über diese Frage geben muss. Da wird es sicher auch noch Gespräche geben. Ich kann mir im Moment nicht vorstellen, dass das nur danach geht, wer laut ruft oder wer laut nicht ruft. Wir sind ja jetzt noch in der Phase, wo man grundsätzlich beantworten muss, gehört das zu unserer Politik, Menschen beispielsweise aus Guantanamo aufzunehmen, und das kann ich mir für Nordrhein-Westfalen nicht vorstellen.
Schulz: Jetzt erklären Sie uns, wie das weitergeht. Bundesinnenminister de Maizière prüft jetzt im Moment die Aufnahme, die Landesminister sind dagegen. Wie will sich die Union denn da auf eine Linie verständigen?
Laschet: Was die Union da macht, ob es da unbedingt eine Unionslinie geben muss, bin ich nicht sicher. Ich habe auch bisher keine sozialdemokratischen Innenminister gehört, die nun sagen: gerne, bitte zu uns. Es ist ein parteipolitischer Streit in Berlin entstanden. Die Grünen erklären plötzlich, dass das aus transatlantischer Solidarität jetzt erforderlich sei. Aber ich würde erst einmal gerne die überzeugenden Antworten hören, weshalb die Vereinigten Staaten dieses Problem nicht selbst lösen können und weshalb wir unsere Politik hier insgesamt zu verändern hätten. Ich glaube, jedes Bundesland wird das für sich beantworten und für Nordrhein-Westfalen kommt das nicht in Betracht.
Schulz: Also aus Ihrer Sicht ist überhaupt kein Verfahren vorstellbar, kein Prüfungsverfahren, an dessen Ende dann doch die Aufnahme früherer Guantanamo-Häftlinge steht?
Laschet: Nein, ist für mich nicht denkbar und es erschließt sich mir bisher auch logisch noch nicht, weshalb es nötig wäre.
Schulz: Aber einer der Kritikpunkte war doch, dass auf Guantanamo Häftlinge ohne rechtsstaatliches Verfahren festgehalten werden. Warum gilt das Argument jetzt plötzlich nicht mehr?
Laschet: Das gilt doch und wir dürfen das doch auch kritisieren. Aber die USA, ein Land mit 250 Millionen Einwohnern, ein großer Rechtsstaat, muss doch in der Lage sein, wenn er ein rechtswidriges Lager, ein völkerrechtswidriges Lager wie Guantanamo einrichtet, auch dafür zu sorgen, dass er es wieder auflöst und die wenigen Menschen dann aufnimmt. Ich finde, das ist geradezu eine moralische Verpflichtung der Vereinigten Staaten von Amerika, und das kann man nun nicht verlagern in andere europäische Staaten, die dafür zunächst überhaupt keine Verantwortung tragen und auch ansonsten zu großen Leistungen bereit sind. Aber ich finde, hier ist auch als Art Wiedergutmachung an denen, die da in Guantanamo sitzen, zunächst die USA gefragt und niemand anders.