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Laschet-Nachfolge in NRW
"Wüst weiß, wie er sich inszeniert, wie ein guter Auftritt funktioniert"

In NRW hat Ministerpräsident Armin Laschet die Nachfolgeregelung eingeleitet und Verkehrsminister Hendrik Wüst als neuen Ministerpräsidenten und Vorsitzenden der Landes-CDU empfohlen. Wofür steht Hendrik Wüst und wie steht es um seine politische Vergangenheit? Ein Überblick von NRW-Korrespondentin Felicitas Boeselager.

Von Felicitas Boeselager |
Hendrik Wüst (CDU), Verkehrsminister von Nordrhein-Westfalen, steht bei einer CDU Fraktionssitzung vor dem Bild von Armin Laschet, Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen.
Hendrik Wüst gilt als wirtschaftsliberal und als konservativer als Armin Laschet, sagt NRW-Korrespondentin Felicitas Boeselager (picture alliance/dpa | Marcel Kusch)
Der nordrhein-westfälische Verkehrsminister Hendrik Wüst soll Nachfolger von Armin Laschet als Ministerpräsident und CDU-Landesparteichef werden. Wüst betonte, er werde sich im Amt des Ministerpräsidenten "vor allem dem Klimaschutz widmen", aber "auch dafür sorgen, dass Nordrhein-Westfalen ein starker Industriestandort" bleibe.
Armin Laschet (l, CDU) und Hendrik Wüst schlagen die Fäuste gegeneinander
Ministerpräsident Laschet hat Wüst als Personalvorschlag für das Amt des Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen (picture alliance/dpa | Marcel Kusch)

Wer ist Hendrik Wüst?

Hendrik Wüst ist Westfale - das hat er am Dienstag (5. Oktober) häufig betont -, kommt aus der Kleinstadt Rhede. Er ist 46 Jahre alt und hat schon eine lange Karriere in der CDU in NRW hinter sich. Wüst war schon als Jugendlicher in der Jungen Union (JU), wurde dann Landesvorsitzender der JU und mit 31 Jahren wurde er unter Jürgen Rüttgers Generalsekretär der CDU in NRW und dann mit 41 Jahren ist er seit 2017 Verkehrsminister in NRW.
Bevor er Landtagsabgeordneter wurde, hat er Jura studiert und bei einer Unternehmensberatung gearbeitet, aber jetzt ist er schon seit einer ganzen Weile Berufspolitiker.
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Aus sächsischer Perspektive sei der Bundestagswahlkampf ein Desaster gewesen, sagte der CDU-Abgeordnete Carsten Körber. Er sei irritiert, wie man aus diesem Ergebnis einen Regierungsbildungsauftrag ableiten könne.
Hendrik Wüst gilt als wirtschaftsliberal und als konservativer als Armin Laschet. Er hat zum Beispiel bei der Flüchtlingskrise 2015 für einen strengeren Kurs als Laschet plädiert. Laschet hatte damals den Merkel-Kurs unterstützt. Doch Wüst präsentiert sich in letzter Zeit mittiger. So hat er zum Beispiel nach der Bundestagswahl getwittert, bei diesen Wählerwanderungen sollte niemand auf die Idee kommen, die Union nach rechts rücken zu wollen.

Hendrik Wüst stand schon im Mittelpunkt von Skandalen. Worum ging es da?

Insgesamt sind drei Affären hervorzuheben. Erstens die sogenannte Videoaffäre vor der Bundestagswahl 2009. Die CDU hatte damals eine Produktionsfirma damit beauftragt, die Wahlkampfreden von Hannelore Kraft zu filmen. Kraft war damals die Landesvorsitzende der NRW-SPD. Es gab dann einen Bericht, dass die Staatskanzlei angeblich an dieser Aktion beteiligt gewesen sei, und da schaltete sich damals dann das LKA ein. Wüst hat als Generalsekretär damals von dieser Überwachung von Hannelore Kraft wohl gewusst.
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Zweitens gab es Vorwürfe, dass Wüst mehrere Jahre lang zu hohe Zuschüsse von seiner Kranken- und Pflegeversicherung angenommen haben soll und dass er diese nicht mit den Leistungen des Parlaments verrechnet haben soll.
Der größte und dritte Skandal war die sogenannte Sponsoring-Affäre, und wegen dieser Affäre hat Hendrik Wüst schließlich auch sein Amt als Generalsekretär niederlegen müssen. Es ging darum, dass in Briefen an mögliche Sponsoren Einzeltermine mit dem damaligen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers angeboten wurden, und zwar gegen Geld. Es stand der Vorwurf im Raum, die Regierungspartei sei käuflich, und Wüst musste zurücktreten.

Hendrik Wüst soll CDU-Landesvorsitzender werden. Wird er denn auch Ministerpräsident?

Ja, davon ist auszugehen. Der Fraktionsvorsitzende der CDU in NRW wurde gestern gefragt, wie sicher es sei, dass Wüst gewählt wird, und da hat er geantwortet: "Sehr sicher". Als Laschet Wüst am Dienstag als seinen Nachfolger vorgeschlagen hat, standen sowohl die gesammelte Fraktion als auch alle Kabinettsmitglieder der CDU hinter Laschet und Wüst und haben applaudiert und gejubelt. Der CDU in NRW ist hier viel daran gelegen, Geschlossenheit zu demonstrieren.
Armin Laschet (l, CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, steht neben Hendrik Wüst (CDU), Verkehrsminister von Nordrhein-Westfalen, während eines Statements. 
Ministerpräsident Laschet hat Wüst für das Amt des Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen und den CDU-Landesvorsitz vorgeschlagen. (dpa)
Die FDP, die in NRW mit der CDU regiert, hat schon vorab gesagt, dass sie die Entscheidung der CDU unterstützen wird und den Ministerpräsidenten wählen wird. Die schwarz-gelbe Koalition in NRW regiert ja nur mit einer Stimme Mehrheit. Da darf dann niemand bei der Wahl des Ministerpräsidenten abweichen.

Worin unterscheidet sich seine Wüsts Art, Politik zu machen, von der Armin Laschets?

In seiner Zeit als junger Politiker galt Hendrik Wüst als jemand, der gerne provoziert. Es wurde gesagt, er sei zum Teil rüpelhaft gewesen und sehr scharf in der Debatte. Solche Szenen sind jetzt von ihm als Verkehrsminister nicht mehr bekannt. Er scheint jetzt gelassener, geschmeidiger geworden zu sein, und er hat die Bilder, die von ihm entstehen, sehr gut im Griff.
Das ist auch zunächst der auffälligste Unterschied zu Armin Laschet. Wüst weiß, wie er sich inszeniert, wie ein guter Auftritt funktioniert. Das sieht man zum Beispiel bei seinen Social Media-Auftritten. Während Armin Laschet selbst immer wieder gesagt hat, dass er Inszenierungen nicht mag und für nicht authentisch hält.
Laschet wird häufig nachgesagt, er sei etwas schlampig. Wüst hingegen gilt als korrekt und aus dem Verkehrsministerium heißt es, er sei ein Aktenfresser.
Hier in NRW ist Laschet in der Koalition zwischen FDP und CDU als Vereiner und Verbinder bekannt. Unter anderem wird es ihm angerechnet, dass die Koalition in NRW so reibungslos zusammenarbeitet. Ob Wüst es gelingt, die Koalition hier auch so zusammenzuhalten wie Laschet, das muss sich noch zeigen, aber er hat sich dieses verbindende Element von Laschet Dienstagabend zum Vorbild genommen.