Die Grünen haben gezeigt, wie man eine wichtige Personalentscheidung halbwegs geräuschlos, konsensual und ohne einen der Beteiligten zu beschädigen, lösen kann. Die Union gebärdet sich seit Wochen in der gleichen Personalfrage mit Intrigen, Rankünen, Monologen und Dialogen. Grandiose Inszenierung oder Verwechslung von Wirklichkeit und Bühne? Der Kölner Theaterwissenschaftler Peter Marx sieht sowohl Tragödie, Komödie und auch gewisse Variationen des Kasperletheaters in diesem Streit, er diagnostizierte im Deutschlandfunk "eine große Lust am ausgetragenen Konflikt".
Jede Kleinigkeit wird zum Ereignis
Es sei letztlich auch ein Merkmal einer Demokratie, dass über zentrale Fragen öffentlich gestritten werde, so Marx, "und da wird dann, auch weil wir im Moment alle hypersensibel zuhause sitzen, jede Kleinigkeit zum Ereignis, zum Konflikt hochstilisiert. Und gerade ein Generationskonflikt, wie er jetzt ansteht mit dem Ende der Ära Merkel, verlangt auch nach ein bisschen Drama."
Den Vergleich mit Shakespeares Königsdramen könne man durchaus ziehen, findet Peter Marx, Armin Laschet wäre eher der Philosophenkönig Heinrich VI., der nicht sicher sei, ob er eigentlich herrschen wolle, Markus Söder inszeniere sich dagegen als eine Gestalt wie Heinrich V., als ein Feldherr, der seine Truppen versammle.
"Wir sind ein unterhaltungssüchtiges Publikum"
"Wenn man sich klarmacht, dass wir ein unterhaltungssüchtiges Publikum sind - das betrifft die Zuschauer, die Medien und die Mediennutzer - dann haben wir sehr schnell eine Konstellation, wo man sieht, dass Polarisierung, dass Zuspitzung natürlich wesentlich aufregender ist, als eine konsensuale Problemlösung." Wenn die Berlinreise von Markus Söder plötzlich zu einem nationalen Ereignis werde, dann stünden vielleicht nicht immer die wichtigsten Fragen im Zentrum, sagte der Theaterwissenschaftler.