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Last-minute-Studienplätze

Das Sommersemester 2012 hat bereits begonnen, aber Kurzentschlossene können sich noch auf Studienplätze bewerben. Auf der Studienplatzbörse vom Zentrum für Hochschulzulassung im Internet finden sich 50 Studiengänge, bei denen noch nicht alle Plätze vergeben sind.

Bernhard Scheer im Gespräch mit Manfred Götzke |
    Manfred Götzke: Sie waren längere Zeit im Urlaub und haben sich ganz spontan entschlossen, zum Sommersemester mit einem Studium zu beginnen? Kein Problem, das geht noch! Obwohl heute der Vorlesungsbetrieb an den meisten Unis in Deutschland losgeht, kann man sich last minute noch bewerben. Natürlich nicht für die begehrtesten NC-Fächer, aber die Auswahl ist gar nicht mal so übersichtlich. Und darüber möchte ich mit Bernhard Scheer vom Zentrum für Hochschulzulassung sprechen. Diese Stiftung betreibt nämlich die Studienplatzbörse freie-studienplaetze.de, auf der die Hochschulen melden, was sie noch so alles zu vergeben haben. Herr Scheer, wie viele Studienplätze sind denn noch zu bekommen?

    Bernhard Scheer: Oh, das ist eine gute Frage, die nur schwer im Moment zu beantworten ist. Es gibt ja eine ganze Reihe von Studiengängen, ungefähr die Hälfte in Deutschland, die sind zulassungsfrei. Da kann man also auch kurz vor Toresschluss noch hingehen und sich einschreiben. Es gibt natürlich die andere Hälfte, die zulassungsbeschränkt sind, dort gibt es zurzeit nur noch relativ wenig Angebote.

    Götzke: Können Sie vielleicht mal ein paar Beispiele nennen, was ich noch studieren kann?

    Scheer: Also, frei sind noch einige Lehramtsangebote, die man dort im Moment findet, beispielsweise an der Uni Koblenz, Lehramt Kunst, Chemie, Religion, Musik, Physik, solche Sachen sind verfügbar. Dann gibt es einige Angebote Informatik in Oldenburg, auch in Koblenz und in Essen, Wirtschaftspsychologie an einer privaten Fachhochschule in Heidelberg steht da beispielsweise auch drin.

    Götzke: Sie haben es ja gerade schon genannt: Einerseits geht es um NC-freie Fächer, aber eben auch NC-Fächer, die ja eigentlich stark nachgefragt sind, sehr begehrt sind. Wie kommt das denn, dass hier überhaupt noch Plätze vorhanden sind?

    Scheer: Das liegt im Regelwerk begründet, dass die Hochschulen ihr normales Auswahlverfahren machen, auch ihre Nachrückverfahren normal machen, dann aber irgendwann sagen, so, jetzt ist die offizielle Studienplatzvergabe beendet. Wenn dann noch Plätze frei sein sollten oder wieder frei werden, weil ein Immatrikulierter sich woandershin orientiert hat, dann muss die Hochschule diese Plätze anbieten in einem Losverfahren.

    Götzke: Da geht es um Mehrfachbewerbungen?

    Scheer: Genau. Beispielsweise, wenn jemand sich dann wieder exmatrikuliert, da könnte dann eine Mehrfachbewerbung hinter stecken, dass er jetzt von einer anderen Hochschule noch ein Angebot bekommen hat, die ihm aus welchen Gründen auch immer lieber ist, und er sich dann bei seiner ersten Hochschule, wo er sich schon eingeschrieben hat, wieder ausschreibt.

    Götzke: Jetzt haben wir ungefähr 50 Studiengänge, wenn man auf der Seite schaut, bei denen es noch Plätze gibt. Wie muss ich mich denn da jetzt bewerben, wie läuft das Verfahren ab?

    Scheer: Wenn man dort auf der Seite ein Angebot gefunden hat, was einen interessiert, kann man sich von dort aus weiterklicken zu den entsprechenden Informationsseiten der Hochschule, wo man auch noch mal was über die Studieninhalte, den Studienaufbau erfahren kann. Und dort findet man dann auch Hinweise, wie man sich bewerben kann. Das kann dann sein, dass man sich über eine Postkarte oder einen kleinen Brief dort bewirbt, das kann sein, dass man auf der Website ein entsprechendes Formular herunterladen muss, oder das kann auch eine Online-Bewerbung sein. Aber diese Information findet man dann immer auf der entsprechenden Seite der Hochschule.

    Götzke: Und am Ende wird dann noch gelost?

    Scheer: Am Ende wird gelost, genau.

    Götzke: Nach dem Wintersemesterstart geisterte die Zahl durch die Medien 17.000 Studienplätze seien trotz Studienplatzbörse, Nachrückverfahren et cetera nicht vergeben worden, obwohl der Bewerberansturm so groß war wie nie. Jetzt bewerben sich zum Sommersemester nicht so viele, es gibt nicht so viele Studienangebote, die da starten. Wird es trotzdem dieses Phänomen wieder geben, dass Studienplätze nicht belegt werden?

    Scheer: Es kann natürlich sein, dass eine Hochschule ein Fach mit Numerus clausus belegt hat, weil sie aus der Vergangenheit weiß, sie hat immer sehr, sehr viele Bewerbungen dafür, und deshalb sagt, wir können jetzt nicht einfach volllaufen lassen diesen Studiengang, sondern wir müssen über ein Auswahlverfahren die künftigen Studierenden bestimmen. Wenn aber dann sich doch nicht letztendlich so viele Leute einschreiben, wie Plätze verfügbar sind, dann entstehen natürlich formal dort freie Plätze. Ob aber wirklich dafür, für diese freien Plätze, auch noch ein echtes Interesse vorhanden ist, das kann man sehr schwer abschätzen, weil ja, wie wir gerade auch schon gesagt haben, sehr viele Leute sich zehnfach, zwanzigfach bewerben, um ihre Chancen auf einen Studienplatz breit aufzustellen.

    Götzke: Dieses Problem der Mehrfachbewerbungen sollte ja eigentlich demnächst der Vergangenheit angehören, wenn es das dialogorientierte Zulassungsverfahren online gibt auf hochschulstart.de. Das hat ja lange Jahre trotz Ankündigung nicht geklappt. Wie wird das aussehen zum Wintersemester, haben wir da ein funktionierendes System oder nicht?

    Scheer: Wir werden zum Wintersemester ein funktionierendes System haben, allerdings in einem Pilotbetrieb. Das heißt, wir werden mit einigen wenigen Hochschulen starten, um die ganze Technik weiter zu verfeinern und auszutesten. Und wir hoffen dann, dass wir in den Semestern darauf dann mit einem großen, weitgehend flächendeckenden Angebot dieses Problem dann lösen können.

    Götzke: Das heißt, zum Wintersemester droht dann wieder ein Zulassungschaos?

    Scheer: Zum Wintersemester wird es für die Studienplatzbewerber wieder so sein, dass sie sich sehr breit bewerben müssen, dass sie viele Hochschulen, die das Fach ihrer Wahl anbieten, dann auch entsprechend mit einer Bewerbung versehen, wenn das Fach ihrer Wahl ein zulassungsbeschränktes Fach ist.

    Götzke: Jetzt beginnt aber erst mal das Sommersemester und auch für dieses kann man sich noch last minute bewerben, auf freie-studienplaetze.de gibt es die entsprechenden Infos. Bernhard Scheer von der Stiftung für Hochschulzulassung hat uns erklärt, wie es funktioniert. Vielen Dank!


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