Georg Ehring: Die Zeiten, wo der Buchhalter das Gehalt in Briefumschlägen bei einem Rundgang durch den Betrieb verteilte, sind lange vorbei. Der Zahlungsverkehr läuft immer mehr ohne Bargeld. Heute ist ohne Bankkonto eine Teilnahme am normalen Leben kaum noch möglich. EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier will heute eine Empfehlung vorlegen, nach der jeder EU-Bürger ein Anrecht auf ein Bankkonto hat. Rund 30 Millionen Menschen haben derzeit keinen Zugang zu einem regulären Konto, so die Schätzung der Europäischen Union. Und darüber, wie es ist, ohne Konto zu leben, möchte ich jetzt mit Magdalena Krüll sprechen. Sie ist Leiterin der Kölner Schuldnerberatung der Caritas. Guten Tag, Frau Krüll.
Magdalena Krüll: Guten Tag, Herr Ehring.
Ehring: Frau Krüll, wie sieht es denn in Deutschland aus? Kann hier jeder Mensch ein Bankkonto bekommen nach Ihrer Erfahrung?
Krüll: Leider nein. Bei uns sind viele Kunden, die über so ein Konto nicht verfügen. Es wurde ihnen teilweise gekündigt, oder sie können überhaupt keines eröffnen und haben dadurch diverse Schwierigkeiten.
Ehring: Aber es gibt doch schon seit vielen Jahren, seit 1996, eine Selbstverpflichtung des Zentralen Kreditausschusses, danach könnte jeder zumindest ein Konto auf Guthabenbasis, also ein Konto, das man nicht überziehen kann, bekommen.
Krüll: Das ist richtig. Nur leider ist es eine freiwillige Selbstverpflichtung und der Zentrale Kreditausschuss hat das auch als solches formuliert, und da stehen zum Beispiel Kriterien drin wie "wenn das Konto gefährdet ist durch vollstreckende Gläubiger". Das bedeutet nichts anderes: Sobald eine Kontenpfändung eingeht, besteht die Gefahr, dass die Bank das Konto kündigt, und dann steht der Schuldner wieder ohne Konto da und hat oftmals Schwierigkeiten, bei einer anderen Bank ein neues zu eröffnen. Also es ist eine Freiwilligkeit und es gibt keine gesetzliche Grundlage dazu.
Ehring: Wie läuft denn das Leben, wenn man dann kein Konto mehr hat? Wie sind dann die Einschränkungen, womit muss man klar kommen?
Krüll: Man muss zum Beispiel klar kommen, wenn man ein Bewerbungsgespräch bei einem Arbeitgeber macht und dieser nach Kontoverbindungen fragt, dass es sehr irritierend ist für einen Arbeitgeber, wenn man keine vorweisen kann. Des Weiteren ist es bei manchen Institutionen wie Telekommunikation oder bei öffentlichen Verkehrsmitteln zwangsläufig so, dass man nur Abbuchungsverfahren machen kann, und so zum Beispiel kann man kein Schüler-Abo eröffnen oder sonstiges. Das ist schon eine gewaltige Diskriminierung für die Menschen.
Ehring: Geht es nicht per Bareinzahlung, zum Beispiel bei der Bank?
Krüll: Das geht auch immer per Bareinzahlung. Allerdings entstehen dort Kontoführungsgebühren beziehungsweise Bargeld-Einzahlungsgebüren von 30 bis 40 Euro zusätzlich. Das können Menschen mit Arbeitslosengeld II beispielsweise überhaupt nicht erbringen. Nur wie gesagt, bei gewissen Institutionen geht das eben gar nicht, die verlangen ein Konto zur Abbuchung.
Ehring: Können Sie denn den Menschen dabei helfen, wieder an ein Konto zu kommen, und wie geht das?
Krüll: In aller Regel ist es so, dass es Schlichtungsstellen gibt, jeweils bei den Banken. Leider ist es so, dass die Banken den Kunden diese Schlichtungsstellen nicht benennen, oder darauf aufmerksam machen. Das heißt, sie wissen gar nicht, wie sie sich wehren können. Das versuchen wir dann. So ist es zum Beispiel bei den Sparkassen in NRW die Sparkassenaufsicht in Düsseldorf beim Finanzministerium, die dann intervenieren kann.
Ehring: Das heißt, mit ihrer Hilfe kommt man dann doch irgendwie an sein Konto?
Krüll: In aller Regel schon.
Ehring: Und es gibt ein Pfändungsschutzkonto. Kann man so etwas nicht wenigstens immer eröffnen?
Krüll: Das kann man leider nicht, das ist das Problem. Das Pfändungsschutzkonto kann man nur aus einem bestehenden Guthabenkonto einrichten. Das heißt, das bestehende Guthabenkonto wird in ein Pfändungsschutzkonto umgewandelt und es geht nicht, dass man zur Bank gehen kann und kann sagen, ich habe hier Probleme, ich habe Schulden, ich möchte ein Pfändungsschutzkonto eröffnen. Das wird besonders schwierig ab dem 1.1.2012, weil es dann nur noch über Pfändungsschutzkonten geht, dass man bei Schulden ein Konto führen kann.
Ehring: Herzlichen Dank! – Das war Magdalena Krüll von der Caritas-Schuldnerberatungsstelle in Köln.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Magdalena Krüll: Guten Tag, Herr Ehring.
Ehring: Frau Krüll, wie sieht es denn in Deutschland aus? Kann hier jeder Mensch ein Bankkonto bekommen nach Ihrer Erfahrung?
Krüll: Leider nein. Bei uns sind viele Kunden, die über so ein Konto nicht verfügen. Es wurde ihnen teilweise gekündigt, oder sie können überhaupt keines eröffnen und haben dadurch diverse Schwierigkeiten.
Ehring: Aber es gibt doch schon seit vielen Jahren, seit 1996, eine Selbstverpflichtung des Zentralen Kreditausschusses, danach könnte jeder zumindest ein Konto auf Guthabenbasis, also ein Konto, das man nicht überziehen kann, bekommen.
Krüll: Das ist richtig. Nur leider ist es eine freiwillige Selbstverpflichtung und der Zentrale Kreditausschuss hat das auch als solches formuliert, und da stehen zum Beispiel Kriterien drin wie "wenn das Konto gefährdet ist durch vollstreckende Gläubiger". Das bedeutet nichts anderes: Sobald eine Kontenpfändung eingeht, besteht die Gefahr, dass die Bank das Konto kündigt, und dann steht der Schuldner wieder ohne Konto da und hat oftmals Schwierigkeiten, bei einer anderen Bank ein neues zu eröffnen. Also es ist eine Freiwilligkeit und es gibt keine gesetzliche Grundlage dazu.
Ehring: Wie läuft denn das Leben, wenn man dann kein Konto mehr hat? Wie sind dann die Einschränkungen, womit muss man klar kommen?
Krüll: Man muss zum Beispiel klar kommen, wenn man ein Bewerbungsgespräch bei einem Arbeitgeber macht und dieser nach Kontoverbindungen fragt, dass es sehr irritierend ist für einen Arbeitgeber, wenn man keine vorweisen kann. Des Weiteren ist es bei manchen Institutionen wie Telekommunikation oder bei öffentlichen Verkehrsmitteln zwangsläufig so, dass man nur Abbuchungsverfahren machen kann, und so zum Beispiel kann man kein Schüler-Abo eröffnen oder sonstiges. Das ist schon eine gewaltige Diskriminierung für die Menschen.
Ehring: Geht es nicht per Bareinzahlung, zum Beispiel bei der Bank?
Krüll: Das geht auch immer per Bareinzahlung. Allerdings entstehen dort Kontoführungsgebühren beziehungsweise Bargeld-Einzahlungsgebüren von 30 bis 40 Euro zusätzlich. Das können Menschen mit Arbeitslosengeld II beispielsweise überhaupt nicht erbringen. Nur wie gesagt, bei gewissen Institutionen geht das eben gar nicht, die verlangen ein Konto zur Abbuchung.
Ehring: Können Sie denn den Menschen dabei helfen, wieder an ein Konto zu kommen, und wie geht das?
Krüll: In aller Regel ist es so, dass es Schlichtungsstellen gibt, jeweils bei den Banken. Leider ist es so, dass die Banken den Kunden diese Schlichtungsstellen nicht benennen, oder darauf aufmerksam machen. Das heißt, sie wissen gar nicht, wie sie sich wehren können. Das versuchen wir dann. So ist es zum Beispiel bei den Sparkassen in NRW die Sparkassenaufsicht in Düsseldorf beim Finanzministerium, die dann intervenieren kann.
Ehring: Das heißt, mit ihrer Hilfe kommt man dann doch irgendwie an sein Konto?
Krüll: In aller Regel schon.
Ehring: Und es gibt ein Pfändungsschutzkonto. Kann man so etwas nicht wenigstens immer eröffnen?
Krüll: Das kann man leider nicht, das ist das Problem. Das Pfändungsschutzkonto kann man nur aus einem bestehenden Guthabenkonto einrichten. Das heißt, das bestehende Guthabenkonto wird in ein Pfändungsschutzkonto umgewandelt und es geht nicht, dass man zur Bank gehen kann und kann sagen, ich habe hier Probleme, ich habe Schulden, ich möchte ein Pfändungsschutzkonto eröffnen. Das wird besonders schwierig ab dem 1.1.2012, weil es dann nur noch über Pfändungsschutzkonten geht, dass man bei Schulden ein Konto führen kann.
Ehring: Herzlichen Dank! – Das war Magdalena Krüll von der Caritas-Schuldnerberatungsstelle in Köln.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.