Früher Nachmittag in Karlsbad, vor dem Museum der Likörfabrik Becherovka hat sich eine Schlange gebildet. Gleich beginnt hier eine russischsprachige Führung, sie ist restlos ausverkauft. In der Kurstadt Karlsbad herrscht Hochsaison, der Ansturm ist gewaltig. Wer von dem Museum aus durch das historische Kurzentrum schlendert, vorbei an den verschwenderischen Zuckerbäcker-Fassaden und entlang der alten Kolonnaden, hört vor allem Russisch. Wenn Martin Loyda aus seinem Bürofenster schaut, sieht er den Touristenstrom – und wittert gute Geschäfte. Er ist einer der alt eingesessenen Immobilienmakler.
"Um das Jahr 2000 herum fing das größte Interesse aus Russland an. Die ganze Zeit über ging es steil bergauf mit der Nachfrage – bis zum Jahr 2008. Da hat die Krise auch die russischen Käufer getroffen. Sie wollten lieber liquide bleiben und nicht in Immobilien investieren."
Die Preise für Appartements sind seither auch in den lukrativen Karlsbader Lagen gesunken. Aber es ist nicht nur die Krise, die dafür verantwortlich ist: Seit 2007 ist Tschechien Mitglied der Schengenzone und hat deshalb striktere Auflagen für Aufenthaltsgenehmigungen und Visa. Das sei für die russischen Investoren oft das größte Hindernis, beobachtet Makler Martin Loyda :
"Es ist nicht das Problem, dass sie gar nicht kommen könnten – aber sie können eben nicht einreisen, wann sie möchten. Wenn jemand hier eine Immobilie besitzt, kann er nicht morgens in Moskau aufwachen und spontan entscheiden, nach Karlsbad zu kommen, weil das Visum mit einer längeren Vorlaufzeit verbunden ist. Das macht den Investoren natürlich etwas aus."
Mit Neid schaut Loyda auf die Visumspolitik anderer Länder:
"Im früheren Jugoslawien etwa, in Montenegro: Da gab es Gesetze, nach denen jeder Immobilienkäufer automatisch ein permanentes Visum bekommen hat. Die Makler vor Ort haben ihr gesamtes Angebot quasi über Nacht verkauft."
In Tschechien sind solche komfortablen Visa wegen der Schengenmitgliedschaft vorerst undenkbar. Trotzdem: Die Zahl der Russen, die sich für Tschechien interessieren, wächst immer noch. Rund 33.000 russische Staatsbürger haben derzeit eine Aufenthaltsgenehmigung, das sind fast doppelt so viele wie noch im Jahr 2007. Stanislav Burachovic forscht als Historiker über das russische Interesse an Karlsbad. Für ihn erklärt sich die Entwicklung vor allem mit veränderten Interessen:
"Das ist ein soziologisches Phänomen: Seit Hunderten von Jahren schon kommen die Russen und kuren, danach sind sie stets wieder in die Heimat zurückgekehrt. Seit 20 Jahren aber bauen sich viele Russen hier eine dauerhafte Existenz auf – das ist eine neue Entwicklung."
Es sind also nicht mehr die millionenschweren Käufer, die sich aus Prestigegründen eine Luxuswohnung kaufen – diese Gruppe wird oft von der Visumspolitik abgeschreckt. Stattdessen kommt jetzt die Mittelschicht, die sich dauerhaft in Karlsbad niederlässt. Sie arbeiten als Verkäufer in russischen Boutiquen, sie verwalten die Immobilien von schwerreichen Investoren oder gründen eigene Unternehmen. Makler Martin Loyda verkauft deshalb inzwischen auch viele Mittelklasse-Wohnungen an Russen, während das Interesse an den teuersten Appartements spürbar nachlasse.
"Selbst bei Neubauprojekten überwiegt inzwischen das Interesse von Russen. Schauen Sie hier, das ist ein Prospekt von einem Appartementblock, der gerade gebaut wird. Ursprünglich haben wir gedacht, dass vor allem Einheimische zuschlagen. Aber es sind selbst in diesem Segment vor allem Russen, die sich dafür interessieren."
Die Karlsbader selbst haben sich inzwischen daran gewöhnt, dass ihr Kurzentrum stellenweise wie eine russische Enklave wirkt. Auch Historiker Stanislav Burachovic zuckt mit den Schultern.
"Für alle Versuche, das irgendwie einzuschränken, ist es schon zu spät nach 20 Jahren. Das große Interesse stammt ja noch aus der Zeit, als es in Russland fast zum Bürgerkrieg gekommen ist – damals, als Jelzin auf Gorbatschow gefolgt ist. Jetzt ist der Zustand so, wie er ist – da kann man nichts daran ändern."
Es ist eine Mischung aus der Wirtschaftskrise und der Visumspolitik, die derzeit das Verhältnis der Russen zu Karlsbad spürbar ändert – wieder einmal.
"Um das Jahr 2000 herum fing das größte Interesse aus Russland an. Die ganze Zeit über ging es steil bergauf mit der Nachfrage – bis zum Jahr 2008. Da hat die Krise auch die russischen Käufer getroffen. Sie wollten lieber liquide bleiben und nicht in Immobilien investieren."
Die Preise für Appartements sind seither auch in den lukrativen Karlsbader Lagen gesunken. Aber es ist nicht nur die Krise, die dafür verantwortlich ist: Seit 2007 ist Tschechien Mitglied der Schengenzone und hat deshalb striktere Auflagen für Aufenthaltsgenehmigungen und Visa. Das sei für die russischen Investoren oft das größte Hindernis, beobachtet Makler Martin Loyda :
"Es ist nicht das Problem, dass sie gar nicht kommen könnten – aber sie können eben nicht einreisen, wann sie möchten. Wenn jemand hier eine Immobilie besitzt, kann er nicht morgens in Moskau aufwachen und spontan entscheiden, nach Karlsbad zu kommen, weil das Visum mit einer längeren Vorlaufzeit verbunden ist. Das macht den Investoren natürlich etwas aus."
Mit Neid schaut Loyda auf die Visumspolitik anderer Länder:
"Im früheren Jugoslawien etwa, in Montenegro: Da gab es Gesetze, nach denen jeder Immobilienkäufer automatisch ein permanentes Visum bekommen hat. Die Makler vor Ort haben ihr gesamtes Angebot quasi über Nacht verkauft."
In Tschechien sind solche komfortablen Visa wegen der Schengenmitgliedschaft vorerst undenkbar. Trotzdem: Die Zahl der Russen, die sich für Tschechien interessieren, wächst immer noch. Rund 33.000 russische Staatsbürger haben derzeit eine Aufenthaltsgenehmigung, das sind fast doppelt so viele wie noch im Jahr 2007. Stanislav Burachovic forscht als Historiker über das russische Interesse an Karlsbad. Für ihn erklärt sich die Entwicklung vor allem mit veränderten Interessen:
"Das ist ein soziologisches Phänomen: Seit Hunderten von Jahren schon kommen die Russen und kuren, danach sind sie stets wieder in die Heimat zurückgekehrt. Seit 20 Jahren aber bauen sich viele Russen hier eine dauerhafte Existenz auf – das ist eine neue Entwicklung."
Es sind also nicht mehr die millionenschweren Käufer, die sich aus Prestigegründen eine Luxuswohnung kaufen – diese Gruppe wird oft von der Visumspolitik abgeschreckt. Stattdessen kommt jetzt die Mittelschicht, die sich dauerhaft in Karlsbad niederlässt. Sie arbeiten als Verkäufer in russischen Boutiquen, sie verwalten die Immobilien von schwerreichen Investoren oder gründen eigene Unternehmen. Makler Martin Loyda verkauft deshalb inzwischen auch viele Mittelklasse-Wohnungen an Russen, während das Interesse an den teuersten Appartements spürbar nachlasse.
"Selbst bei Neubauprojekten überwiegt inzwischen das Interesse von Russen. Schauen Sie hier, das ist ein Prospekt von einem Appartementblock, der gerade gebaut wird. Ursprünglich haben wir gedacht, dass vor allem Einheimische zuschlagen. Aber es sind selbst in diesem Segment vor allem Russen, die sich dafür interessieren."
Die Karlsbader selbst haben sich inzwischen daran gewöhnt, dass ihr Kurzentrum stellenweise wie eine russische Enklave wirkt. Auch Historiker Stanislav Burachovic zuckt mit den Schultern.
"Für alle Versuche, das irgendwie einzuschränken, ist es schon zu spät nach 20 Jahren. Das große Interesse stammt ja noch aus der Zeit, als es in Russland fast zum Bürgerkrieg gekommen ist – damals, als Jelzin auf Gorbatschow gefolgt ist. Jetzt ist der Zustand so, wie er ist – da kann man nichts daran ändern."
Es ist eine Mischung aus der Wirtschaftskrise und der Visumspolitik, die derzeit das Verhältnis der Russen zu Karlsbad spürbar ändert – wieder einmal.