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Kommentar zu Lebensmittelpreisen
Absenkung der Mehrwertsteuer ist geeignetes Instrument

Die Mehrwertsteuerabsenkung auf pflanzliche Lebensmittel sei Gebot der Stunde, kommentiert Dieter Nürnberger. Dies wäre ein Zeichen gegen die hohe Inflation, ein wichtiger Schritt für die Agrarwende - und brächte auch einen gesundheitlichen Mehrwert.

Ein Kommentar von Dieter Nürnberger |
Zutaten für ein veganes Gericht liegen auf einem Brett.
Gesunde Lebensmittel sind zum Thema der Debatte über die Inflation geworden (picture alliance / dpa / Sina Schuldt)
Wer dieser Tage – beispielsweise auf der Grünen Woche in Berlin – mit den Bürgerinnen und Bürgern spricht, weiß, dass die enormen Preissteigerungen bei Lebensmitteln ein Problem sind. Und zwar für viele. Um durchschnittlich 20 Prozent gingen binnen Jahresfrist die Preise nach oben – auch für Grundnahrungsmittel. Und ein weiterer Anstieg ist nicht ausgeschlossen.

Ökologischer Fußabdruck des Konsums

Somit muss gegengesteuert werden. Und ja, die Absenkung der Mehrwertsteuer ist ein geeignetes Instrument dafür. Es gibt beispielsweise einen Vorschlag des Umweltbundesamtes, künftig den Steuersatz auf pflanzliche Nahrungsmittel wie Obst, Gemüse und Getreideprodukte von derzeit sieben auf null Prozent zu senken.
Warum ausgerechnet vom Umweltbundesamt werden da einige denken. Die Antwort: Weil unser täglicher Lebensmittelkonsum einen ökologischen Fußabdruck hinterlässt. Und da ist es längst erwiesen, dass pflanzliche Lebensmittel gegenüber tierischen Produkten deutlich weniger ökologische Folgeschäden verursachen. Ein Kilo Rindfleisch zu produzieren, so haben die Experten der obersten Umweltbehörde des Bundes ausgerechnet, stößt mindestens das Siebenfache an klimaschädlichen Treibhausgasen im Vergleich zur gleichen Menge an Getreide aus, oft sogar noch deutlich mehr. Und da zwei Drittel der Emissionen im Bereich der Agrarwirtschaft auf die intensivierte Tierhaltung zurückgehen, sticht neben dem finanziellen auch das ökologische Argument.
Eine Absenkung der Mehrwertsteuer auf pflanzliche Erzeugnisse würde zwar rund vier Milliarden Euro Einnahmeverluste des Staates bedeuten, dafür aber auch weniger Folgekosten durch Umweltverschmutzung. Somit ein Gewinn für die Zukunft.  
Und es gibt auch noch ein drittes Argument: Die Gesundheit. Ernährungsphysiologen wissen schon seit langem, dass Fleisch, zumindest der übermäßige Verzehr davon, auf jeden Fall ungesünder ist als Gemüse, Getreide und Obst.

Ungesundes wurde bereits verteuert

Der Staat hat mit der Steuergesetzgebung einen Hebel in der Hand. Er nutzt ihn ohnehin schon auf vielfältige Weise. Ungesundes wie beispielsweise der Zigarettenkonsum wurde nach und nach verteuert. Und ganz bewusst versprach sich die Politik von dieser Maßnahme auch eine Lenkungswirkung.
Die Mehrwertsteuerabsenkung auf pflanzliche Lebensmittel ist ein Gebot der Stunde. Ein spürbares Zeichen gegen die hohe Inflation, ein wichtiger Schritt für die so oft geforderte Agrarwende und hoffentlich auch ein gesundheitlicher Mehrwert für die Verbraucherinnen und Verbraucher. Dass Bundesernährungsminister Cem Özdemir für den Vorschlag Sympathie zeigt, ist gut, jetzt muss die Ampel-Koalition das Ganze nur noch politisch umsetzen.