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Lebensmittel-Messe Anuga
"Gesund to go" als aktueller Trend

Wir leben mobiler und spontaner als früher, und das beeinflusst auch unsere Esskultur. Wie sich die Produzenten und Unternehmen der Lebensmittelbranche an die veränderten Vorzeichen anpassen - das lässt sich auf der weltgrößten Ernährungsmesse, der Anuga in Köln ablesen.

Von Moritz Küpper |
    "Ah, Sie wollten das Geräusch?"
    Anneliese Schmidinger ist eine gefragte Frau. Immer wieder schenkt die ehemalige Verfahrens-Chemikerin aus Österreich das von ihr entwickelte Produkt aus den kleinen grünen Flaschen in frische Weingläser aus. Fast jede Kamera möchte dieses Bild:
    "Also, Helga kommt von "Healthy Algae" und steht für die gesunde Alge. Und ist ein Erfrischungsgetränk auf Basis der Korella-Alge, das ist eine Süßwasser-Alge, die den höchsten Chlorophyll-Anteil von allen Lebensmitteln und damit ganz wichtig ist, zum Entgiften, zum Entschlacken."
    Nachhaltigkeit und Gesundheit
    Und für einen der Trends auf der diesjährigen Anuga, der Allgemeine Nahrungs- und Genußmittel-Ausstellung in Köln, steht: Nachhaltigkeit und Gesundheit. Neben Algen-Getränken werden daher ab Morgen Brotbackmischungen nach Art der Wikinger, getreidefreies Müsli, Olivendrinks mit Gurke und Wacholder oder Joghurts auf Basis von Lupinen, eine fast in Vergessenheit geratene Pflanzenart, präsentiert. Für Christoph Minhoff, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie, kurz BVE, keine überraschende, sondern eher eine logische Entwicklung:
    "Essen ist politischer geworden. Das heißt: Durch eine bestimmte Art und Weise mich zu ernähren möchte ich etwas zum Ausdruck bringen. Ein gesellschaftliches Engagement, eine gesellschaftliche Aufgabe, wie auch immer. Gleichzeitig zeigt sich aber auch, dass es immer schwieriger wird, bei gutem Willen dennoch diese Ziele in den Lebensalltag zu integrieren."
    Frühstück und Mittagessen selten zuhause
    Die Nahrungsaufnahme, so das Ergebnis einer Studie, die der Verband zusammen mit der Gesellschaft für Konsumforschung durchgeführt hat, hat sich immer mehr der Arbeitswoche angepasst: Frühstück und Mittagessen, so Wolfgang Adlwarth, der die Studie betreute, würden weniger zuhause eingenommen:
    "In den letzten zehn Jahren sind drei Milliarden Mahlzeiten weniger, weil eben hier aufgrund vermehrter Berufstätigkeit, aufgrund von Ganztagsschulen, von größeren Außer-Haus-Zeiten der Verbraucher einfach hier unter der Woche Mittags beziehungsweise auch in der früh gar keine Mahlzeit mehr zubereitet wird."
    Vor allem Kinder und Jugendliche frühstücken oder essen mittags nicht mehr zuhause-– worauf die Branche reagiert: der Joghurt als Lutscher am Stiel, statt im Becher, den Smoothie gibt es jetzt in Riegel-Form, die Curry-Wurst für die Mikrowelle auch für Vegetarier. Denn, so BVE-Geschäftsführer Minhoff:
    "Über allem steht Convenice, es muss bequem sein, es muss verfügbar sein, es muss alles schnell möglichst gehen."
    Schnell und bequem
    Und so ist es an den insgesamt 7.000 Anbietern aus 108 Ländern auf der diesjährigen Anuga, die vermeintlichen Widersprüche "Nachhaltig und Gesund" sowie "Schnell und bequem" zu vereinen. Für Minnhoff kann es da nur ein Rezept geben:
    "Produktvielfalt. 170.000 Produkte gibt es am Markt. 40.000 Innovationen im Jahr kommen mit dazu. Viele von denen kann man hier auf der Anuga sehen. Man hat genauen Überblick drüber, wie sehr der Verbraucher auch Einfluss nimmt, auf die Produktvielfalt, in dem er eben durch sein Kaufverhalten zeigt, ich möchte lieber das oder ich möchte lieber das."
    Doch mitunter treibt diese Vielfalt auch seltsame Blüten: Denn unter den Anuga-Neuheiten finden sich auch Berliner oder Mozzarella-Käse in Herzform. Das, so die Hersteller, soll dann die emotionale Seite der Verbraucher ansprechen.