Lebensmittel, die Hanf enthalten, sind schon lange auf dem Markt. Speiseöl zum Beispiel, Backwaren oder Müsli-Riegel. Die Chemischen Untersuchungsämter prüfen routinemäßig, ob in solchen Produkten nicht zu viel Cannabinoide drin stecken. Denn darunter sind auch psychoaktive Substanzen. Aus Hanf oder Cannabis lassen sich ja bekanntlich auch Drogen wie Haschisch und Marihuana herstellen. Aber:
"Mit diesen traditionellen Hanf-Produkten gab's so die letzten Jahre eigentlich wenig Probleme", so die Erfahrung von Dirk Lachenmeier, Experte für Pflanzliche Lebensmittel im Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt Karlsruhe.
Hype um neuartige Hanfprodukte
Doch die Situation hat sich geändert - durch neuartige Hanfprodukte, um die ein regelrechter Hype entstanden ist: sogenannte CBD-Öle. Die drei Buchstaben stehen für Cannabidiol. Auch das ein spezifischer Inhaltsstoff von Hanf. Er soll entzündungshemmend wirken, Schmerzen lindern und Ängste lösen. So werden auch die überaus teuren Öle oft beworben:
"Das sind Nahrungsergänzungsmittel, die zumeist aus Extrakten hergestellt werden, das heißt, es wird etwas extrahiert, etwas angereichert. Man will ja gerade einen sehr, sehr hohen CBD-Gehalt in diesen Produkten erzielen. Und das weisen diese Hanf-Produkte an sich eben nicht auf, so dass ich da ein Anreicherungsverfahren anwenden muss."
Offenbar erhöhte Werte von THC in CBD-Ölen
Cannabidiol selbst ist zwar nicht psychoaktiv. Doch offenbar enthalten CBD-Öle häufig auch erhöhte Gehalte von Tetrahydrocannabinol oder THC. Das ist die eigentliche Rauschdroge in Hanf.
Dirk Lachenmeiers Arbeitsgruppe in Karlsruhe untersuchte in jüngster Zeit CBD-Öle aus dem Online-Handel und auch Kaugummis mit Cannabidiol-Anteil: "Wir haben eine ganze Reihe von Produkten beanstandet, weil einfach der THC-Gehalt sehr, sehr deutlich oberhalb der Richtwerte lag, die das Bundesinstitut für Risikobewertung noch als akzeptabel ansieht. Durch diese Anreicherung des CBDs wird im Prinzip dann auch offensichtlich THC mitangereichert. Es kann - wie die Produkte, die wir als nicht sicheres Lebensmittel beanstandet haben - in einen Bereich gehen, wo die unterste Wirkdosis vom THC einsetzt. Insofern ist das tatsächlich auch als aus gesundheitlichen Gründen teilweise kritisch anzusehen."
Doch auch wenn sie die Richtwerte einhalten: Im Prinzip dürfte keines der CBD-Öle mehr vermarktet werden. Denn die EU-Kommission hat soeben entschieden: Alle Produkte auf Basis von Hanf-Extrakten sind als neuartige Lebensmittel anzusehen und fallen somit unter die Novel-Food-Verordnung.
"Cannabidiol ist eigentlich verschreibungspflichtig"
Verena Bock, Sachverständige für Nahrungsergänzungsmittel im Karlsruher Untersuchungsamt: "CBD müsste dementsprechend erstmal zugelassen und bewertet werden. Und erst dann kann man ja entscheiden: Ist es jetzt für den Verbraucher ungefährlich, wenn er das aufnimmt oder eben nicht?"
Es könnte zum Beispiel sein, dass durch den Extraktionsprozess bei der Herstellung auch Pestizide und Lösungsmittel mitangereichert werden. In Fachveröffentlichungen wird auf diese Möglichkeit verwiesen. Untersucht sei das alles noch nicht. Zu bedenken ist im Übrigen, dass Cannabidiol eigentlich ein Arzneimittel und sogar verschreibungspflichtig ist.
Seit der Einstufung als Novel Food tauchen CBD-Öle jetzt auch gehäuft im Schnellwarnsystem der EU auf und werden aus dem Verkehr gezogen, wie Dirk Lachenmeier sagt. Doch man kann sie noch immer bestellen, selbst bei Drogerie-Ketten wie Rossmann und dm, wo auch CBD-Weichkaspeln zum Einnehmen weiterhin als lieferbar gelistet sind.
"Also, wir haben schon Kontakte zu den gängigsten Portalen im Internethandel. Wenn man denen plausibel macht, dass solche Produkte nicht zulässig sind, dann werden die Seiten auch vom Netz genommen. Allerdings: Die Seiten schießen dann schneller wieder raus, als wir sie zumachen können."
Anmerkung der Redaktion: In einer vorherigen Fassung des Beitrags wurde im Vorspann ein missverständlicher Zusammenhang zwischen Cannabinoiden in Arzneimitteln und in Lebensmitteln hergestellt. Wir haben dies korrigiert.