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Lebensmittel
Wie man den Geschmackssinn trainiert

Guter Geschmack ist lernbar. Doch ob man ihn wirklich erlernen will, sollte man sich überlegen. Es kann sein, dass einem hinterher viele Gerichte einfach nicht mehr schmecken. Für Profis spielt das keine Rolle: Experten, die Gerichte sensorisch prüfen bevor sie in die Massenproduktion gehen, sind gefragt. Doch wie wird man eigentlich zum Geschmacksprofi?

Von Angelika Gördes-Giesen |
    Zu scharf, zu süß, zu fade, beim Essen ist eben alles Geschmackssache. Keine Einbildung, sondern jeder hat sein ganz individuelles Geschmacksgedächtnis. Guido Ritter, Leiter des Sensorik- Labors an der Fachhochschule Münster testet das immer wieder mit seinen Studenten:
    "Das ist das, was wir im Lauf unseres Lebens immer wieder haben, Erfahrungen, die wir in Form abspeichern, in Form von Gefühlen abspeichern und das macht das Leben so toll, was die Geruchs- und Geschmackswelt angeht."
    Künstliche Nase aus dem Labor
    Im Labor gibt es mittlerweile viele Techniken, wie eine künstliche Nase, um den Geschmack von Lebensmitteln zu analysieren. Aber Lebensmittel erkennen, erschnüffeln, erfühlen und erschmecken, das kann nur der Mensch. Beispiel Zucker: Rüben- oder Rohrzucker, Haushaltszucker, Süßstoff oder Honig alle Produkte versprechen eine angenehme Süße, aber es gibt Unterschiede und die schmeckt das ausgebildete Test-Team im Sensorik- Labor sofort:
    "Der normale Haushaltszucker war für mich am rundesten, der Geschmack, wie man ihn auch kennt. Für mich hatte die Fructose den besten Süßungsgeschmack. Er war sehr abgerundet und stimmig. Für mich war der Rohrzucker am vollsten und am rundesten, der Honig aber weniger intensiv und im Geschmack sehr schnell verfolgen."
    Geschmackstests als Bestandteile des Qualitätsmanagements
    Selbst in kleinen Betrieben wie zum Beispiel Molkereien oder Bäckereien vor Ort sind solche Geschmackstests heute Bestandteile des Qualitätsmanagements. Um Talente für die sensorische Prüfung zu finden, hat Guido Ritter und sein Team der Hochschule in Münster in einem Forschungsprojekt einfache Testmethoden entwickelt.
    "Dafür gibt es DIN-Normen, die also vorschreiben, dass gewisse Konzentrationen an süß, sauer, salzig und so weiter erschmeckt werden müssen, damit es ausreicht, um auch von einem guten Prüfer sprechen zu können. Diese Prüfungen vorzubereiten sind sehr aufwendig und dem entsprechend haben wir einen Koffer entwickelt, mit Methoden, die in jedem Unternehmen ganz einfach durchzuführen sind."
    Auch Fachschulen, die Konditoren, Metzger oder Bäcker ausbilden, nutzen diesen Test bereits, denn immer mehr Schüler haben nur noch sehr einseitige Geschmacks-Erfahrungen. Um aber die Fülle aller Aromen und Inhaltsstoffe eines Lebensmittels zu erkennen, wird ein Geschmackstraining immer wichtiger, betont Mechthild Busch-Stockfisch, Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Sensorik:
    "Wir haben einmal untersucht, wenn ich Leute mit bestimmten Geschmacksrichtungen konfrontiere, welche Intensitäten können sie dann wahrnehmen. Dann haben wir sie geschult und noch mal wieder gemessen - hält das an? Ja das hält an - man ist auch empfindlicher, wenn man einmal geschult worden ist."
    Systematisches Geschmackstraining
    Und so entwickelten Guido Ritter und sein Team Standards für ein systematisches Geschmackstraining.
    "Der Test dauert ca. 45 Minuten. Man sitzt mit dem Koffer an einem Rechner und kann sich dann sehr intuitiv durch ein Menü führen lassen. Die Tests laufen auf Zeit und am Ende bekommt man dann ein Ergebnis, das sich mit mittlerweile 2.000 anderen Menschen vergleichen lässt, die diesen Test schon durchgeführt haben."
    So entsteht das individuelle Geschmacks-Gedächtnis, das jeder auch zu Hause trainieren kann:
    "Das kann man zu Hause sehr gut üben, in dem man die Augen schließt, die Dinge, die man probiert bewusst wahrnimmt, sich Zeit dafür nimmt und als Bild wirken lässt, es abspeichert und so kommt es zu einem Erfahrungsschatz. Wichtig ist das bewusste Wahrnehmen, das wir unsere Sinne schärfen und das abspeichern."