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Lebensmittelpreise
Das Verhältnis der Bauern zu den Handelsriesen

Seit Wochen tragen die deutschen Landwirte ihren Ärger auf die Straßen. Eine faire Bezahlung für ihre Arbeit ist eine ihrer zentralen Forderungen. Eine Schlüsselrolle kommt dabei den Handelsketten zu. Aber wie mächtig oder ohnmächtig fühlt sich eigentlich ein Bauer gegenüber Rewe, Aldi und Co.?

Von Johannes Kulms |
Eier in einem Karton
Wie viel der Handel ihm pro Ei zahlt, wollte der Bauer dem Deutschlandfunk nicht verraten (picture alliance / dpa - Armin Weigel)
Ralf Carstensens Hühnerhof liegt irgendwo in Schleswig-Holstein. Wo genau, will er im Radio nicht hören. Genauso wenig wie seinen echten Namen. Auf die Frage, ob ihm sein Beruf Spaß bringt, antwortet der Landwirt kurz und deutlich: "Ja. Uneingeschränkt!"
Dass das so ist und die großen Konflikte mit den Handelsketten ausbleiben, dürfte vor allem an seinem Geschäftsmodell liegen. Mit seinen 14.000 Hühnern in Freiland- und Bodenhaltung sei er ein recht kleiner Hof, sagt Carstensen. Etwa 60 Prozent des Umsatzes macht er durch Direktvermarktung. Also durch den Verkauf von Eiern, aber auch verwandten Produkten wie Likör, Hühnersuppe oder Eiersalat auf Wochenmärkten oder im Hofladen. Der Rest geht an die großen Handelsketten. Ralf Carstensen hat mit Edeka, Rewe und Famila beziehungsweise Markant zu tun. "Es ist ein faires Miteinander. Ich komme zurecht. Ich kann Zukunft für mich gestalten."
Direkter Absatzweg ist lukrativer
Wie viel ihm der Handel pro Ei bezahlt, will Carstensen nicht verraten. Aber so viel: Die Erzeugungskosten werden gedeckt. Mit dem Verkauf von Eiern an Kantinen, Bäckereien und Supermarktketten sei er in einer Nische unterwegs. Viel schwieriger hätten es dagegen die Erzeuger von Fleischprodukten oder auch Milch.
"Dass es den direkten Absatzweg für meine Kollegen eben nicht gibt; dass die letztendlich eben - beim Beispiel Milch - an eine Molkerei abliefern, und die Molkerei eben gucken muss: wie kann ich mich am Markt positionieren? Und bekommt da dann ganz klar den Gegenwind der Handelsriesen und die Handelsriesen diktieren ganz klar den Preis, zu dem sie bereit sind, den Liter Milch abzunehmen."
Natürlich hat auch Carstensen von dem Shitstorm mitbekommen, den sich die Supermarktkette Edeka vergangene Woche mit ihrem Essen-Plakat eingehandelt hat. Werbung müsse sein, aber bitte eine überlegte, findet er: "Der Schuss ist nach hinten losgegangen."
Edeka-Schild auf dem Parkplatz des Edeka Marktes in Essen
Lebensmittelpreise - Edeka verärgert Bauern mit Niedrigpreis-Werbung
Mit Komiker Otto bewarb die Supermarktkette Edeka "niedrigste" Preise. Daraufhin blockierten erst Dutzende Landwirte die Zufahrten zu einem Großlager, dann schaltet sich die Politik ein.
Dabei sei für ihn als Eierzeuger der Umgang mit Edeka sehr gut, da die Märkte durchaus ein Interesse daran hätten, fair zu zahlen. Auch mit Famila und Markant laufe es ganz ordentlich. Schwieriger werde es für ihn schon mit Rewe, da dort offenbar zentraler Entscheidungen getroffen würden und die Markleiter im Umgang mit den Erzeugern nur wenig Spielraum hätten.
"Lidl und Aldi bekriegen sich"
Ralf Carstensen hat persönlich nicht viel zu meckern. Und trotzdem sieht er die Handelsketten zusammen mit den Verbrauchern als Hauptverantwortliche für das größte Problem der Landwirtschaft in Deutschland: Faire Preise für die Bauern und ihre Produkte zu zahlen.
"Der Handel schielt da letztendlich nur auf Umsatzanteile des Gesamtkuchens, der zu verteilen ist. Man muss da ganz offen sagen, Lidl und Aldi bekriegen sich preislich, um dem anderen einen Marktanteil abzujagen. Mit dem Ergebnis, dass Preise ständig unter Druck stehen. Und somit eben die übrigen Player am Markt dazu verdonnert sind, ihre Produkte eben auch preislich nach unten zu fahren, um vom Kuchen weiterhin ein Stück abzubekommen."
Das Thema sei in der Bundesregierung angekommen, so sein Eindruck. Trotzdem hofft er darauf, dass es keine Schnellschüsse gibt. Sondern dass Politik, Handelsunternehmen und Verbraucher einen Weg finden, höhere Preise zu zahlen. Wie ein solcher Mechanismus aussehen könnte, weiß Ralf Carstensen nicht. "Es muss über das Produkt stattfinden. Sonst werden wir weiterhin Almosenempfänger bleiben. Und das sind wir uns eigentlich nicht wert."