Weltrekord seien dieses Jahr die weltweiten Ernten von Getreide, Ölfrüchten und Zucker gewesen, erklärte der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, heute in Berlin bei der Vorstellung des Jahresberichts seines Verbandes. Der erfasst den Zeitraum bis Ende Juni dieses Jahres. Als Folge der hohen Ernten hätten eigentlich die Nahrungsmittelpreise stark sinken müssen.
"Das ist nicht der Fall. Sie haben etwas nachgegeben. Und zwar deshalb, weil gleichzeitig die Nachfrage stark gestiegen ist."
Wegen der Preisentwicklung hätten auch in Deutschland vor allem Schweinehalter und Ackerbaubetriebe ihr Ergebnis 2012 im Vergleich zu 2011 deutlich verbessern können. Im laufenden Wirtschaftsjahr sei aber aufgrund gesunkener Getreidepreise mit einem deutlichen Minus zu rechnen. Dafür würden Milchviehbetriebe wegen kräftig gestiegener Erzeugerpreise das schlechte Vorjahresergebnis mehr als ausgleichen können, sagte Rukwied. Aktuell bekommen Milchbauern mehr als 40 Cent je Liter. Diese Preisentwicklung bekommen die Verbraucher deutlich zu spüren. Kartoffeln kosteten dieses Jahr durchschnittlich 40 Prozent mehr als im vergangenen Jahr, Butter war über ein Drittel teurer,
"Und nach unseren Schätzungen, was das Jahr 2013 anbelangt, ist mit einem weiteren Anstieg der Lebensmittelpreise um circa vier Prozent zu rechnen. Also zweieinhalb Prozent über der Inflationsrate."
Zweifelnde Blicke auf den Koalitionsvertrag
Damit hat sich eine Entwicklung fortgesetzt, die auch schon im Vorjahr zu beobachten war. Gestern hatte das Statistische Bundesamt Zahlen veröffentlicht, die zeigen, dass die Lebensmittelpreise in den vergangenen zwei Jahren weit stärker gestiegen sind als die Verbraucherpreise insgesamt. Während die Inflationsrate in diesem Zeitraum insgesamt bei 3,3 Prozent lag, stiegen die Nahrungsmittelpreise zwischen Oktober 2011 und Oktober 2013 durchschnittlich um mehr als siebeneinhalb Prozent. Und auch im kommenden Jahr werden die Verbraucher aus Sicht der deutschen Bauern für Nahrungsmittel tiefer in die Tasche greifen müssen. Die Preise würden mindestens so stark steigen wie die Inflationsrate, schätzt Rukwied. Eher sogar mehr.
Für die landwirtschaftlichen Betriebe, die mit ständig steigenden Kosten, etwa für Energie, kämpften, seien die steigenden Lebensmittelpreise eine gute Entwicklung. Aber auch die politischen Rahmenbedingungen müssten stimmen. Mit Blick auf den Koalitionsvertrag von Union und SPD sagte Rukwied, es gebe einige positive Signale wie die weiterhin laufende steuerliche Vergünstigung von Agrardiesel und den Bestandsschutz bei erneuerbaren Energien. Über Ausnahmen beim Mindestlohn für Saisonarbeiter müsse man aber noch sprechen. Insgesamt fehle ein klares Bekenntnis zu guten Rahmenbedingungen für eine effiziente Landwirtschaft. Felix Prinz zu Löwenstein, dem Vorstandsvorsitzenden des Bundes Ökologische Lebensmittelwirtschaft, fehlt etwas anderes:
"Nämlich der Blick auf eine Landwirtschaft, die mit den Problemen fertig wird, die wir da draußen haben. Mit dem Schwinden der Biodiversität, der biologischen Vielfalt, der Belastung unserer Wasserressourcen, mit der Übernutzung von Bodenfruchtbarkeit, mit dem Beitrag der Landwirtschaft zum Klimawandel."
Für ihn haben sich im Koalitionsvertrag die Interessen der Agrarindustrie durchgesetzt, die weiterhin auf eine Input-intensive Landwirtschaft setzt. Auf den Einsatz von Düngemitteln und gegebenenfalls Gentechnik. Bei diesem speziellen Punkt sei eine entscheidende Passage, die noch zuvor in der Arbeitsgruppe Landwirtschaft thematisiert wurde, aus der Endfassung verschwunden.