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Lebensmittelverschwendung
Weniger Essen soll im Müll landen

Millionen Tonnen Nahrung enden im Abfall - obwohl die Lebensmittel oft noch genießbar sind. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner will die Vergeudung mit einem großen Programm eindämmen. Die Linke fordert ein härteres Vorgehen gegen die Wegwerf-Strategien von Supermärkten.

Von Katharina Hamberger |
    Das Foto zeigt Obst-, Gemüse- und andere Lebensmittelabfälle lagern im August 2011 in der mechanischen Aufbereitungsanlage der Biowerk- Biogasanlage der Stadtreinigung in Hamburg.
    Jedes Jahr werden in der Bundesrepublik elf Millionen Tonnen Lebensmittel weggeworfen (picture-alliance / dpa / Christian Charisius)
    Bis 2030 will die Bundesregierung das von den Vereinten Nationen gesetzte Ziel erreichen, dass die Lebensmittelverschwendung halbiert wird - im Vergleich zu 2015. Laut Landwirtschaftsministerium werden in Deutschland jedes Jahr elf Millionen Tonnen Lebensmittel weggeworfen:
    "Die elf Millionen Tonnen würden zweimal den Bodensee füllen. Und das sind auch etwa pro Kopf 55 Kilogramm, die in Deutschland Pro Jahr weggeworfen werden", so Landwirtschaftsministerin Klöckner.
    Dabei geht es nicht nur um die Lebensmittel, die im Privathaushalt im Mülleimer landen. Bei den elf Millionen Tonnen sind auch zu viel produzierte Lebensmittel eingerechnet, die in der Landwirtschaft weggeworfen werden, Verluste durch Beschädigung beim Transport oder Essen, das im Restaurant übrig bleibt. Das sei auch problematisch, weil Ressourcen verschwendet würden, so CDU-Ministerin Klöckner.
    Alle sollen mitmachen
    Klöckner: "Energie steckt da drin. Die wurden hergestellt, sie wurden gezüchtet, sie wurden verpackt, sie wurden angeliefert, man kann es auch umrechnen in Emissionen. Das macht vier Prozent der Gesamtemissionen aus, das sind etwa über 200 Milliarden PKW-Kilometer, die gefahren worden sind. Einfach nur für die Vorstellung."
    Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) bei der Vorstellung des Ernteberichts
    Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) (dpa-Bildfunk / Wolfgang Kumm)
    Entsprechend will die Landwirtschaftsministerin mit ihrer Nationalen Strategie zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung alle Bereiche der Lebensmittelproduktion bis hin zum Verbrauch erreichen. Konkrete Gesetze plant sie allerdings im Zuge der Strategie momentan nicht. Sie setzt stattdessen auf mehr Transparenz - es soll ein Indikator entwickelt werden, der es besser möglich macht, Lebensmittelverschwendung zu messen, außerdem auf die Digitalisierung, unter anderem sollen sogenannte intelligente Verpackungen sollen mit einem Farbverlauf anzeigen, wie es um die Haltbarkeit eines Lebensmittels steht.
    Forschung in diese Richtung soll vom Bund gefördert werden. Und außerdem sollen in sogenannten Dialogforen, zunächst mit den einzelnen betroffenen Sektoren, konkrete Maßnahmen und Zielmarken erarbeitet werden, deren Umsetzung aber freiwillig ist. Allerdings soll transparent gemacht werden, wer sich daran beteiligt. Auch der Verbraucher soll stärker aufgeklärt und sensibilisiert werden. Denn in den privaten Haushalten ist die Lebensmittelverschwendung am größten. Das habe zum Teil mit falscher Lagerung zu tun, so Klöckner, "aber auch mit Unsicherheit. Das Mindesthaltbarkeitsdatum ist nicht das Verfallsdatum."
    Linke fordert Anti-Wegwerf-Gesetz
    So die Landwirtschaftsministerin. Kritik kommt unter anderem von der Opposition. So sagte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter der Funke Mediengruppe: Nichts als Prüfaufträge und Appelle - das Landwirtschaftsministerium und Julia Klöckner blieben ihrer Politik der maximalen Unverbindlichkeit treu. Er forderte hingegen: Bis 2025 müsse das Ziel sein, mindestens ein Drittel weniger Lebensmittel wegzuwerfen. Alles andere sei Augenwischerei, so Hofreiter. Auch der deutschen Umwelthilfe gehen die Vorschläge Klöckners nicht weit genug:
    "Dass die Unternehmen, wie es jetzt passiert, am runden Tisch mit dem Ministerium und anderen zusammen nicht ihre Regeln selber machen sollten und ihre Regel selber aufstellen sollten, sondern wir glauben, dass es Transparenz braucht, dass es verbindliche Zielvorgaben gibt", sagte Peer Cyriacks von der deutschen Umwelthilfe dem Sender N-TV.
    Linken-Chefin Katja Kipping fordert ein, wie sie es nennt, Anti-Wegwerf-Gesetz. Es brauche ein Verbot für große Supermärkte und Ladenketten, unverkaufte Nahrungsmittel absichtlich ungenießbar zu machen und als Abfall fortzuwerfen und stattdessen die Verpflichtung, Lebensmittel, die sich ihrem Mindesthaltbarkeitsdatum näherten oder - wie etwa leicht beschädigtes Gemüse - gemeinnützigen Organisationen frei zur Verfügung zu stellen, so Kipping.