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Lebensversicherungen
Neue Angebote setzen stärker auf Risiko

Als Geldanlage oder Altersvorsorge war die klassische Lebensversicherung lange Zeit der Renner. Mehr als 70 Millionen solcher Verträge gibt es in Deutschland. Doch Dank der Nullzinspolitik der Notenbanken werden die klassischen Angebote immer unattraktiver. Neue Angebote versprechen zwar höhere Rendite - jedoch bei steigendem Risiko.

Von Caspar Dohmen |
    Der Versicherungsschein einer Lebensversicherung.
    Der Haken an vielen neuen Lebensversicherungen: Die höheren Renditen sind nicht garantiert, am Vertragsende kann das eingezahlte Kapital auch geschrumpft sein. (imago / Rainer Unkel)
    "Klingt vielleicht spießig, aber ich besorge mir schnellstens so eine private Vorsorge. - Hmm, da würde ich aber aufpassen. - Sind Sie aus der Branche? - Hier, bitte. - Kaiser? Der Kaiser?!"
    Als Herr Kaiser im Fernsehen von 1972 bis 2009 für die Hamburg-Mannheimer warb, war die Welt der klassischen Lebensversicherung noch heil. Verbraucherschützer mochten noch so oft auf die Intransparenz der Policen oder hohe Kosten für Vertrieb und Verwaltung hinweisen - die Verbraucher griffen bei klassischen Lebensversicherungen beherzt zu. Sie lockten vor allem die Steuervorteile und eine garantierte Rendite, auf der sich eine private Altersvorsorge gut kalkulieren ließ.
    Als der Gesetzgeber die Steuervorteile strich, kauften Kunden munter weiter solche Policen. Auch die Finanzkrise überstanden die Lebensversicherten zunächst heil. Aber die Nullzinspolitik der Notenbanken zur Krisenbewältigung ist schleichendes Gift für Lebensversicherer. Zumindest in der Eurozone ist ein Ende nicht in Sicht. Peter Schwark, Lebensversicherungsexperte vom Branchenverband GDV:
    "Wir rechnen damit, dass die Niedrigzinsphase noch einiges an Zeit anhält und wir stellen uns darauf ein."
    Schlechte Aussichten für die klassische Lebensversicherung
    Versicherer geben die fallenden Zinsen seit Jahren an ihre Kunden weiter. Auch 2016 werden diverse Gesellschaften Kunden weniger Zinsen gutschreiben. Marktführer Allianz senkte die laufende Verzinsung für bestehende Verträge auf 3,1 Prozent. Im Schnitt dürften die 87 Lebensversicherer die laufende Rendite für das Jahr 2016 sogar unter die Marke von drei Prozent drücken, sagt Reiner Will, Geschäftsführer der auf Versicherungen spezialisierten Ratingagentur Assekurata. Wenig verlockend sind jedoch vor allem die Aussichten für all diejenigen, die sich jetzt erst für eine klassische Lebensversicherung entscheiden. Reiner Will:
    "Dann ist man bei einem 20- oder 30-jährigen Vertrag schon bei einer Renditeerwartung, da steht eine eins irgendwo nach Kosten vor dem Komma, vielleicht eine zwei. Das ist nicht besonders attraktiv, wenn ich sage, auf diese Verzinsung baue ich vielleicht meine Altersvorsorgeerwartungen auf."
    Auch die Garantieverzinsung, die der Gesetzgeber den Anbietern vorschreibt, ist in den vergangenen Jahren auf 1,25 Prozent geschrumpft. Vom Tisch sind vorerst jedoch die Pläne der Bundesregierung diese Vorgabe ganz abzuschaffen. Einige Gesellschaften wie die Ergo, Generali oder Thalanx wollen künftig überhaupt keine klassischen Policen mehr anbieten oder nur noch in der betrieblichen Altersvorsorge. Die Nachfolger von Herrn Kaiser preisen heutzutage in der Werbung andere Lebensversicherungsprodukte an. Sie heißen "Perspektive", "Chance" oder "Ertrag". Ist das Ende der klassischen Lebensversicherung eingeläutet? "Nein, auf keinen Fall", sagt Versicherungslobbyist Peter Schwark:
    "Was wir sehen werden in der Produktwelt ist eine Verbreiterung. Wir haben mehr Angebote für den Kunden."
    Unter dem Label Lebensversicherung werden also mehr unterschiedliche Produkte verkauft. Eines gelte für fast alle Varianten, sagt Lebensversicherungsfachmann Lars Heermann von Assekurata:
    "Sie haben gegenüber der Klassik ein reduziertes Garantieniveau."
    Vorsicht vor Angeboten mit nicht garantierten Renditen
    Konkret verpflichtet sich der Versicherer dabei häufig gegenüber dem Kunden nur noch darauf, das eingezahlte Kapital bis zum Ende der Vertragslaufzeit zu erhalten. Daneben gibt es Vertragsangebote, die stärker auf Risiko setzen, im Gegenzug jedoch jährlich mehr Rendite versprechen. Der Haken an der Sache: Die höheren Renditen sind nicht garantiert, am Vertragsende kann das eingezahlte Kapital auch geschrumpft sein. Vorsicht ist geboten. Lars Heermann:
    "Das heißt, der Kunde steht vor der Herausforderung, sich entsprechend die Produkte genauer anzuschauen und eben auch das individuelle Risikoprofil der Produkte, was mitunter deutlich unterschiedlich sein kann, dann auch zu betrachten, und für sich, die Frage zu beantworten, ob das tatsächlich für die Altersvorsorge geeignet ist oder nicht geeignet ist."
    Ein Graus ist die Produktoffensive der Versicherer für Axel Kleinlein vom Bund der Versicherten:
    "Diese neue Produktwelt zeichnet sich durch eine Gemeinsamkeit aus, sie versteht keiner. Es gibt keinen Vermittler, der alle diese Produkte versteht. Es gibt keinen Kunden, der sie versteht, geschweige denn, dass es einen Vorstand gäbe, der wirklich diese ganze Produktlandschaft beherrschen würde."
    Eines sei klar:
    "Die neuartigen Produkte sind keine Produkte von der Stange, die man jemanden ans Herz legen kann."
    Was rät er Kunden?
    "Da sollten Sie wie üblich nach der Devise gehen, dass Sie nur das abschließen sollten, was Sie auch wirklich verstehen."