"Wir werden sehen wie diese Geschichte ausgeht. Aber wenn ein Museum einmal dicht gemacht hat, dann wird sich an dieser Tatsache auch so schnell nichts mehr ändern. Deshalb macht mich diese Geschichte so betroffen."
Spricht man den Archäologen Valerio Massimo Manfredi auf den Fall Villa Arbusto an, ist er außer sich. Das archäologische Museum in dem neoklassizistischen Gebäude aus dem späten 18. Jahrhundert auf der Insel Ischia soll geschlossen werden. Die von Don Carlo Aquaviva, Herzog von Atri, als Ferienresidenz errichtete Villa gehört heute der Kommune von Lacco Ameno. Die kleine Insel-Ortschaft mit weniger als 5000 Einwohnern geht auf eine altgriechische Gründung zurück. Weil die Kommune nun aber, wie so viele andere auch, kein Geld hat, will sie das prächtige Gebäude auf dem Immobilienmarkt anbieten. Käufer ließen sich dafür sicher finden. Reiche Russen zum Beispiel - denn bei ihnen ist Ischia als Ferienort mindestens so beliebt wie bei der deutschen Bundeskanzlerin.
Der drohende Verkauf der Villa Arbusto würde bedeuten, dass das Museum schließt. Ein Unding, klagen neben Massimo Manfredi auch Kunsthistoriker und Kulturpolitiker, selbst aus dem Kulturministerium, sowie Bürgerinitiativen.
Das "Archeologico di Pithecusae", so der offizielle Name, ist zwar klein aber sehr fein. Unter den ausgestellten Artefakten vor allem der griechischen Periode - Vasen, Skulpturen, Schmuck und anderes - befindet sich auch eine berühmte Schale, erklärt die für Ischia verantwortliche Archäologin der Antikenbehörde, Costanza Gialanella:
"Schale von Nestor, sie ist gut zum Trinken. Jeder, der aus dieser Schale trinkt, wird zur Liebe verführt, zur Liebe für Aphrodite'. Das steht auf dieser kostbaren und sehr seltenen Schale aus dem achten Jahrhundert vor Christus geschrieben. Wenn hier auf der Insel damals so raffinierte Alltagsgegenstände genutzt wurden, bedeutet das, dass Ischia in der griechischen Antike integrierter Bestandteil der damaligen Hochkultur Süditaliens war."
Die sogenannte Nestor-Schale ist nur eines von etwa eintausend Ausstellungsstücken, die nach dem drohenden Verkauf des Gebäudes, in dem das Museum untergebracht ist, bis auf Weiteres in Kisten in Kellern und Magazinen, irgendwo auf der Insel, verschwinden würden.
Eine Alternative scheint es allerdings nicht zu geben. Die Kommune Lacco Ameno steht vor dem finanziellen Aus. Nachdem Regierungschef Matteo Renzi in Rom vor Kurzem verkündet hatte, dass er ab 2016 die Immobiliensteuer, die den Städten zukommt, abschaffen will, sah Bürgermeister Giacomo Pascale rot. Und verkündete, dass er jetzt gezwungen sei kommunale Immobilien zu verkaufen, um die chronisch leere Stadtkasse zu füllen. Das Filetstück der städtischen Immobilien: die Villa Arbusto. Das Opfer: das archäologische Museum.
Ein Museum, das von dem Deutschen und Wahl-Ischitaner Giorgio Buchner gegründet wurde. Der 1905 in München geborene und 2005 auf Ischia verstorbene Archäologe galt als der beste Kenner der antiken Kultur der Insel. 1999 erst wurde diese erste Einrichtung in ein modernes archäologisches Museum umgewandelt und neu eröffnet – auch mit Amphoren, die in der Antike nicht nur für Wein genutzt wurden. Costanza Gialanella:
"Ja, sie kommen aus dem ganzen Mittelmeerraum. Sie wurden hier, in der Nekropole von Buchner gefunden. Man wiederverwertete sie als Graburnen für Kinder."
Das römische Kulturministerium stellt sich im Fall Villa Arbusto taub: von dort werden also keine Finanzmittel zur Rettung des archäologischen Museums kommen. Auch nicht von der Region Kampanien, die fast pleite ist, und schon gar nicht von der Altertümerbehörde in Neapel.
Der Fall des Museums in Lacco Ameno könnte, und das ist die Hauptbefürchtung italienischer Archäologen, Schule machen. Zahllose italienische Museen sind in für den Immobilienmarkt ungemein reizvollen Gebäuden untergebracht - städtische Immobilien, die viel Geld in immer leerere Stadtkassen bringen könnten.