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Lehren aus der Corona-Krise
Historiker Blom: "Wir können mehr, als wir uns zutrauen"

Wie wir derzeit mit der Natur umgingen, das "wird zum Selbstmordtrip", sagt der Historiker und Autor Philipp Blom im Dlf. "Es braucht ein gemeinsames gesellschaftliches Projekt", aber kein Politiker biete derzeit eine Vision einer besseren Zukunft. Die Reaktion auf die Corona-Krise mache aber Hoffnung.

Philipp Blom im Gespräch mit Michael Köhler |
Ein Landwirt in China auf seinem vertrockneten Boden aufgenommen aus Vogelperspektive
Ein Landwirt in China auf seinem vertrockneten Boden (dpa / picture alliance / Lan Zitao)
Was derzeit durch die Corona-Pandemie geschehe, sei schwer mit der Idee vereinbar, dass wir die Natur beherrschten, sagt der Philosoph und Historiker Philipp Blom. "Wir haben gesehen, wie verwundbar wir sind: Mit der Idee, dass wir frei sind. Mit der Idee, dass Märkte alles regeln. Mit der Idee, dass die Globalisierung uns wesentliche Vorteile bringt. Ganz viele Grundwahrheiten, die wir heute haben, sind dadurch ganz stark ins Wanken geraten." Durch die Pandemie habe man gemerkt, dass wir nicht so stark auf den Beinen stünden, wie wir immer dachten und uns viele Antworten fehlten.

"Das wird zum Selbstmordtrip, was wir da machen"

Er sei weder gegen Kapitalismus noch gegen Globalisierung, aber unser Konsum auf Kosten der Natur sei ein "enden wollendes Modell". Die Kritik daran sei aber immer abgeprallt. In der Corona-Krise hätte man nun aber als Staaten die Zügel in die Hand genommen und innerhalb von wenigen Tagen umgesteuert. "Wir haben beschlossen, Menschen zu beschützen, die nicht ökonomisch produktiv sind, nämlich alte Leute." Die Tatsache, dass es auch anders gehe, sei aus Diskussionen nun nicht mehr wegzudenken, so der Philosoph und Autor. Man habe gesehen: "Wenn es wirklich hart auf hart kommt, dann können wir mehr, als wir uns zutrauen."
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Die Idee einer bronzezeitlichen Gesellschaft, dass sich die Natur unters Knie zwingen lässt, die beiße nun auf Granit. Die Zivilisation habe zu viele Effekte auf die Natur und verändere die Systeme zu stark. "Und das wird zum Selbstmordtrip, was wir da machen." Derzeit hätten wir keine Wahl, als uns neu zu orientieren und eine andere Wirtschaft aufzubauen. "Und nicht mehr Krieg gegen die Zukunft führen, indem wir kommenden Generationen Ressourcen wegnehmen, die sie für die Zukunft brauchen."

Logik der Kooperation um zu Überleben

Es sei eine Tragödie, dass vor allem die reichen Länder derzeit ohne Zukunft seien. "Kein Politiker, keine Politikerin gibt uns eine Vision einer besseren Zukunft am Horizont. Das Beste, das wir können, ist Statuserhalt. Das reicht nicht für eine Gesellschaft. Man muss irgendwohin gehen wollen gemeinsam. Es braucht ein gemeinsames gesellschaftliches Projekt." Dieses Projekt hätte man, wenn man die Herausforderungen der Klimakatastrophe anginge. "Aber im Moment drücken wir uns davor, weil wir noch sehr reich sind."
Philipp Blom, Historiker, schaut während einer TV-Sendung in die Kamera
Philipp Blom sieht das derzeitige Konsummodell kritisch (dpa / picture alliance / Karlheinz Schindler)
Dennoch lernten sich die Menschen gerade ganz neu kennen "als ein kleines Rädchen im gigantischen Mechanismus der Natur." Dieser Prozess bedeute aber auch, dass sich die Menschen von alten Logiken verabschieden müssten, beispielsweise von Eroberung, Herrschaft und Unterdrückung. Aus der Notwendigkeit könne man zu einer Logik der Kooperation übergehen. "Nicht, weil wir bessere Menschen geworden sind, sondern weil es als die einzige Weise zu schein seid, wie wir unser Überleben Sichern können", so Blom.
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