"Die Europäische Union muss ein neues Wohlstandsmodell entwickeln." Das verlangt eine außergewöhnliche Koalition aus 180 europäischen Politikern, Unternehmensbossen und Verantwortlichen großer Nichtregierungsorganisationen.
Dazu zählen die Umweltminister aus Italien, Spanien, Frankreich, Luxemburg, Österreich, Schweden wie auch die Deutsche Svenja Schulze und viele EU-Abgeordnete, deutlich über die Fraktion der Grünen hinaus. Generaldirektoren von Großunternehmen wie Ikea, Renault, EON sind dabei oder auch Suez, der weltweit größte Wasserkonzern, sowie Vertreter von Umweltschutzeinrichtungen, darunter die Französin Laurence Tubiana, Leiterin der European Climate Foundation und Chefarchtiketin des Pariser Klimaabkommens von 2015.
Gelegenheit zu einer konstruktiven Zäsur
Die von der Coronapandemie ausgelöste Wirtschaftskrise biete Gelegenheit zu einer konstruktiven Zäsur, einem Neustart der Wirtschaft in den europäischen Ländern unter anderen, grünen, Vorzeichen.
Um aus der ökonomischen Krise herauszukommen, brauche es sowieso massive Investitionen. Die sollten am besten in ein neues, zukunftsträchtigeres Modell gesteckt werden. Ein klimafreundlicheres. Ganz im Geiste des "Green Deal", den Ursula von der Leyen für die Europäische Union plant.
Der Appell listet entsprechende Maßnahmen auf: "Der Umbau hin zu einer Kohlenstoff-neutralen Wirtschaft, zu einer nachhaltigeren Landwirtschaft und der Schutz der Artenvielfalt bergen das Potenzial, Arbeitsplätze und Wohlstand zu schaffen sowie die Lebensqualität der Bürger zu verbessern. Damit können wir widerstandsfähigere Gesellschaften aufbauen."
Breite Allianz für eine ökologische Wende
Die Unterzeichnenden werben für den Aufbau einer europäischen Allianz, die Pläne für die ökologische Wende entwickelt und deren Umsetzung unterstützt. Viele prominente Franzosen sind dabei: In Frankreich schießen derzeit überall Initiativen hervor, die die derzeitige Krise zu einem wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umdenken nutzen wollen.
Wie "Le jour d'après", "Der Tag danach", eine Online-Plattform, die 60 Abgeordnete der Pariser Nationalversammlung Anfang April lancierten. Hier können Bürger Vorschläge für das Leben von morgen einbringen. Innerhalb von zehn Tagen gingen über 4.000 Beiträge ein.
Französische Gewerkschaften, Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen hatten bereits Ende März eine Petition gestartet, die schon mehr als 110.000 Unterstützer fand: Sie verlangen unter anderem ein bedingungsloses Grundeinkommen.
Macron: Ideologische Trampelpfade verlassen
Auch Emmanuel Macron gab bei seiner jüngsten Ansprache an die Nation am Montag erste Leitlinien vor: "Wir brauchen eine langfristig angelegte Strategie, die uns ermöglicht, den CO2-Ausstoß geplant zu reduzieren und Vorsorge und Widerstandsfähigkeit zu stärken. Nur so sind wir für künftige Krisen gewappnet."
Und Macron fordert auf, ideologische Trampelpfade zu verlassen, sich neu zu erfinden. Ein Aufruf, den er nicht nur an seine Landsleute richtete – sondern ganz explizit auch an ihn selbst.