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Lehren aus der Lehman-Pleite

Fannie Mae und Freddie Mac, die beiden halbstaatlichen Immobilienfinanzierer, soll es, wenn es nach US-Präsident Barack Obama geht, bald nicht mehr geben. Aber wie soll die Finanzierung am US-Häusermarkt dann geregelt werden?

Von Miriam Braun |
    Fannie Mae und Freddie Mac, klingt niedlich, irgendwie. Dahinter stecken die beiden gigantischen US-Baufinanzierer, die zu Hoch-Zeiten, vor der Krise mit mehr als fünf Billionen Dollar im US-Immobilienmarkt steckten. Sie selbst vergaben keine Hypotheken. Und doch spielten sie kräftig mit, denn Fannie und Freddie kauften Banken deren Kredite ab. Die blieben damit liquide und gaben noch mehr Hypotheken aus. Hat der Staat damit ganz direkt eine Schuld am Kollaps des Häusermarktes? Ganz so einfach ist es nicht. Stijn Van Nieuwerburgh arbeitet beim "Center for Real Estate Finance” der New York University.

    "Bis 1968 war Fannie staatlich. Dann hat man unter Präsident Johnson den Immobilienfinanzierer privatisiert und auch Freddie Mac gegründet. Als ehemals staatliche Unternehmungen wurden sie das "Etikett" von der Regierung gesponsert zu sein nicht los."

    Merkwürdige Zwitter also: Privatunternehmen einerseits aber mit öffentlichem Auftrag. Und vor allem: Mit einem Staat, der im Hintergrund die Geschäfte garantiert. Damit ließ sich am Markt günstig Geld leihen und das Geschäft florierte. Die Blase blies sich immer weiter auf - und platzte. Nach dem Kollaps 2008 stützte der Staat Fannie und Freddie dann tatsächlich mit mehr als 180 Milliarden Dollar. Inzwischen schreiben die beiden Konzerne wieder Gewinne und haben mehr als 130 Milliarden zurückgezahlt. Jetzt will Obama Fannie Mae und Freddie Mac abschaffen. Der Präsident vergangene Woche:

    "Unser Immobilien-System soll mit einer "begrenzten" Rolle des Staates funktionieren. Der private Sektor soll das Rückgrat des Häusermarktes sein. Wir können nicht die Steuerzahler in die Pflicht nehmen wenn die Kreditgeber verantwortungslos agieren."

    Obama möchte einen Gesetzesentwurf unterstützen. Danach sollen die die Kreditvergabe und ein eventuelles Aufkaufen von Krediten privaten Firmen überlassen bleiben. Der Staat soll nur noch in Extremfällen Kreditausfälle versichern – mit sogenannten "limitierten Garantien". Limitiert?! Ein dehnbarer Begriff. Finanzexperte Van Nieuwerburgh.

    "Wenn ein Haushalt seine Hypothek nicht bedienen kann und eine private Firma hat das abgesichert dann kommt diese für die ersten 10 Cent pro Dollar der ausfällt auf. Die restlichen 90 aufzufangen bleibt, diesem Entwurf zufolge, die Aufgabe des Staates."

    Im Vergleich zu früher: "Dasselbe in grün", meint Van Nieuwerburgh – weil am Ende doch wieder der Staat derjenige sei, der einstehen müsse.
    Spekulationen mit günstigem Geld sind Tür und Tor geöffnet, wenn theoretisch jeder private Akteur am Hypothekenmarkt eine "implizite Staatsgarantie" bekommen kann. In jedem Fall ist eine Umstellung kompliziert und wird mindestens fünf Jahre dauern. Van Nieuwerburgh:

    "Was ist so besonders an Eigenheimen, dass wir die Regierung brauchen? Kredite für Gewerbeimmobilien werden vergeben und Zertifikate verkauft ohne dass der Staat involviert ist. Gleiches gilt für Studienkredite oder wenn man ein Auto kaufen will. Und alle diese Kreditmärkte funktionieren einigermaßen dieser Tage."

    Dass der Staat überhaupt den Häusermarkt mit rund 300 Milliarden US-Dollar jährlich unterstützt ist für Van Nieuwerburgh ein Rätsel, gerade in Zeiten in denen Washington sparen muss. Momentan sei der Prozentsatz von Menschen, die ein Eigenheim besitzen in den USA etwa 65 Prozent, im internationalen Vergleich ein recht hoher Wert.