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Lehren aus Libyen

Wochenlang hatte Peking mit seinem Veto Syrien-Resolutionen des UN-Weltsicherheitsrats blockiert. Nun stimmte es doch einer deutlich abgeschwächten Erklärung zu. Aber China tut sich weiter schwer damit, eine klare Position in der Syrien-Frage zu formulieren.

Von Ruth Kirchner |
    Wochenlang hatte China sich dagegen gesträubt, die syrische Regierung im Weltsicherheitsrat wegen der Gewalt gegen das eigene Volk zu verurteilen. Doch mit der abgeschwächten und betont neutralen Erklärung vom vergangenen Mittwoch konnte sich selbst die Volksrepublik anfreunden – und verkaufte sie gleich als eigenen außenpolitischen Erfolg. Chinas Bemühungen, internationale Unterstützung für eine politische Lösung zusammenzutrommeln, hätten Erfolg gezeigt, hieß es in einem Kommentar der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua. Von einem positiven Schritt sprach auch das Außenministerium und stellte sich hinter den UN-Sondergesandten Kofi Annan.
    "China unterstützt die Bemühungen von Herrn Annan für eine politische Beilegung des Konflikts, sagte Sprecher Hong Lei. China ist bereit mit allen Parteien zusammenzuarbeiten, um eine rasche politische Lösung zu finden."
    China wird nicht müde zu betonen, dass der Konflikt in Syrien nur politisch gelöst werden kann. Nur wie so eine Lösung aussehen könnte, dass weiß auch in Peking niemand. Eigene Vorschläge, die über Aufrufe zum Dialog hinausgehen, machte Peking bislang nicht. Zumal China auf keinen Fall Partei ergreifen will.
    "China wird nie eine Partei schützen – auch nicht die syrische Regierung, sagt Ministerpräsident Wen Jiabao. Syriens Zukunft und Schicksal sollte vom syrischen Volk entschieden werden."
    Doch Chinas betonte Neutralität stößt an Grenzen und treibt Peking international in die Isolation. Um dem entgegenzuwirken, hatte China nach dem umstrittenen Veto vom Februar einen eigenen Sondergesandten nach Damaskus geschickt, hatte bei Assads Regierung und bei der Opposition für ein Ende der Gewalt geworben. Nur gefruchtet hat es nicht. Zumal Peking jeglichen Druck auf Assad ablehnt. So seien auch die am Freitag von den EU-Außenministern verabschiedeten neuen Sanktionen der falsche Weg, sagt Guo Xiangang, Vizepräsident des Instituts für Internationale Studien, ein Think Tank der Regierung.
    "Die EU erhöht den Druck und verhängt Sanktionen gegen Assad – sie wollen damit doch nur erreichen, dass er zurücktritt. Das wird nicht funktionieren. Neue Sanktionen zu verhängen, das ist nicht unparteiisch. Das heißt, die Auswirkungen sind mit Sicherheit nicht gut."
    Für Chinas Führung geht es ums Prinzip. Die Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Länder ist Grundlage der chinesischen Außenpolitik. Zugleich ist in China ein tiefes Misstrauen gegenüber "dem Westen" verbreitet. Kommentatoren haben dort einen "neuen Interventionismus" ausgemacht mit dem Ziel das Assad-Regime zu stürzen. Genau das aber, "regime change", lehnt China vehement ab. Libyen gilt als warnendes Beispiel, sagt Guo Xiangang

    "Bei Libyen haben China und Russland nicht von ihrem Vetorecht Gebrauch gemacht. Später hat der Westen die Resolution zu seinem Vorteil ausgenutzt, verzerrt und dann militärisch interveniert. Dass man jetzt in Syrien einen eigenen Kurs fahre, sei eine Lehre aus Libyen."
    In Libyen herrsche jetzt Chaos, sagt Guo. In Syrien könne dasselbe passieren. Dass "im Westen" niemand ernsthaft einer militärischen Option in Syrien das Wort redet, wird dabei in China gerne unterschlagen. Angesichts des chinesischen Misstrauens bleibt abzuwarten, ob Kofi Annan am Wochenende die Pekinger Führung dazu bewegen kann, enger mit "dem Westen" zusammenzuarbeiten und vielleicht auch mehr Druck auf Assad zuzulassen. Wie weit die UN offenbar von einer Einigung mit Russland und China entfernt sind, wurde am Freitag in Genf bei der Abstimmung über eine weitere Resolution des UN-Menschenrechtsrates deutlich: 41 der 47 Ratsmitglieder forderten Damaskus auf, die Gewalt zu unterbinden und mit einer unabhängigen Kommission zur Untersuchung von Menschenrechtsverletzungen zu kooperieren. Russland und Kuba stimmten dagegen. China auch.