Das Positive vorweg: Vor zwei Jahren war das Fach "Deutsch als Zweitsprache" für Lehramtsstudierende nur in Nordrhein-Westfalen verpflichtend. Mittlerweile ist es in fünf Bundesländern für angehende Lehrkräfte gesetzlich vorgeschrieben, während des Studiums einen oder mehrere Kurse zum Thema Sprachbildung zu absolvieren. Das sind Baden-Württemberg, Berlin, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein.
Ansonsten sieht es aber schlecht aus, sagt Cornelia Schu, Direktorin des Forschungsbereichs vom Sachverständigenrat deutscher Stiftungen.
"In der Lehramtsausbildung ist es so, dass die Studierenden nicht an allen Orten im Bundesgebiet entsprechende Angebote für Sprachbildung und den Umgang mit kultureller Vielfalt finden. Das sind dann eintägige Veranstaltungen oder halbtägige. Und was wir brauchen, sind einfach mehr Angebote und vor allem auch welche, die sich an ganze Lehrerteams richten."
Nur schleppender Ausbau der Bildungsangebote
Die Zuwanderung und Heterogenität in den Schulklassen ist kein neues Phänomen in Deutschland. Die Bundesländer haben sich bereits vor 20 Jahren mit diesem Thema beschäftigt und mit einem Beschluss der Kultusministerkonferenz zum Ausbau interkultureller Aus- und Fortbildungsangebote verpflichtet. Die Forscher haben nun geschaut, was in den letzten zwei Jahrzehnten umgesetzt wurde. Es gehe nur schleppend voran, aber die Richtung stimme, sagt Michael Becker-Mrotzek, Direktor des Mercator-Instituts für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache.
"Mit der Diskussion und der Einführung und der Verpflichtung, inklusiven Unterricht zu ermöglichen, ist das auch ein Thema in der Lehreraus- und –Fortbildung, das immer mehr Hochschulen – etwa auch im Rahmen der Qualitätsoffensive Lehrerbildung – dieses Thema in ihr Studienprogramm, in ihre Studienordnung aufnehmen und die zukünftigen Lehrerinnen und Lehrer darauf vorbereiten. Aber es ist nach wie vor noch sehr wenig, sodass es nicht wirklich alle erreicht."
Nicht nur Migrantenkinder profitieren von einer besseren Lehrerausbidlung
In den Jahren 2014 und 2015 sind etwa 325.000 schulpflichtige Flüchtlingskinder nach Deutschland gekommen. Bildungsintegration und Chancengerechtigkeit werden auch zukünftig die zentralen bildungspolitischen Aufgaben in der Einwanderungsgesellschaft sein.
Von einer soliden Ausbildung der Lehrer würden nicht nur Migrantenkinder profitieren, sondern auch Schüler ohne Migrationshintergrund, die zum Teil ebenfalls deutliche Sprachdefizite aufwiesen. Michael Becker-Mrotzek sieht auch generelle gesellschaftliche Defizite.
"Dann haben wir es aber bei den Lehramtsstudierenden, wie bei allen anderen auch, mit bestimmten Haltungen und Vorurteilen zu tun. Bezug auf Mehrsprachigkeit: Da haben die Sprachen ein unterschiedliches Image. Wenn ein Kind mit einer Fremdsprache wie Englisch, Spanisch oder Französisch kommt, das wird von vielen als Ressource gesehen. Kommt ein Kind aber an, das Polnisch spricht oder Türkisch oder Kurdisch, dann wird es als Problem gesehen.
Das sind Haltungen, an denen man arbeiten muss, für die man auch Wissen vermitteln muss, damit sich das verändern kann."
Verpflichtende Sprachvermittlung gefordert
Für den systematischen Ausbau der Lehrerausbildung empfehlen die Forscher daher: Die Sprachvermittlung sollte für alle angehenden Lehrer verpflichtend sein. Es sollten mehr Fortbildungen zur Sprachbildung und zu interkultureller Kompetenz angeboten werden.
Und: Informationen über Aus- und Fortbildungsangebote sollten in den Bundesländern zentral zugänglich sein, damit sie stärker genutzt werden können.