Sonntag, 8:30 Uhr morgens. Die Stadt schläft noch, aber der Hörsaal des Helmholtz-Instituts in Braunschweig ist bereits voll besetzt: Lehrerinnen und Lehrer aus allen Bundesländern warten gespannt auf den nächsten Vortrag. Einen der insgesamt neun Vorträge in anderthalb Tagen, dazu Workshops und Diskussionen. Ein dicht gepacktes Tagungsprogramm. Aber müde wirkt hier keiner. Im Gegenteil – in der Pause rundherum Begeisterung am Kaffeestand:
"Wunderbar." - "Man kriegt einen großen Überblick über die Wissenschaft." - "Hab die Möglichkeit, eine Menge Verbindungen zu knüpfen." - "Hervorragend, man bekommt eine Menge Forscher mit Visionen, die auch einen Bezug zur Schule haben."
Richard Rietzler unterrichtet Naturwissenschaften an einer Mannheimer Schule:
"Wir lehren immer – und heute können wir mal was lernen. Ich hab eine neue Vorstellung davon, wie unser Gehirn aussieht zum Beispiel. Man sieht, wie die Forschung funktioniert und versucht das, auch den Schülern dann weiterzugeben. Das ist gigantisch!"
Begeisterung schaffen
Was die Tagung in der Kürze der Zeit nicht leisten kann, ist, veraltetes Schulbuchwissen zu aktualisieren. "Begeisterte begeistern" lautet das Motto. Lehrer sollen selbst wieder begeistert werden für ihre Fächer. Dem Ansturm nach ist das dringend nötig. Und ungewohnt: Denn von staatlicher Seite wird Lehrerfortbildung kleingeschrieben: Sie darf vor allem nichts kosten.
Meistens unterrichten Lehrer dann Lehrer – und immer nur im eigenen Fach.
Meistens unterrichten Lehrer dann Lehrer – und immer nur im eigenen Fach.
Breites Themenspektrum
Diese Tagung macht es gezielt anders: Hochkarätige Wissenschaftler wie Medizin-Nobelpreisträger Erwin Neher tragen ebenso vor wie Forscher vom MIT oder deutsche Wissenschaftler.
Das Themenspektrum ist bewusst breit gesetzt: Von der Neurobiologie von Hirnzellen über voll automatisiertes Fahren bis zur Konstruktion von leiseren Flugzeugen. 100 Lehrer konnten teilnehmen, aber weit mehr wollten kommen:
"Nach der Anmeldung dauert es 24 Stunden und dann ist es doppelt überbucht",
erklärt Andreas Bölter, einer der Initiatoren von SMW-Schule MIT Wissenschaft, organisiert unter dem Dach des gemeinnützigen Vereins MIT Club Deutschland. Boelter selbst ist Bio- und Chemielehrer an einem Braunschweiger Gymnasium. Die Teilnahme an einem Lehrer-Fortbildungsprogramm des MIT in Cambridge/USA hatte ihn für die Sache begeistert:
"Ich habe dort eine Woche lang Vorträge gehört, war mit Lehrern aus der ganzen Welt zusammen. Als ich zurückkam, ... ob wir sowas nicht für Deutschland machen können."
Wiederholung garantiert
Die Organisatoren von Jugend forscht und der Forschungsplattform "Wissenschaft im Dialog" waren schnell gewonnen, dazu kommen große Unternehmen und Forschungseinrichtungen.
Die erste Tagung dieser Art fand im letzten Jahr in Erfurt statt. Die auf Anhieb positive Resonanz zeigt aber auch den Mangel auf, der sonst herrscht: Dringend notwendig wären fächer- und länderübergreifender Austausch, inhaltliche Anregungen und auch: Wertschätzung. Bölter hat selbst erfahren, wie wichtig das ist.
"Ich glaub, es ist erst einmal ein Grundgefühl. Ich hab was Tolles erlebt, ich bin wertgeschätzt worden. Ich hab auch wieder Lust, mich privat wieder mit diesen Dingen auseinanderzusetzen. Ich glaube, das können wir bewirken, tatsächlich."
Im nächsten Jahr geht's weiter, soviel ist klar. Vielleicht wird es sogar Ableger geben, auf Regionalebene. Interessenten gibt es mehr als genug.