Schulleiterin Tamara Adamzik sitzt in einem gemütlichen kleinen Zimmer gleich neben dem Sekretariat der Annedore-Leber-Grundschule. Mitten im Raum, ein Holztisch, in der Ecke ein Sofa. Lehrer, Erzieher und Schulhelfer können sich hier zurückziehen. Das ist wichtig für die Gesundheit und das soziale Miteinander, meint die Grundschullehrerin. An ihrer 350 Schüler zählenden Schule sind die rund 50 Pädagogen seltener krank als im Landesdurchschnitt. In ganz Berlin fehlen sie an durchschnittlich 39 Tagen im Jahr. Ein gutes Schulklima gilt als Voraussetzung dafür, dass möglichst wenig Unterricht ausfällt.
"Betroffen sind vor allem die Kinder mit Förderstatus, weil der Regelunterricht natürlich vorgeht. Wir können nicht 26 Kinder darunter leiden lassen, dass der Lehrer nicht da ist und dann befürworten, dass drei Kleingruppen trotzdem stattfinden. "
Angesichts der hohen Krankenquote an Berliner Schulen fordert die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft eine zehnprozentige Vertretungsreserve. Auch die Junglehrerinitiative "Bildet Berlin" unterstützt diese Forderung. Tamara Adamzik ist zweite Vorsitzende der Initiative.
"Das Problem liegt darin, dass wir nicht mehr Lehrer an der Schule haben, die im Notfall Unterricht vertreten können, das ist das Hauptproblem."
Senatsverwaltung wirbt um junge Pädagogen und Quereinsteiger
Laut "Bildet-Berlin" müssen Berliner Schüler im Schnitt auf etwa zehn Prozent des Unterrichts verzichten. Eine Schule mit 100 Lehrern bräuchte zehn Lehrer zusätzlich, fordert die Junglehrerinitiative. Doch davon ist die Hauptstadt weit entfernt. Schon die 100-Prozent-Quote gilt als Herausforderung. Mit Kampagnen wirbt die Senatsverwaltung vor allem um junge Pädagogen und Quereinsteiger für die naturwissenschaftlichen Fächer, erklärt der zuständige Staatssekretär Mark Rackles (SPD).
"Das ist der Bereich Sport und Musik, da werden zu wenige Musikpädagogen ausgebildet. Die Grundschullehrer sind es und die Sonderpädagogen. Wir können zusätzlich im Februar 120 und noch mal 120 im August einstellen, das Geld ist da, aber Sonderpädagogen sind ein bisschen Goldstaub im Moment in Deutschland."
Allein in diesem Jahr müssen etwa 2000 Lehrerstellen neu besetzt werden. Die Einstellungsverfahren laufen bereits. Rackles gibt sich optimistisch, dass Berlin die 100-Prozent-Quote, nicht zuletzt dank Hauptstadtbonus, erfüllen kann. Für das nächste Schuljahr haben sich nicht nur Pädagogen, sondern auch sogenannte Quereinsteiger beworben.
"Wir haben viele Menschen, die jahrelang als Hilfslehrer gearbeitet haben, auch Musiker zum Beispiel, die Interesse haben, in der Mitte ihres Lebens, mit 30, 40, umzusatteln und einen festen Vertrag zu bekommen. Die müssen zum Teil aber nachqualifiziert werden, wir lassen die jetzt nicht eins zu eins unmittelbar auf die Schülerinnen und Schüler los."
Das Wort Lehrermangel nimmt der Staatssekretär der Senatsverwaltung für Bildung nicht gerne in den Mund. Fest steht, dass vor allem Grundschullehrer und Sonderpädagogen dringend gesucht werden. Dabei setzt Berlin auch künftig auf Quereinsteiger und pädagogisch geschulten Nachwuchs aus Ländern, die mehr Lehrer ausbilden als sie einstellen können: Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen.