Vormittags im College Jean Philippe Rameau in Versailles bei Paris: Michel Richard, Direktor der Gesamtschule, macht eine kleine Inspektionsrunde durch die hellen Flure des Neubaus. Er klopft an die Tür einer 7. Klasse.
Eine junge Lehrerin gibt Deutschunterricht. Neben ihr, mit dem Rücken zur Tafel, stehen zwei Schüler und spielen ihrer Klasse eine kleine Szene vor: einen Anruf bei der Polizei.
Eine dynamische und engagierte Lehrerin, lobt der Direktor. Davon bräuchte er dringend mehr. Doch ihm fehlen die nötigen Planstellen.
Seit der Sparpolitik Nicolas Sarkozys und dessen Faustregel - nur jeder zweite Beamte, der in den Ruhestand geht, wird ersetzt – herrscht an Frankreichs Schulen akuter Lehrernotstand. Mit fatalen Folgen für den Schulalltag, klagt der Gesamtschuldirektor und stellvertretende Vorsitzende der Schulleitergewerkschaft SNPDEN:
"Wir mussten in den letzten Jahren an unseren Schulen das Unterrichtsangebot einschränken, Wahlfächer und sogar Förderangebote für schwache Schüler streichen. Außerdem waren wir gezwungen, die Klassen zu vergrößern: in der Sekundarstufe von rund 25 Schüler auf heute 30 aufstocken, in den Gymnasien sind wir inzwischen bei 35 bis 37 Schülern pro Klasse."
Besonders hoffnungslos sei die Situation, wenn Lehrer im laufenden Schuljahr ausfallen.
"Dann rufen Sie bei der zuständigen Schulbehörde an und bitten um Ersatz. Doch die haben meistens niemanden. Die Schulleiter sind also gezwungen, beim Arbeitsamt ihr Glück zu versuchen, oder sie setzen selbst Annoncen ins Internet. Wenn Schulklassen seit Wochen in wichtigen Fächern nicht mehr unterrichtet werden, haben sie keine Wahl. Sie müssen jede Möglichkeit nutzen, die sich ihnen bietet."
Die Nachricht von den 43.000 neuen Lehrerstellen lässt Frankreichs Schulleiter aufatmen. Doch Arbeitsmarktexperten halten die von Schulminister Vincent Peillon angekündigte Zahl für unrealistisch. Es gebe zu wenig interessierte und ausreichend qualifizierte Kandidaten. Seit mehreren Jahren sinken die Bewerberzahlen, Mathematik- und Englischlehrer sind schon jetzt dringend gesucht. In Frankreich sei der Lehrerberuf nicht mehr attraktiv genug, kommentiert Schuldirektor und Gewerkschafter Richard.
"Wenn Uni-Abgänger die Wahl haben zwischen einen Lehrerjob mit einem Anfangsgehalt von 1600 bis 1700 Euro brutto in einer Schule mit schwierigem sozialen Umfeld oder einen besser bezahlten Job in der Privatwirtschaft, entscheiden sich viele für das finanziell interessantere Angebot. Und wir fürchten – ist die Wirtschaftskrise erst einmal vorbei - wird das Nachwuchsproblem noch größer werden."
Dass es um das französische Bildungssystem nicht besonders gut bestellt ist, zeigen auch internationale Schulstudien wie Pisa oder Iglu. Sie attestieren Frankreich seit mehreren Jahren in Folge ein Absacken der Schülerleistungen. Eine Entwicklung, vor der Frankreichs Elternrat FCPE immer wieder gewarnt hat. Vergeblich, moniert ihr Sprecher Michel Hervieux. Nicht einmal in den Schulen der problembeladenen Banlieues würden die vorgeschriebenen Unterrichtsstunden eingehalten:
"Zu Beginn des Schuljahres fehlten allein an den Vor- und Grundschulen im Departement Seine-Saint-Denis 250 Lehrer. - 250 Klassen, die keinen Lehrer hatten! Seither schickt die Schulbehörde ihre karge mobile Reserve zwischen den Grundschulen hin und her, um zu verhindern, dass die Leute auf die Barrikaden gehen. Die Eltern hier und im ganzen Land haben die Nase gestrichen voll."
Kürzlich gab Schulminister Peillon bekannt, er werde die pädagogische Betreuung für Kinder unter drei Jahren ausbauen – mit Schwerpunkt in den französischen Banlieues, um die dort lebenden Kinder mit Migrationshintergrund künftig besser auf die Schule vorzubereiten. Eine sehr gute Idee, findet Elternvertreter Hervieux. Dennoch bleibt er skeptisch:
"François Hollande hat uns Eltern versprochen, dass die Schulpolitik zu seinen Prioritäten gehören wird. Mehr Mittel, mehr Personal. Seit acht Monaten ist er jetzt an der Regierung, aber auf dem Terrain hat sich bisher nichts getan."
Eine junge Lehrerin gibt Deutschunterricht. Neben ihr, mit dem Rücken zur Tafel, stehen zwei Schüler und spielen ihrer Klasse eine kleine Szene vor: einen Anruf bei der Polizei.
Eine dynamische und engagierte Lehrerin, lobt der Direktor. Davon bräuchte er dringend mehr. Doch ihm fehlen die nötigen Planstellen.
Seit der Sparpolitik Nicolas Sarkozys und dessen Faustregel - nur jeder zweite Beamte, der in den Ruhestand geht, wird ersetzt – herrscht an Frankreichs Schulen akuter Lehrernotstand. Mit fatalen Folgen für den Schulalltag, klagt der Gesamtschuldirektor und stellvertretende Vorsitzende der Schulleitergewerkschaft SNPDEN:
"Wir mussten in den letzten Jahren an unseren Schulen das Unterrichtsangebot einschränken, Wahlfächer und sogar Förderangebote für schwache Schüler streichen. Außerdem waren wir gezwungen, die Klassen zu vergrößern: in der Sekundarstufe von rund 25 Schüler auf heute 30 aufstocken, in den Gymnasien sind wir inzwischen bei 35 bis 37 Schülern pro Klasse."
Besonders hoffnungslos sei die Situation, wenn Lehrer im laufenden Schuljahr ausfallen.
"Dann rufen Sie bei der zuständigen Schulbehörde an und bitten um Ersatz. Doch die haben meistens niemanden. Die Schulleiter sind also gezwungen, beim Arbeitsamt ihr Glück zu versuchen, oder sie setzen selbst Annoncen ins Internet. Wenn Schulklassen seit Wochen in wichtigen Fächern nicht mehr unterrichtet werden, haben sie keine Wahl. Sie müssen jede Möglichkeit nutzen, die sich ihnen bietet."
Die Nachricht von den 43.000 neuen Lehrerstellen lässt Frankreichs Schulleiter aufatmen. Doch Arbeitsmarktexperten halten die von Schulminister Vincent Peillon angekündigte Zahl für unrealistisch. Es gebe zu wenig interessierte und ausreichend qualifizierte Kandidaten. Seit mehreren Jahren sinken die Bewerberzahlen, Mathematik- und Englischlehrer sind schon jetzt dringend gesucht. In Frankreich sei der Lehrerberuf nicht mehr attraktiv genug, kommentiert Schuldirektor und Gewerkschafter Richard.
"Wenn Uni-Abgänger die Wahl haben zwischen einen Lehrerjob mit einem Anfangsgehalt von 1600 bis 1700 Euro brutto in einer Schule mit schwierigem sozialen Umfeld oder einen besser bezahlten Job in der Privatwirtschaft, entscheiden sich viele für das finanziell interessantere Angebot. Und wir fürchten – ist die Wirtschaftskrise erst einmal vorbei - wird das Nachwuchsproblem noch größer werden."
Dass es um das französische Bildungssystem nicht besonders gut bestellt ist, zeigen auch internationale Schulstudien wie Pisa oder Iglu. Sie attestieren Frankreich seit mehreren Jahren in Folge ein Absacken der Schülerleistungen. Eine Entwicklung, vor der Frankreichs Elternrat FCPE immer wieder gewarnt hat. Vergeblich, moniert ihr Sprecher Michel Hervieux. Nicht einmal in den Schulen der problembeladenen Banlieues würden die vorgeschriebenen Unterrichtsstunden eingehalten:
"Zu Beginn des Schuljahres fehlten allein an den Vor- und Grundschulen im Departement Seine-Saint-Denis 250 Lehrer. - 250 Klassen, die keinen Lehrer hatten! Seither schickt die Schulbehörde ihre karge mobile Reserve zwischen den Grundschulen hin und her, um zu verhindern, dass die Leute auf die Barrikaden gehen. Die Eltern hier und im ganzen Land haben die Nase gestrichen voll."
Kürzlich gab Schulminister Peillon bekannt, er werde die pädagogische Betreuung für Kinder unter drei Jahren ausbauen – mit Schwerpunkt in den französischen Banlieues, um die dort lebenden Kinder mit Migrationshintergrund künftig besser auf die Schule vorzubereiten. Eine sehr gute Idee, findet Elternvertreter Hervieux. Dennoch bleibt er skeptisch:
"François Hollande hat uns Eltern versprochen, dass die Schulpolitik zu seinen Prioritäten gehören wird. Mehr Mittel, mehr Personal. Seit acht Monaten ist er jetzt an der Regierung, aber auf dem Terrain hat sich bisher nichts getan."