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Leibniz-Gemeinschaft tadelt die Bundesregierung

Forschungspolitik. – Das Deutsche Museum gehört ebenso zur Leibniz-Wissenschaftsgemeinschaft wie das Institut für Deutsche Sprache in Mannheim oder das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Heute lud der Präsident Hans-Olaf Henkel zu einer Pressekonferenz, weil die Bundesregierung deren Finanzierung ganz in die Hände der Länder legen will. Max-Planck-Institute und die Helmholtz-Gemeinschaft will der Bund dafür finanziell übernehmen. Doch die Idee der Entflechtung ist nicht sonderlich beliebt.

    Von Andreas Abs

    Für Hans-Olaf Henkel ist der Vorstoß der Bundesregierung reiner Unfug. Als Erklärung für die Absicht der Koalition, künftig die Finanzierung der Leibniz-Institute allein den Ländern zu überlassen, kann sich der frühere BDI-Präsident nur vorstellen, dass dies eine Retourkutsche auf die Forderung der unionsregierten Länder nach stärkeren Wettbewerb in der Bildungspolitik ist. Der Präsident der Wissenschaftsgemeinschaft Leibniz, in der sich 80 außeruniversitäre Forschungsinstitute bundesweit zusammengeschlossen haben, glaubt, dass aber eigentlich in der Bundesregierung niemand außer der Justizministerin dafür ist, aus deren Haus dieser Vorschlag zum Rückzug des Bundes aus der gemeinsamen Forschungsförderung mit den Ländern stammt. Niemand aus der Bundesregierung habe mit ihm über die Pläne gesprochen, woraus schon deutlich werde, dass es nicht um eine Verbesserung der Forschungsförderung gehe. Aber auch er sei seinerseits noch nicht an Bundesbildungsministerin Bulmahn herangetreten, gesteht der frühere BDI-Präsident und macht damit deutlich, dass er dem Vorstoß ohnehin wenig Chancen einräumt. Dies stützt sich auch darauf, dass ihm acht Unions-Ministerpräsidenten schriftlich ihre Ablehnung der Pläne mitgeteilt hätten. Das rühre zum Teil auch einfach daher, dass die Länder, vor allem die Ostländer, wohl kaum den 50-Prozent-Anteil des Bundes an den insgesamt 740 Millionen Euro des Leibniz -Haushaltes aus öffentlichen Kassen übernehmen können. Henkel unterstreicht, er könne sich in der Forschungsförderung anders als beim föderalen Bildungssystem allenfalls eine Entflechtung nach oben, sprich eine Finanzierung ausschließlich durch den Bund vorstellen, aber keine Regionalisierung. Alle Institute erfüllten schließlich Aufgaben von allgemeinstaatlichem Interesse. Henkel:

    Ich bin für die Entflechtung im Bildungssektor, weil dadurch Wettbewerb hergestellt werden kann und das geht auch eben nur über Wettbewerb zwischen den Ländern. Die Frage, die sich jetzt stellt, ob das auch für die Forschungslandschaft gilt. Und hier möchte ich doch klar und deutlich sagen, dass das nach meiner Meinung nicht der Fall ist. Die Forschung gehört nicht entflochten, sondern sie gehört eher verflochten.

    Und das sei eben immer dann besonders gut zu verwirklichen, wenn man möglichst unabhängig und nicht etwa in das wettbewerbsfeindliche System der Kultusministerkonferenz der Länder eingebunden sei. Deshalb betrachtet Henkel die Mischfinanzierung der Leibniz-Institute durch Bund und Länder sogar als Vorteil, weil man eben nicht nur von einem Partner abhänge. Henkel:

    Insofern finde ich die angedrohte Möglichkeit, die Verflechtung jetzt so zu interpretieren, dass möglicherweise Leibniz-Institute nicht mehr in der gemeinsamen Verantwortung des Bundes und der Länder stehen sondern nur noch in der Verantwortung irgendeines Landes zu überführen sind – diesen Weg finde ich falsch.

    Kein Bundesland werde Interesse daran haben, Forschungs- und wissenschaftliche Serviceleistungen alleine zu bezahlen, die allen Ländern und der Bundesrepublik insgesamt zugute kommen.

    Henkel betonte, die Leibniz-Gemeinschaft stehe mit ihrer Ansicht nicht allein. Gestern erst habe die Allianz der großen Wissenschaftsorganisationen, also Leibniz, Helmholtz-Gemeinschaft, Max-Planck-Gesellschaft, Fraunhofer Gesellschaft, Hochschulrektorenkonferenz, Deutsche Forschungsgemeinschaft und Wissenschaftsrat gemeinsam ihr Nein zu den Plänen der Bundesregierung formuliert. Der Grundsatz der Gemeinsamkeit von Bund und Ländern dürfe nicht in Frage gestellt werden.