Ein konstantes Summen erfüllt die Räume. Es stammt von den auf Hochtouren laufenden Brennkammern des Kölner Krematoriums. Rund 5.000 Leichen pro Jahr werden hier eingeäschert. Direkt neben den Öfen hat Amtsarzt und Pathologe Dr. Gotthilf Metzner sein Büro. Sein täglicher Job ist es, die vor jeder Einäscherung gesetzlich vorgeschriebene, zweite Leichenschau durchzuführen. Die erste erledigt meist der Hausarzt oder ein Krankenhausarzt direkt nach dem Ableben und er stellt dabei den Totenschein aus.
"Ich bin vormittags von Montags bis Freitags hier im Krematorium und führe diese zweiten Leichenschauen durch und heute habe ich etwa 19, davon ist eine Passleiche, die also ins Ausland überführt werden muss und die werde ich jetzt der Reihe nach ansehen."
Vom Büro aus geht der Weg direkt an den Brennkammern vorbei. Dann betritt Gotthilf Metzner zusammen mit einem Assistenten den benachbarten Kühlraum. Hier liegt Sarg an Sarg wie in Reih und Glied.
"Wo sie hier überall sehen, wo die Totenscheine auf den Särgen liegen, die warten alle auf mich. Jetzt haben wir mal hier einen Fall, ein älterer Mann im Krankenhaus verstorben."
Der Assistent zieht den Sarg ein Stück vor und hebt den Deckel ab.
"So, jetzt gucke ich natürlich auch immer, ob das auch wirklich derjenige ist. Bei Krankenhausfällen, kein Problem, denn die haben alle hier das Patientenetikett. Da stimmt der Name."
Mit der Einäscherung werden auch alle Spuren eines möglichen kriminellen Delikts für immer vernichtet. Genau deshalb ist die zweite Leichenschau hierzulande Pflicht. Amtsarzt Metzner muss dabei die Identität des Toten noch einmal prüfen. Und dann die Leiche untersuchen. Gibt es Hinweise auf eine nicht-natürliche oder ungeklärte Todesursache? Oder sogar auf Fremdeinwirkung?
"Ich bin vormittags von Montags bis Freitags hier im Krematorium und führe diese zweiten Leichenschauen durch und heute habe ich etwa 19, davon ist eine Passleiche, die also ins Ausland überführt werden muss und die werde ich jetzt der Reihe nach ansehen."
Vom Büro aus geht der Weg direkt an den Brennkammern vorbei. Dann betritt Gotthilf Metzner zusammen mit einem Assistenten den benachbarten Kühlraum. Hier liegt Sarg an Sarg wie in Reih und Glied.
"Wo sie hier überall sehen, wo die Totenscheine auf den Särgen liegen, die warten alle auf mich. Jetzt haben wir mal hier einen Fall, ein älterer Mann im Krankenhaus verstorben."
Der Assistent zieht den Sarg ein Stück vor und hebt den Deckel ab.
"So, jetzt gucke ich natürlich auch immer, ob das auch wirklich derjenige ist. Bei Krankenhausfällen, kein Problem, denn die haben alle hier das Patientenetikett. Da stimmt der Name."
Mit der Einäscherung werden auch alle Spuren eines möglichen kriminellen Delikts für immer vernichtet. Genau deshalb ist die zweite Leichenschau hierzulande Pflicht. Amtsarzt Metzner muss dabei die Identität des Toten noch einmal prüfen. Und dann die Leiche untersuchen. Gibt es Hinweise auf eine nicht-natürliche oder ungeklärte Todesursache? Oder sogar auf Fremdeinwirkung?
Leichenschau von Kopf bis Fuß
"Ja, eine Leichenschau erfolgt ganz einfach von Kopf bis Fuß. Man fängt am Kopf an, schaut sich das alles an, ob hier irgendwie Verletzungen sind. Wichtig dann die Halspartie, Kratzer oder so. Im Krankenhaus hat da irgendwer mal eine Punktion gemacht. Das ist postmortal entstanden, diese typische gelbe Farbe, hat also keine Relevanz. Also wie gesagt Kopf, Gesicht, Hals, Brust und Bauch, dann natürlich auch Arme und Hände auf Abwehrverletzungen, kann ja vorkommen."
Schon nach wenigen Minuten hat Gotthilf Metzner die Leiche komplett inspiziert. "Also hier der Fall ist eigentlich problemlos."
Und das ist die Regel. Es kommt selten vor, dass bei der zweiten Leichenschau verdächtige Spuren entdeckt werden, die bisher übersehen wurden. Aber es kommt vor, sagt Prof. Burkhard Madea, Pathologe und Direktor des Instituts für Rechtsmedizin der Uniklinik Bonn. Als Beleg zeigt er ein Foto. Der Kopf und Schulter einer männlichen Leiche sind zu erkennen. Rund um den Hals zieht sich eine scharf abgegrenzte, schmale und dunkle Verfärbung, wie von einem Strick, der mit aller Kraft zugezogen wurde.
"Also das ist ein ganz eklatanter Fall, da erkennt jeder auf den ersten Blick am Hals eine Drosselmarke. Und diese Drosselmarke ist bei der Leichenschau nicht erkannt worden und es ist ein natürlicher Tod bescheinigt worden. Hätten die Angehörigen – die meisten Tötungsdelikte werden ja aus dem sozialen Nahbereich des Verstorbenen begangen – hätten die Angehörigen jetzt hier dem Verstorbenen einen Rollkragenpullover angezogen und ihn im offen Sarg aufgebaut, hätten sie noch Krokodilstränen vergießen können, dann wäre dieses Tötungsdelikt nicht entdeckt worden. Aber sie wollten auf Nummer sicher gehen, also Kremation."
Der oder die Täter ahnten jedoch nichts von der vorgeschriebenen zweiten Leichenschau vor der Einäscherung. Ihr Pech, denn der Amtsarzt entdeckte dabei die Würgemale. Und aus dem "natürlichen Tod" wurde Mord.
"Man geht wohl davon aus, dass pro Jahr etwas 1000 bis 1200 Tötungsdelikten durch die Leichenschau nicht erkannt werden. Das ist aber nicht nur ärztliches Unvermögen. Man muss eben sagen, die Leichenschau ist eine einfache körperliche Untersuchung mit begrenzter diagnostischer Aussagekraft."
Und wer tötet, ohne auffällige Spuren zu hinterlassen, hat immer Chancen, unbehelligt zu bleiben. Mit bestimmten Giften zum Beispiel. Oder einfach Kissen auf´s Gesicht drücken, ebenfalls eine spurenarme Methode.
"Überall da, wo das Leben schwach ist, und das sind die ganz jungen und die ganz alten, die Kranken, die Dementen, da kann es relativ spurenarm ausgelöscht werden," sagt Burkhard Madea. Und da kommt die Leichenschau an ihre Grenzen. Sie wird meist von Hausärzten oder Krankenhausärzten durchgeführt – und die haben nicht unbedingt Erfahrung mit raffinierten Mordmethoden.
"Ja, eine Leichenschau erfolgt ganz einfach von Kopf bis Fuß. Man fängt am Kopf an, schaut sich das alles an, ob hier irgendwie Verletzungen sind. Wichtig dann die Halspartie, Kratzer oder so. Im Krankenhaus hat da irgendwer mal eine Punktion gemacht. Das ist postmortal entstanden, diese typische gelbe Farbe, hat also keine Relevanz. Also wie gesagt Kopf, Gesicht, Hals, Brust und Bauch, dann natürlich auch Arme und Hände auf Abwehrverletzungen, kann ja vorkommen."
Schon nach wenigen Minuten hat Gotthilf Metzner die Leiche komplett inspiziert. "Also hier der Fall ist eigentlich problemlos."
Und das ist die Regel. Es kommt selten vor, dass bei der zweiten Leichenschau verdächtige Spuren entdeckt werden, die bisher übersehen wurden. Aber es kommt vor, sagt Prof. Burkhard Madea, Pathologe und Direktor des Instituts für Rechtsmedizin der Uniklinik Bonn. Als Beleg zeigt er ein Foto. Der Kopf und Schulter einer männlichen Leiche sind zu erkennen. Rund um den Hals zieht sich eine scharf abgegrenzte, schmale und dunkle Verfärbung, wie von einem Strick, der mit aller Kraft zugezogen wurde.
"Also das ist ein ganz eklatanter Fall, da erkennt jeder auf den ersten Blick am Hals eine Drosselmarke. Und diese Drosselmarke ist bei der Leichenschau nicht erkannt worden und es ist ein natürlicher Tod bescheinigt worden. Hätten die Angehörigen – die meisten Tötungsdelikte werden ja aus dem sozialen Nahbereich des Verstorbenen begangen – hätten die Angehörigen jetzt hier dem Verstorbenen einen Rollkragenpullover angezogen und ihn im offen Sarg aufgebaut, hätten sie noch Krokodilstränen vergießen können, dann wäre dieses Tötungsdelikt nicht entdeckt worden. Aber sie wollten auf Nummer sicher gehen, also Kremation."
Der oder die Täter ahnten jedoch nichts von der vorgeschriebenen zweiten Leichenschau vor der Einäscherung. Ihr Pech, denn der Amtsarzt entdeckte dabei die Würgemale. Und aus dem "natürlichen Tod" wurde Mord.
"Man geht wohl davon aus, dass pro Jahr etwas 1000 bis 1200 Tötungsdelikten durch die Leichenschau nicht erkannt werden. Das ist aber nicht nur ärztliches Unvermögen. Man muss eben sagen, die Leichenschau ist eine einfache körperliche Untersuchung mit begrenzter diagnostischer Aussagekraft."
Und wer tötet, ohne auffällige Spuren zu hinterlassen, hat immer Chancen, unbehelligt zu bleiben. Mit bestimmten Giften zum Beispiel. Oder einfach Kissen auf´s Gesicht drücken, ebenfalls eine spurenarme Methode.
"Überall da, wo das Leben schwach ist, und das sind die ganz jungen und die ganz alten, die Kranken, die Dementen, da kann es relativ spurenarm ausgelöscht werden," sagt Burkhard Madea. Und da kommt die Leichenschau an ihre Grenzen. Sie wird meist von Hausärzten oder Krankenhausärzten durchgeführt – und die haben nicht unbedingt Erfahrung mit raffinierten Mordmethoden.
Aber grundsätzlich ist die mögliche Verbrechensaufklärung auch nur eine der Aufgaben einer Leichenschau. Die erste und wichtigste ist - vor allem bei der ersten Leichenschau: Die Feststellung des Todes. "Sicher Todeszeichen sind Totenflecke, Totenstarre, mit dem Leben nicht zu vereinbarende Körperzerstörungen."
"Den Tod kann man immer sicher feststellen"
Auch Amtsarzt Gotthilf Metzner überprüft routinemäßig die Todeszeichen. Obwohl er nicht damit rechnen muss, hier in den gekühlten Särgen tatsächlich noch Lebende zu entdecken. Er hebt die Leiche einer alten Frau an, um ihren Rücken betrachten zu können. "So, sehen sie: Das sind diese typischen Totenflecke."
Die Totenflecke bilden sich immer in den untersten Körperpartien. Sie entstehen, weil das Blut der Schwerkraft folgt und absinkt. Es drückt in die Adern der Haut und es formen sich typische, rötliche bis violette Flecken. Schon 30 Minuten nach Eintritt des Todes werden sie erstmals sichtbar. Totenflecke sind ein sicheres Zeichen dafür, dass ein Mensch tatsächlich tot ist. Trotzdem versagen immer wieder Ärzte auch an diesem Punkt, kritisiert Pathologe Burkhard Madea: "Fehler bei der Feststellung des Todes passieren leider auch in Deutschland und das ist immer eine ärztliche Fehlleistung, eindeutig eine ärztliche Fehlleistung. Den Tod kann man immer sicher feststellen."
Werden die Todeszeichen dagegen falsch interpretiert, wird im schlimmsten Fall jemand für tot erklärt, der eigentlich dringend ärztliche Hilfe benötigte.
Gotthilf Metzner ist bei seiner letzten Leiche für heute angekommen. Auch bei ihr keine Auffälligkeiten, nur auf der Stirn des Mannes prangt eine große Wunde. Zeichen für einen Schlag? Er tastet den Schädel um die Wunde ab.
"Ja, das ist aber auch unauffällig. Also das ist oberflächlich, da ist nichts kaputt. Da hat er sich irgendwie gestoßen, er hat sowieso eine ganz dünne Altershaut, das sieht man ja hier."
Damit ist die Leichenschau im Kölner Krematorium für heute beendet. Bestimmt ein gewöhnungsbedürftiger Job. Aber wie die Pathologen sagen: Ein wichtiger Job. Denn die Leichenschau ist der letzte Dienst am Menschen.
Auch Amtsarzt Gotthilf Metzner überprüft routinemäßig die Todeszeichen. Obwohl er nicht damit rechnen muss, hier in den gekühlten Särgen tatsächlich noch Lebende zu entdecken. Er hebt die Leiche einer alten Frau an, um ihren Rücken betrachten zu können. "So, sehen sie: Das sind diese typischen Totenflecke."
Die Totenflecke bilden sich immer in den untersten Körperpartien. Sie entstehen, weil das Blut der Schwerkraft folgt und absinkt. Es drückt in die Adern der Haut und es formen sich typische, rötliche bis violette Flecken. Schon 30 Minuten nach Eintritt des Todes werden sie erstmals sichtbar. Totenflecke sind ein sicheres Zeichen dafür, dass ein Mensch tatsächlich tot ist. Trotzdem versagen immer wieder Ärzte auch an diesem Punkt, kritisiert Pathologe Burkhard Madea: "Fehler bei der Feststellung des Todes passieren leider auch in Deutschland und das ist immer eine ärztliche Fehlleistung, eindeutig eine ärztliche Fehlleistung. Den Tod kann man immer sicher feststellen."
Werden die Todeszeichen dagegen falsch interpretiert, wird im schlimmsten Fall jemand für tot erklärt, der eigentlich dringend ärztliche Hilfe benötigte.
Gotthilf Metzner ist bei seiner letzten Leiche für heute angekommen. Auch bei ihr keine Auffälligkeiten, nur auf der Stirn des Mannes prangt eine große Wunde. Zeichen für einen Schlag? Er tastet den Schädel um die Wunde ab.
"Ja, das ist aber auch unauffällig. Also das ist oberflächlich, da ist nichts kaputt. Da hat er sich irgendwie gestoßen, er hat sowieso eine ganz dünne Altershaut, das sieht man ja hier."
Damit ist die Leichenschau im Kölner Krematorium für heute beendet. Bestimmt ein gewöhnungsbedürftiger Job. Aber wie die Pathologen sagen: Ein wichtiger Job. Denn die Leichenschau ist der letzte Dienst am Menschen.